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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 161/2004 vom 13.02.2004
Finanzprognose der Bundesvereinigung Kommunaler Spitzenverbände
Wie in den Vorjahren hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wieder eine Finanzprognose für das laufende und das vergangene Jahr erstellt. Die Tabellen mit den Ergebnissen dieser Prognose sind in www.dstgb.de unter dem Brennpunkt Gemeindefinanzreform und Steuerschätzung abrufbar. Wie immer beruht die Prognose auf einer eigenen Umfrage zu den Haushaltsergebnissen bzw. Haushaltsplanungen der Kommunen, auf den neuesten Zahlen der Kassenstatistik sowie auf einer aktualisierten Fortschreibung der letzten Steuerschätzung. Im Gegensatz zur Steuerschätzung bezieht sich unsere Prognose auf die deutschen Kommunen ohne Stadtstaaten, wie es bei der Kassenstatistik üblich ist. Die Dramatik der Finanzsituation deutscher Kommunen setzt sich fort: Das geschätzte Finanzierungsdefizit dürfte von 9,7 Mrd. € in 2003 auf 10 Mrd. € in 2004 steigen. Trotz Bemühen um Ausgabendisziplin (nur + 0,8 % Zuwachs bei den bereinigten Ausgaben in 2003) war dieses hohe Defizit unvermeidlich, da die Gemeinden in 2003 einen Rückgang bei den bereinigten Einnahmen um 2,7 % hinnehmen mussten. Im Jahr 2004 wird ein leichter Einnahmenzuwachs durch Ausgabenzuwächse im Bereich der sozialen Leistungen weitgehend kompensiert, so dass das Finanzierungsdefizit immer noch nicht wieder sinken wird.
I. Die Entwicklung der Einnahmen
In 2003 ist der Rückgang der bereinigten Einnahmen um fast 4 Mrd. € auf 140,65 Mrd. € vor allem durch den Rückgang der Netto-Gewerbesteuer (- 4,0 %), des Einkommensteueranteils (- 1,7 %) und der Zuweisungen (- 4,8 %) zu erklären. Die Anfang 2003 erhöhte Anhebung der Gewerbesteuerumlage führte erneut dazu, dass trotz leichtem Anstieg der Brutto-Gewerbesteuer (+ 2,3 %) bei den Kommunen weniger ankam als im Jahr 2002. Dabei war bereits 2002 das Niveau durch die starken Einbrüche der Vorjahre deutlich abgesenkt.
2004 ist der Anstieg der bereinigten Einnahmen um 1,1 % vor allem auf zwei einmalige Effekte zurückzuführen:
Zum einen werden die Hilfen für die Flutschadensbeseitigung größtenteils 2004 kassenwirksam. Diese Mittel werden jedoch auch nur für diesen Zweck wieder verausgabt.
Zum anderen steigt die Netto-Gewerbesteuer 2004 im Vorjahresvergleich um 18,8 % bzw. um 2,85 Mrd. €. Dieser Anstieg ist ganz überwiegend durch die Senkung der Gewerbesteuerumlage im Zuge des Ende 2003 verabschiedeten Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer verursacht. Lediglich der eine Milliarden € große Zuwachs bei der Brutto-Gewerbesteuer in 2004 ist auf sonstige geringfügige Verbesserungen im Gewerbesteuerrecht und auf eine leichte Konjunkturerholung zurückzuführen.
Weiterhin kritisch ist aber die Entwicklung bei dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, der 760 Mio. € bzw. 2,8 % weniger erbringt als 2003. Auch hier wird ein bereits in mehreren Jahren abgesenktes Niveau nochmals reduziert.
Auch bei den Schlüsselzuweisungen muss schätzungsweise ein Verlust von 1,1 Mrd. € bzw. 2,9 % gegenüber dem Vorjahr hingenommen werden, und das bei steigenden Ausgaben im Bereich der Pflichtaufgaben!
