Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 70/2016 vom 19.01.2016

Bundesverwaltungsgericht zu Erhalt eines aufgelockerten Siedlungsbildes

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 13.10.2015 (Az. 4 BN 34.15) grundlegende Ausführungen zur Gestaltung der Städtebaupolitik durch die Gemeinden gemacht. Demnach dürfen Gemeinden nach ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen Städtebaupolitik betreiben. Das von einer Gemeinde verfolgte Planungsziel, ein aufgelockertes, durch unterschiedlich große Lücken charakterisiertes Siedlungsbild zu erhalten, stellt einen öffentlichen Belang dar, der - sofern hinreichend gewichtig - eine Beschränkung von Eigentumsrechten im Rahmen der Abwägung rechtfertigen kann.

Der Erhalt einer aufgelockerten Siedlungsstruktur ist eigentlich ein öffentlicher Belang, der im Außenbereich zum Tragen kommt (insbesondere über § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB). Vorliegend stellte sich die Frage, ob dieser auch im beplanten oder unbeplanten Innenbereich eine Rolle spielen kann. Eine Gemeinde aus Baden-Württemberg sah sich einem zunehmenden Siedlungsdruck ausgesetzt und befürchtete eine Beeinträchtigung der vorhandenen aufgelockerten Siedlungsstruktur.

Deshalb wurde in einem Bebauungsplan die Bebaubarkeit einzelner Grundstücke erheblich eingeschränkt bzw. zum Teil sogar gänzlich ausgeschlossen. Große Teile des Plangebiets waren als Flächen für die Landwirtschaft, private Grünflächen oder Uferzonen ausgewiesen. Erklärtes Planungsziel der Gemeinde war es, einer Zersiedelung entgegenzuwirken. Hiergegen wandten sich die betroffenen Eigentümer, die beanstandeten, sie würden in ihren Eigentumsrechten unverhältnismäßig und gleichheitswidrig eingeschränkt.

Der VGH Baden-Württemberg hatte die Normenkontrollanträge zurückgewiesen (Urteil vom 25.03.2015, Az. 5 S 2456/13). Die klägerischen Grundstücke liegen im Innenbereich, so dass es gewichtiger öffentlicher Belange bedürfe, um den im Bebauungsplan vorgesehenen Ausschluss der Bebaubarkeit zu rechtfertigen. Der Erhalt der vorhandenen offenen Siedlungsstruktur könne zulässigerweise einen solchen Belang darstellen. Allerdings sei eine Abwägung im Einzelfall erforderlich.

Das BVerwG wies die daraufhin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB seien die Gemeinden befugt, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspreche. Dass das Planungsziel, das aufgelockerte, durch unterschiedlich große Lücken charakterisierte Siedlungsbild zu erhalten, ein berechtigter öffentlicher Belang sein kann, stehe für das BVerwG „außer Frage“, auch ungeachtet dessen, dass einzelne Flächen von einer Bebauung gänzlich freigehalten würden. Der Belang müsse lediglich in Ansehung des jeweiligen Einzelfalls hinreichend gewichtig sein, sich gegen die Baufreiheit durchzusetzen. Dies sei aber eine Frage des Einzelfalls und könne nicht weitergehend rechtsgrundsätzlich geklärt werden.

Aus dem Urteil folgt, dass die in Rede stehenden Planungsziele vom Grundsatz her auch für den Innenbereich als öffentliche Belange berücksichtigt werden können. Ob dieses Ziel die Baufreiheit der Eigentümer überwiegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Normenkontrollanträge betroffener Grundstückseigentümer, mit denen Abwägungsfehler geltend gemacht werden, werden daher auch weiterhin möglich sein.

Az.: II/1 20.1.1.4.3-003

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