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StGB NRW-Mitteilung 91/2011 vom 18.01.2011
Justizgesetz NRW und Beitrags-/Gebührenbescheide
Zum 1.1.2011 ist das Justizgesetz NRW (JustG NRW) in Kraft getreten (GVBl. 2010, S. 29 ff.). Artikel 2 dieses Gesetzes regelt, welche Gesetze und Verordnungen aufgehoben werden. Dazu gehört gemäß Artikel 2 Nr. 28 JustG NRW auch die AGVwGO NRW (Ausführungsgesetz in NRW zur Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes). Das JustG NRW stellt mit dem Wegfall der AGVwGO NRW nunmehr nicht mehr auf das sogenannte Behördenprinzip ab (§ 5 Abs. 2 der zum 1.1.2011 aufgehobenen AGVwGO NRW), sondern es gilt nur noch das sogenannte Rechtsträgerprinzip.
Hiernach sind Klagen gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes (VwGO) gegen die Körperschaft zu richten, deren Behörde den Verwaltungsakt (z. B. den Beitrags- oder Gebührenbescheid) erlassen hat. Diese Rechtsänderung ab dem 1.1.2011 ist eine rein prozessuale Rechtsänderung und bedeutet, dass Klagen gegen unter anderem Beitrags- und Gebührenbescheide gegen die Stadt/Gemeinde als Rechtsträger zu richten sind. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn beispielsweise der Bereich der Abfallentsorgung bzw. Abwasserbeseitigung organisatorisch in der Rechtsform des Regiebetriebes oder eines Eigenbetriebes bzw. einer eigenbetriebsähnliche Einrichtung geführt wird. Denn diese Organisationsformen sind dadurch gekennzeichnet sind, dass ihnen keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, d.h. als Rechtsträger ohnehin die Stadt/Gemeinde als (Gebiets-)Körperschaft des öffentlichen Rechts der richtige Klagegegner ist. Dieses schließt es allerdings nicht aus, dass bei einer Klage gegen die Stadt/Gemeinde (Rechtsträgerprinzip) die Betriebsleitung der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung die Stadt/Gemeinde als Rechtsträger prozessual vertritt.
Etwas anderes gilt für Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 114 AGO NRW). Der Begriff der „Körperschaft“ in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist nach der herrschenden Meinung in der Kommentar-Literatur zur VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) weit auszulegen, so dass auch Anstalten des öffentlichen Rechts durch den Begriff „Körperschaft“ in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erfasst sind und damit als Rechtsträger sind (vgl. u.a. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 78 VwGO, Rz. 4).
Durch die Rechtsänderung ist weiterhin die offene Frage nicht als geklärt anzusehen, ob die Betriebsleitung der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung unter anderem Beitrags-, Gebühren- oder Kostenersatzbescheide erlassen kann (so jedenfalls: VG Arnsberg, Urteil vom 11.4.2003 — Az.: 13 K 1640/02).
Das OVG NRW hat mit Urteil vom 22.1.2008 (— Az.: 15 A 488/05 - ; OVG NRW, Urteil vom 7.12.1988 — Az.: 22 A 1013/88 — DÖV 1989, S. 594f.) zuletzt entschieden, dass die Stadt/Gemeinde und damit der Bürgermeister einen Bescheid erlassen kann, auch wenn eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung besteht.
Im Zweifelsfall empfiehlt es sich hiernach - auch bei einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung - die Bescheide durch die Stadt/Gemeinde, also durch den Bürgermeister, zu erlassen, wobei im Briefkopf zusätzlich vermerkt werden kann, dass die „Betriebsleitung“ der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung der Stadt/Gemeinde tätig geworden ist.
Prozessual bleibt es ohnehin nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dabei, dass der Rechtsträger der richtige Klagegegner ist. Dieses ist bei einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung deren Rechtsträger, also die jeweilige Stadt/Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung (§ 58 Abs. 1 VwGO) genügt es im Übrigen, wenn der Adressat des Bescheides (Beteiligter) über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Hiernach reicht es grundsätzlich aus, wenn in der Rechtsmittelbelehrung darüber belehrt wird, bei welchem Gericht innerhalb welcher Frist gegen den Bescheid Klage erhoben werden kann.
Az.: II/2 24-10/33-10 qu-ko