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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 404/1996 vom 20.08.1996
Anwendung der Vergabegrundsätze auf eigenbetriebsähnliche Einrichtungen
Bereits mit Erlaß vom 08.04.1976 - III B 4-5/701-4787/75 - des Innenministers, den dieser mit Erlaß vom 16.05.1994 - III B 4 - 5/701-9633/94 - bestätigt hat, hat der Innenminister die Auffassung vertreten, daß bei der Vergabe von Aufträgen, die unterhalb der EG-Schwellenwerte liegen (VOB-Bereich 5 Mio. ECU, d.h. knapp 10 Mio. DM; VOL-Bereich 200.000 ECU, d.h. knapp 400.000 DM) Eigenbetriebe zur Anwendung der Vergabegrundsätze, also der VOB und der VOL nicht verpflichtet sind. Eine Anwendung der VOB- und VOL-Bestimmungen auf die Eigenbetriebe kann sich danach allenfalls aus einer Selbstbindung ergeben.
Mit einem jetzt bekannt gewordenen Erlaß des Innenministeriums vom 20.02.1996, der uns in einer Fassung an die Bezirksregierung Detmold vorliegt, hat der Innenminister Bedenken dahingehend vorgebracht, "die Geltung der o.a. Erlasse auf Einrichtungen, die - ohne Eigenbetrieb zu sein - entsprechend den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung geführt werden, auszudehnen". Als Grund für diese "Bedenken" führt das Innenministerium aus, daß der Charakter dieser Einrichtungen, die dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen seien, dafür sprechen würde, daß sie die gleiche "Behandlung" erfahren müssen wie die Kommune selbst. Dies würde bedeuten, daß eigenbetriebsähnliche Einrichtungen nach dieser Auffassung bei der Vergabe von Lieferungen und Bauleistungen den Vorschriften der VOB und der VOL unterfallen würden.
Gegen diese Auffassung haben wir uns in einem Schreiben an das Innenministerium gewandt und o.a. folgendes ausgeführt:
"Im Hinblick auf die beiden Erlasse, wonach Eigenbetriebe zur Anwendung der Vergabegrundsätze nicht verpflichtet sind, haben zahlreiche Städte und Gemeinden insbesondere in den Bereichen der Abfallentsorgung und der Abwasserbeseitigung eigenbetriebsähnliche Einrichtungen gebildet. Sie sind damit nicht nur der gesetzlichen Vorgabe gefolgt, sondern auch insbesondere dem gemeinsamen Runderlaß des Innenministers - III B 4-5/701-7638/88 - und des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - III B 5-673/2-28832 - III B 6-6100/2-32738 - vom 03.01.1989 (MBl 1989, 83). Eingangs dieses Runderlasses heißt es wörtlich:
"Zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden ist neben der Finanzierung auch die Wahl der geeigneten Organisationsform von besonderer Bedeutung. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Abwasserbeseitigung zu den Pflichtaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung gehört. Es ist daher grundsätzlich in die alleinige Entscheidung der Gemeinden gestellt, den für die Aufgabenerfüllung geeigneten organisatorischen Rahmen zu schaffen."
Ferner heißt es unter Nr. 2:
"Nach § 88 Abs. 2 GO können Einrichtungen jedoch auch wie Eigenbetriebe geführt werden. Es steht grundsätzlich im Ermessen der Gemeinden, die kostenrechnenden Einrichtungen ganz oder teilweise als Eigenbetrieb zu führen".
"Der Eigenbetrieb wird als rechtlich unselbständiges Sondervermögen mit eigener Organisation, Wirtschaftsführung und Rechnungslegung nach Maßgabe der Betriebssatzung geführt. Dies gilt auch für eigenbetriebsähnliche Einrichtungen. Fraglich ist, ob die Formulierung "entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe" grundsätzlich zu einer Gesamtübernahme der EigVO auf eigenbetriebsähnliche Einrichtungen verpflichtet oder aber im Einzelfall Abweichungen aus Gründen der Eigenart des jeweiligen Einrichtungen und der Praktikabilität zuläßt. Hierzu vertreten wir die Auffassung, daß sowohl der Wortlaut, der Sinnzusammenhang als auch die Zielsetzung für eine umfassende Inbezugnahme der eigenbetriebsrechtlichen Vorschriften spricht. Der Wortlaut des § 107 Abs. 2 S. 2 GO nimmt ohne Einschränkungen das gesamte Eigenbetriebsrecht in Bezug. Auch die Verbindung zu den "wirtschaftlichen Gesichtspunkten" rückt die Hoheitsbetriebe als Eigenbetriebe in die Nähe der wirtschaftlichen Unternehmen. Zwecksetzung der Ermächtigung des § 107 Abs. 2 S. 2 GO ist es gerade, die den wirtschaftlichen Unternehmen zur Verfügung stehende Organisationsform auch für ursprünglich hoheitliche Betriebe zugrunde legen zu können (so Rehn/Cronauge, Kommentar zur GO - November 1995, ERL. 7. zu § 107). Daraus folgt zwingend, daß ebenso wie Eigenbetriebe auch eigenbetriebsähnliche Einrichtungen zur Anwendung der vom Innenminister bekannt gegebenen Vergabegrundsätze nicht verpflichtet sind. Dies gilt insbesondere auch für Einrichtungen, die dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind .... Wir wären Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie im Sinne einer Klarstellung Ihre im Erlaß an die Bezirksregierung Detmold vom 20.02.1996 geäußerten Bedenken "zurücknehmen".
Sobald uns eine Antwort des Innenministeriums vorliegt, werden wir hierüber informieren. Im übrigen weisen wir darauf hin, daß im Landtag auf der Grundlage der hier von uns geäußerten Rechtsauffassung eine Kleine Anfrage vorliegt, die ebenso eine Nichtanwendungsverpflichtung der Vergabegrundsätze auf eigenbetriebsähnliche Einrichtungen zum Ziel hat.
Az.: II/3 608-01