II. Die Entwicklung der Ausgaben
Die bereinigten Ausgaben stiegen um 0,8 % auf 150,35 Mrd. €. Dies ist besonders bemerkenswert, da bei den größten Ausgabenposten Personalausgaben (+ 1,9 %) und soziale Leistungen (+ 7,7 %) beträchtliche Zuwächse hingenommen werden mussten. Bei den sozialen Leistungen waren vor allem Zuwächse im Bereich der Sozialhilfe in Einrichtungen zu verzeichnen. Hinzu kamen 2003 erstmalig die Aufwendungen für die Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes. Der Anstieg im Bereich der Personalausgaben ist auf den ver.di-Abschluss Anfang des Jahres 2003 zurückzuführen und wäre wohl noch erheblich größer ausgefallen, wenn nicht vor allem in den neuen Ländern ein starker Personalabbau zu verzeichnen gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund waren die Städte und Gemeinden erneut zu einem starken Absenken der Ausgaben für Sachinvestitionen (- 8,3 %) gezwungen. In den alten Ländern ist der Rückgang mit gut 11 % extrem hoch. In den neuen Ländern ist ein Zuwachs mit 2,7 % nicht etwa auf eine grundlegende Trendwende zurückzuführen. Vielmehr wirkten sich bereits 2003 die ersten Investitionen im Zusammenhang mit der Flutschadensbeseitigung aus, für die zusätzliche Mittel bereitgestellt worden waren.
Der größte Teil der durch Flutschäden bedingten Investitionen wird in den neuen ebenso wie in den alten Ländern erst im Jahr 2004 kassenwirksam. Dadurch begründet sich der bundesweite Zuwachs an Sachinvestitionen in Höhe von 2,1 % im Jahr 2004. Dies stellt eine Sonderentwicklung dar, die nicht bereits auf eine Wende im langjährigen Abwärtstrend bei den Sachinvestitionen schließen lässt. Denn die Steuerzuwächse im Jahr 2004 stehen angesichts der verbleibenden hohen Finanzierungsdefizite nicht für zusätzliche Investitionsausgaben bereit. Sie werden vielmehr durch weitere Anstiege im Bereich der Pflichtaufgaben größtenteils absorbiert. So steigen Ausgaben für soziale Leistungen 2004 erneut um 4,6 % bzw. 1,4 Mrd. € auf 31,75 Mrd. €.
III. Entwicklung des Finanzierungssaldos
Ab dem Jahr 2000 haben wegbrechende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben für soziale Leistungen Jahr für Jahr zu größeren Finanzierungsdefiziten in den kommunalen Haushalten geführt. Bundesweit stieg das Finanzierungsdefizit von - 3,95 Mrd. € (2001) über - 4,66 Mrd. € (2002) auf - 9,7 Mrd. € (2003) und dürfte im Jahr 2004 rund - 10 Mrd. € betragen. In den alten Ländern wird das Finanzierungsdefizit im Jahr 2003 auf - 8,9 Mrd. € geschätzt. in den neuen Ländern auf - 0,8 Mrd. €.
Da gewährte Entlastungen im Steuerbereich durch negative Entwicklungen im Ausgabenbereich überlagert werden, dürfte das Finanzierungsdefizit in den alten Ländern im Jahr 2004 leicht auf - 9,0 Mrd. €, und in den neuen Ländern ebenfalls leicht auf - 1,0 Mrd. € steigen.
Im Ergebnis zeigen die Prognosedaten für die kommunalen Haushalte, dass die gesetzlichen Änderungen vom Jahresende 2003 bei weitem nicht ausreichen, um im Jahr 2004 für die kommunale Finanzkrise eine Entwarnung auszusprechen. Vielmehr sind weitere Entlastungen der Kommunen im Bereich der Pflichtaufgaben und aufkommens- sowie strukturverbessernde Maßnahmen im kommunalen Steuerbereich weiterhin dringend erforderlich.
Az.: IV/1 900-07