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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 400/1997 vom 05.08.1997
Lizenzvergabe an die Gemeinden nach dem TKG
Auf Initiative des Gemeindetages Baden-Württemberg hatte sich das Ministerium für Umwelt und Verkehr BW an das Bundesministerium für Post und Telekommunikation mit der Bitte um Stellungnahme dazu gewandt,
- ob die Rechtsauffassung des Bundesamtes für Post und Telekommunikation geteilt wird, wonach eine Gemeinde nicht selbst Lizenznehmer einer Empfangs- und Verteilanlage für Rundfunk (EVA) sein kann und es dazu einer strukturellen Separierung bzw. einer Überführung in ein privates Unternehmen bedarf;
- inwieweit die Gemeinden in Gemeindestraßen ohne Zustimmung gem. § 50 Abs. 4 TKG Kabel verlegen können.
Mit Schreiben vom 10.6.1997 hat das Bundesministerium für Post und Telekommunikation wie folgt Stellung genommen:
"Zu Artikel 87 f GG
Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30.8.1994 (BGBl. I S. 2245) ist Artikel 87f eingefügt worden. Dieser besagt in Absatz 2 Satz 1, daß Telekommunikationsdienstleistungen als privatwirtschaftliche Tätigkeiten erbracht werden. Demgemäß dürfen Gemeinden als öffentlich-rechtliche Körperschaften Telekommunikationsdienstleistungen nicht selbst anbieten, sondern können derartige Leistungen nur über ausgegliederte privatrechtliche Unternehmen erbringen. Dies gilt ohne Einschränkung auch dann, wenn lediglich Fernseh-Rundfunk-Empfangs- und Verteilanlagen (EVA) betrieben werden.
Für das Betreiben nach Inkrafttreten des Artikels 87f GG neu errichteter EVA oder erweiterter Alt-EVA ist in jedem Fall eine Lizenz erforderlich, die nur einem ausgegliederten Tochterunternehmen einer Gemeinde und nicht mehr der Gemeinde selbst erteilt werden darf.
Eine Bestandsschutzregelung, die das nach früherer Rechtslage mögliche Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen unmittelbar durch die Gemeinden nach der Grundgesetzänderung im davor wahrgenommenen Umfang weiterhin gestattet, ist in dem nach Artikel 87f GG erlassenen Telekommunikationsgesetz (TKG) nicht enthalten. Die Gemeinden sind daher verpflichtet, für den fortdauernden Betrieb einer Alt-EVA entweder ein privatrechtliches Tochterunternehmen zu gründen und diesem eine ihnen erteilte Genehmigung zum Betreiben der Alt-EVA zu überlassen oder den Betrieb der Alt-EVA einzustellen oder den Betrieb durch einen Lizenznehmer durchführen zu lassen.
Zu § 50 Abs. 4 TKG
Nach § 50 Abs. 4 TKG erteilt die Regulierungsbehörde die Zustimmung zur Verlegung neuer und zur Änderung vorhandener Telekommunikationslinien, wenn der Träger der Wegebaulast selbst Lizenznehmer oder mit einem Lizenznehmer i.S.d. § 23 Abs. 2 oder 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zusammengeschlossen ist. Zweck dieser Regelung ist, durch eine neutrale Stelle sicherzustellen, daß alle Lizenznehmer diskriminierungsfrei, d.h. zu gleichen Bedingungen, die Verkehrswege i.S.d. § 50 Abs. 1 Satz 2 TKG nutzen können. Daher ist die Regulierungsbehörde immer schon dann für die Zustimmungserteilung nach § 50 Abs. 4 TKG zuständig, wenn in einem bestimmten Gebiet mehrere Lizenznehmer das Recht haben, die Verkehrswege zu nutzen und davon ein Lizenznehmer entweder der Träger der Wegebaulast ist oder mit diesem zusammengeschlossen ist. Dies bedeutet, daß eine Gemeinde für das in ihrem Besitz befindliche Tochterunternehmen, das die Lizenz erhalten hat, nicht mehr als Träger der Wegebaulast die Zustimmung zur Nutzung der öffentlichen Wege geben darf, sobald im Lizenzgebiet des Tochterunternehmens ein weiterer Lizenznehmer - und dies ist nach Erteilung bundesweiter Lizenzen immer der Fall - zugelassen ist. Damit ist die Verfügung der Gemeinden über die Verlegung von Kabeln zur Erbringung öffentlicher Telekommunikationsdienstleistungen auch dann schon eingeschränkt, wenn in einer Gemeinde noch kein solches Kabel verlegt ist und das Tochterunternehmen der Gemeinde als erster von mehreren Lizenznehmern ein solches Kabel verlegen will. Den Gemeinden ist durch § 50 Abs. 4 TKG allerdings nicht verwehrt, Kabel für andere Zwecke als zur Erbringung öffentlicher Telekommunikationsdienstleistungen ohne Zustimmung der Regulierungsbehörde verlegen zu lassen."
Die Auffassung des BMPT, immer dann, wenn eine Gemeinde selbst Kabel verlegen will, sei die Regulierungsbehörde nach § 50 Abs. 4 TKG zuständig, ist auch nach Auffassung des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut vereinbar. Denn nach Abs. 4 ist die Regulierungsbehörde zuständig, wenn ein anderer Lizenznehmer die Verkehrswege des Wegebaulastträgers nutzen will. Das BMPT habe auf Nachfrage jedoch eingeräumt, daß sich seine Auslegung aus Sinn und Zweck des § 50 TKG ergebe. Ferner sei zugegeben worden, daß es eine weitgehende Forderung sei, generell für den fortdauernden Betrieb einer gemeindlichen Alt-EVA die Gründung eines Tochterunternehmens zu verlangen. Eine derartige Gründung sei nur dann nicht erforderlich, wenn die Gemeinde für den Betrieb der EVA keine Gebühren erhebt, da in diesem Fällen offensichtlich eine gewerbliche Betätigung nicht vorliege.
Es wird um Kenntnisnahme gebeten.
Az.: III 760 - 01