Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 70/2011 vom 21.01.2011

Oberlandesgericht Düsseldorf zu Mindestpreisen im Vergaberecht

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 22.12.2010 (Verg 33/10) zu den Anforderungen an ein Vergabeverfahren Stellung genommen. Dem Beschluss zufolge zählt die VOB/A Ausschlussgründe abschließend auf. Eine Ausschreibung darf daher keine Anforderungen an die Preishöhe stellen. Öffentliche Auftraggeber dürfen mithin auch keine Mindestpreise verlangen. Ein Verbot negativer Einheitspreise ist ebenfalls unzulässig.

Problem/Sachverhalt

Eine Gemeinde legt ihrer Ausschreibung die Bewerbungsbedingungen aus dem Vergabe- und Vertragshandbuch für den Straßen- und Brückenbau (HVA-StB) zu Grunde. Diese sehen in Ziff. 3.8 (Fassung 4/2010) vor, dass Angebote mit negativen Einheitspreisen ausgeschlossen werden. Ein Bieter kalkuliert in einigen Positionen, welche die bloße Entsorgung von Metallrohren vorsehen, gleichwohl negative Einheitspreise, da die Erlöse bei der Veräußerung seine Aufwendungen (hier nur Aufnehmen und kurzer Transport) überschreiten werden. Er ist der günstigste Bieter. Die Gemeinde beabsichtigt nach interner Prüfung, das Angebot gleichwohl zu werten und den Zuschlag zu erteilen. Hiergegen wendet sich der zweitplatzierte Bieter. Die von ihm angerufene Vergabekammer meint, das Angebot des günstigsten Bieters sei wegen des Verbots negativer Einheitspreise auszuschließen. Die Antragsgegnerin und der beigeladene günstigste Bieter legen hiergegen sofortige Beschwerde ein.

Entscheidung

Das OLG hebt die Entscheidung der Vergabekammer auf und weist den Nachprüfungsantrag des Zweitplatzierten ab. Es führt aus, dass auch negative Preise als Preise im Sinne der VOB/A anzusehen sind. Die VOB/A gibt die Gründe, die einen Angebotsausschluss rechtfertigen können, abschließend vor. Vorgaben zur Preishöhe sind dort nicht aufgeführt. Der an die VOB/A gebundene Auftraggeber darf zwar die Leistungen in den Positionen festlegen. Er darf jedoch keine Vorgaben machen, die sich ausschließlich auf die Preishöhe beziehen. Das Fordern von Mindestpreisen und somit auch ein Verbot negativer Preise ist daher unzulässig. Gerade bei Positionen, bei deren Ausführung ein Bieter mitunter auch vermögenswerte Güter (wie z. B. Schrott) erhält, kann eine Preisprüfung nach § 25 Nr. 3 VOB/A ergeben, dass auch der negative Preis auskömmlich ist (zumal im Rahmen der Prüfung nach § 25 Abs. 3 VOB/A 2006 der Gesamtangebotspreis und nicht einzelne Positionspreise maßgeblich ist).

Eine Aufhebung der Zuschlagsentscheidung und ein Zurückversetzen des Vergabeverfahrens in einen früheren Stand kommt nicht in Betracht. Zwar stellt die Verwendung der Klausel einen Vergaberechtsverstoß dar, der auch die Antragstellerin verletzt. Ein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorgaben ist für sich allein jedoch nicht ausreichend, einen Nachprüfungsantrag rechtfertigen zu können. Dies setzt vielmehr zusätzlich voraus, dass sich bei unterstelltem vergaberechtskonformen Verhalten der Vergabestelle die Chance des Antragstellers auf den Zuschlag verändert hätte. Entsprechendes konnte der Antragsteller vorliegend nicht darlegen. Denn die negativen Preise der günstigst bietenden Beigeladenen machten in der Summe nur rund 50 Euro aus und ihr preislicher Vorsprung war unabhängig hiervon gravierend. Die Antragstellerin wäre, auch wenn sie in den Verwertungspositionen negative Preise angesetzt hätte, nicht günstigst bietend gewesen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist zutreffend und zu begrüßen. Das Vergabeverfahren dient dem Wettbewerb. Es wäre sinnentstellend, wenn ein Auftraggeber verbindliche Preisvorgaben fordern dürfte. Wäre dies zulässig, könnte auch gleich die gesamte Leistung zu einem vorgegebenen Preis ausgeschrieben werden. 

Az.: II/1 608-00

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