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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 118/2021 vom 21.01.2021
EuGH zum Verschlechterungsverbot
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 28.05.2020 (Az.: C 535/18 – Versickerung von Straßenoberflächenwasser in das Grundwasser – Autobahnzubringer Bielefeld-Ummeln) das sog. Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG in Bezug auf Gewässer konkretisiert. Der EuGH führt mit seinem Urteil vom 28.05.2020 zum Grundwasser seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 01.07.2015 (C- 461/13 - Weservertiefung) zu oberirdischen Gewässern fort. Danach muss Mitgliedsstaat der Europäischen Union laut dem EuGH die Genehmigung für ein Projekt prinzipiell versagen, wenn ein solches Projekt geeignet ist, den Zustand eines Wasserkörpers zu verschlechtern oder das Erreichen eines „guten Zustands“ der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu gefährden.
Eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers (Art. 4 Abs. 1 lit. a Nr. i EU-WRRL) liegt danach vor, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der EU-WRRL 2000/60/EG um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Wasserkörpers insgesamt führt. Ist die betreffende Qualitätskomponente aber bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt laut dem EuGH jede Verschlechterung dieser Komponente eine „Verschlechterung des Zustands“ eines Oberflächengewässers dar.
Diese Grundaussagen hat der EuGH mit Urteil vom 28.05.2020 (Az.: C 535/18 -) ebenso auf das Grundwasser übertragen. Laut dem EuGH differenziert die EU-WRRL 2000/60/EG bei Oberflächengewässern zwar zwischen fünf ökologischen Zustandsklassen, während sie bei dem mengenmäßigen und chemischen Zustand des Grundwassers nur zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Zustand unterscheidet. Dennoch gelten nach dem EuGH die gleichen Grundsätze. Das gelte vor allem für die Pflicht, Verschlechterungen des Gewässerzustands zu verhindern. Angesichts der Zielrichtung der EU-WRRL 2000/60/EG verdienen laut dem EuGH zudem Wasserkörper, die sich bereits in einem schlechten Zustand befinden, im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung eine besondere Aufmerksamkeit.
Der Begriff „Verschlechterung des Zustands“ von Gewässern ist – so der EuGH - somit grundsätzlich im Hinblick auf eine Qualitätskomponente oder einen Stoff auszulegen.
Bezogen auf das Grundwasser liegt demnach eine Verschlechterung vor, wenn auf der Grundlage der EU-Richtlinie 2006/118/EG vom 12.12.2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung eine dort geregelte Grundwasserqualitätsnorm (Anhang I) oder andere Schwellenwerte des Mitgliedsstaats der EU betroffen seien, die zur Einstufung des Grundwasserkörpers als gefährdet beitragen. Bei diesen Qualitätsnormen und Schwellenwerten handelt es sich deshalb – so der EuGH – auch um eine Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V Nr. 2.3.2 der EU-WRRL 2000/60/EG. Eine Verschlechterung des chemischen Zustands des betreffenden Grundwasserkörpers liegt damit vor, wenn eine der in Anhang V Nr. 2.3.2 der EU-WRRRL genannten Qualitätskomponenten nicht erreicht wird. Insbesondere sei die Überschreitung einer einzigen Qualitätsnorm oder eines Schwellenwertes im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der EU-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG als Verletzung des Verschlechterungsverbotes zu qualifizieren. Zudem handele es sich bei jeder weiteren Erhöhung einer Schadstoffkonzentration, die nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 der EU-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG bereits eine Umweltqualitätsnorm oder einen vom Mitgliedsstaat festgelegten Schwellenwert überschreitet, ebenfalls um eine Verschlechterung.
Dabei genügt es, dass nur eine Qualitätskomponente an einer einzigen Überwachungsstelle nicht erfüllt wird, weil dieses – so der EuGH - bereits zeige, dass zumindest bei einem erheblichen Teil des Grundwasserkörpers eine Verschlechterung des chemischen Zustands festzustellen sei. Die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte sind danach laut dem EuGH individuell zu berücksichtigen. Dabei weist der EuGH aber ebenso daraufhin, dass die Platzierung der Überwachungsstellen gemäß Anhang V Rdnr 2.4 der EU-WRRL 2000/60/EG so erfolgen muss, dass eine kohärente und umfassende Übersicht über den Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet ermöglicht wird. Zu diesem Zweck seien in dieser Regelung verschiedene Kriterien für die Auswahl der Überwachungsstellen vorgesehen, die repräsentative Überwachungsdaten liefern müssten.
Az.: 24.1.1 qu