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Hauptausschuss 2024
Heft März 2007
Bauplanung für Klinik des Maßregelvollzugs in Herne
Die vom Land Nordrhein-Westfalen geplante Maßregelvollzugsklinik in Herne ist bauplanungsrechtlich zulässig. Befürchtungen in der Bevölkerung, ihre Sicherheit sei durch die nahe Unterbringung von Straftätern gefährdet, sind für die baurechtliche Betrachtung ohne Bedeutung (nichtamtliche Leitsätze).
OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 2006
- Az.: 10 A 5098/04 -
Nach einer Untersuchung des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug aus dem Jahr 2000 sollen an insgesamt sechs neuen Standorten Maßregelvollzugseinheiten den errechneten Bedarf von 450 Maßregelvollzugsplätzen decken. Die neuen Standorte sollen in den Landgerichtsbezirken Bochum, Duisburg, Dortmund, Essen, Köln und Münster liegen. Im Landgerichtsbezirk Bochum soll eine Maßregelvollzugsklinik in Herne entstehen. Bauherr ist das Land Nordrhein-Westfalen, das im Januar 2002 von der Bezirksregierung Arnsberg die Zustimmung zum bauplanungsrechtlichen Vorbescheid erhielt. Die Stadt Herne erhob dagegen Widerspruch und später Klage beim Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen. Dieses wies die Klage als unbegründet ab. Die von der Stadt Herne gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das OVG nunmehr zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Vorsitzende des 10. Senats in der mündlichen Verhandlung aus: Die auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Pluto-Wilhelm in Herne geplante Maßregelvollzugsklinik werde Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die insoweit zu berücksichtigende vorhandene Bebauung stelle eine Gemengelage dar, in die sich das Vorhaben einfüge. Befürchtungen in der Bevölkerung, ihre Sicherheit sei durch die nahe Unterbringung von Straftätern gefährdet, seien für die baurechtliche Betrachtung ohne Bedeutung.
Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Sanierung von PFT-belastetem Boden durch Düngemittelfirma
Der 20. Senat des OVG hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, den eine Düngemittelfirma (Antragstellerin) gegen die vom Landrat des Hochsauerlandkreises (Antragsgegner) ausgesprochene Verpflichtung, PFT-belasteten Boden zu sanieren, beantragt hatte.
OVG NRW, Urteil vom 3. November 2006
- Az.: 20 B 2273/06 -
Im Sommer 2006 war in den Flüssen Möhne und Ruhr eine Belastung mit perfluorierten Tensiden (PFT) festgestellt worden. Später stellte sich heraus, dass ein großer Teil der PFT-Belastung darauf zurückzuführen war, dass die Antragstellerin auf einer landwirtschaftlich genutzten ca. 10 ha großen Fläche in Brilon-Scharfenberg Bioabfall ausgebracht hatte. Um die PFT-Belastung in den Wasserläufen abzusenken, forderte der Antragsgegner die Antragstellerin mit Bescheid vom 26. September 2006 zur Sanierung der belasteten Fläche auf; die Antragstellerin sollte ein geeignetes Drainagesystem und eine Behandlungsanlage für Sickerwässer installieren. Mit den Arbeiten sollte Mitte Oktober 2006 begonnen werden. Außerdem ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an. Dagegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und beantragte beim VG Arnsberg, die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs wieder herzustellen. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht nur hinsichtlich der Frist zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen statt, weil es sie für zu kurz bemessen hielt. Im Übrigen lehnte es den Antrag der Antragstellerin ab. Gegen diese Ablehnung erhob die Antragstellerin Beschwerde, die das OVG nunmehr mit dem o. g. Beschluss zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Antragsgegner habe die Antragstellerin zu Recht zur Sanierung des betroffenen Bodens herangezogen. Die Antragstellerin habe dort Bioabfall aufgebracht. Dadurch seien PFT über den Boden in den Wasserkreislauf gelangt. Die Gewässer müssten vor Stoffen bewahrt werden, die sich nach den Maßstäben des Wasserrechts und den Vorgaben der Trinkwasserverordnung potentiell nachteilig auf den Ge- oder Verbrauchswert der Gewässer auswirkten. Solche Auswirkungen seien hier hinreichend wahrscheinlich. PFT würden wissenschaftlich einhellig als Stoffe mit erheblichem gesundheitlichen Risikopotenzial eingestuft. Die festgestellten PFT-Konzentrationen überstiegen eine unter Umständen allgemein vorhandene Hindergrundbelastung bei weitem. Schließlich sei auch die vom Antragsgegner gewählte Sanierungsmethode (Fangdrainage mit Behandlungsanlage, die auf der Wasserlöslichkeit der PFT aufbaue und ähnlich wie die Sickerwasserfassung und -behandlung bei einer Deponie dazu diene, das von der fraglichen Fläche oberflächennah abfließende Niederschlagswasser mitsamt den hierdurch aus dem Boden gelösten PFT zu sammeln, die PFT sodann durch Aktivkohlefilter aus dem Wasser abzuspalten und anschließend schadlos zu entsorgen) nicht zu beanstanden.
Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar. Über den von der Antragstellerin eingelegten Widerspruch muss die Bezirksregierung Arnsberg entscheiden. Weist sie den Widerspruch zurück, kann die Antragstellerin Klage beim VG Arnsberg erheben und damit das Hauptsacheverfahren einleiten.
Ablieferungspflicht für Einkünfte aus Nebentätigkeit
Die in Nebentätigkeitsverordnungen der Länder normierte Ablieferungspflicht für Einkünfte aus einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (nichtamtlicher Leitsatz).
BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2007
- Az.: 2 BvR 1188/05 -
Der Beschwerdeführer ist beamteter Hochschullehrer und bei einer Fachhochschule im Fachbereich „Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Steuerwesen“ tätig. Er übt eine genehmigte Nebentätigkeit für eine Steuerberaterkammer aus, die aus Vorträgen vor Angehörigen der steuerberatenden Berufe besteht. Im Jahr 1998 erhielt er von der Steuerberaterkammer Vergütungen in Höhe von 45.000,- DM. Nach der Nebentätigkeitsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz besteht für Vergütungen aus Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst eine Ablieferungspflicht, wenn bestimmte Beträge überschritten werden. Von der Ablieferungspflicht ausgenommen sind unter anderem Vergütungen für Tätigkeiten von Professoren auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung. Auf der Grundlage der Nebentätigkeitsverordnung forderte das Land Rheinland-Pfalz vom Beschwerdeführer die Ablieferung von 33.000,- DM. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Ablieferungspflicht für Einkünfte aus Nebentätigkeiten bei öffentlich-rechtlich organisierten Institutionen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dem Gesetzgeber ist es grundsätzlich unbenommen, dem Anreiz zur Übernahme von Nebenbeschäftigungen durch Vorschriften entgegenzuwirken, die die Nebentätigkeitsvergütungen einschränken. Die Beschränkung der Ablieferungspflicht auf öffentlich-rechtlich organisierte Institutionen verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Sachlich gerechtfertigt ist die Differenzierung insbesondere durch das Anliegen, im Interesse sparsamer Haushaltsführung dem überkommenen Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes Rechnung zu tragen, der einer Doppelbesoldung aus öffentlichen Mitteln entgegensteht. Dieser Gesichtspunkt tritt selbstständig neben denjenigen der Vermeidung einer Vernachlässigung des Hauptamtes. Dass letztere Gefahr bei jeder Nebentätigkeit besteht, lässt das berechtigte Anliegen des Dienstherrn, Doppelzahlungen zu vermeiden, unberührt.
Auch die Privilegierung der Tätigkeiten von Professoren allein auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung, nicht jedoch der Lehre, begegnet im Hinblick auf den Gleichheitssatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es liegt im Gestaltungsspielraum des Verordnungsgesetzgebers, das öffentliche Interesse an einer forschenden Tätigkeit höher zu gewichten als dasjenige an einer Vortragstätigkeit.
Die Ablieferungspflicht ist schließlich - als Berufsausübungsregelung - von hinreichenden Gemeinwohlgründen getragen. Nebentätigkeiten des Beamten begegnen nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Arbeitskraft Bedenken. Ihre Beschränkung kann vielmehr auch der Verhinderung oder Minimierung von Interessenkollisionen durch die Bekämpfung außerdienstlicher Abhängigkeiten dienen. Auch soll vermieden werden, dass die Dienstleistung des Beamten dadurch beeinträchtigt wird, dass er im Vertrauen auf seine gesicherte beamtenrechtliche Stellung diese vernachlässigt, um die privatrechtlich vereinbarte (und damit kündbare) Nebentätigkeit zu erlangen oder zu behalten.
© StGB NRW 2007