Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 528/2009 vom 10.09.2009

Oberverwaltungsgericht NRW zur Beitragserhebung

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 12.08.2009 (Az. 15 A 2267/07) entschieden, dass die Gemeinde A von einem Grundstückseigentümer auf ihrem Gemeindegebiet dann keinen Kanalanschlussbeitrag verlangen kann, wenn dieser mit einem (privaten) Grundstücksanschluss unmittelbar an das Kanalnetz der Nachbargemeinde B angeschlossen ist. Insoweit sieht das OVG NRW auch in der geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Gemeinde A und der Gemeinde B über die Übernahme des Abwassers keinen eigenen Herstellungsaufwand der Gemeinde A. Dieses gilt selbst dann, wenn in der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ein Ablösungsbetrag in Höhe des voraussichtlichen Anschlussbeitrages in der Gemeinde B vorgesehen ist. Dieser Ablösungsbetrag begründet für die Gemeinde A nach dem OVG NRW keinen eigenen Herstellungsaufwand. Mit dem Kanalanschlussbeitrag wird — so das OVG NRW — nur aufwendige Gemeindetätigkeit, nicht bloßer Aufwand als solcher finanziert. Zwar könne sich die Gemeinde A bei der Herstellung eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedienen. Das bedingt aber, dass die die Beitragshöhe bestimmenden Herstellungsentscheidungen auch von der Gemeinde und nicht von einem Dritten getroffen werden. Die Gemeinde müsse im Hinblick auf die beitragsfinanzierte Tätigkeit „das Heft des Handelns in der Hand haben“ (so bereits: OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2008 — Az. 15 A 699/06).

 

Der mit dem Ablösebetrag entstandene Aufwand könne  - so das OVG NRW - auch nicht als Anschaffungsaufwand im Sinne des § 8 KAG NRW verstanden werden. Denn die Gemeinde habe die Entwässerungsanlage nicht angeschafft und daher auch insoweit keinen Aufwand gehabt. Anschaffung erfordere im allgemeinen Sprachgebrauch den Erwerb eines Vermögensgegenstandes (vgl. § 255 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch). Die Anschaffung ist der Fremdbezug eines Vermögensgegenstandes auf rechtsgeschäftlicher Grundlage. Hier geht es nach dem OVG NRW aber nicht um die Anschaffung einer öffentlichen Entwässerungsanlage. Nicht diese ist mit der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Gemeinde A und der Gemeinde B erworben worden, sondern lediglich die Möglichkeit der Nutzung der Entwässerungsanlage der Gemeinde B, damit die Gemeinde A ihre Abwasserbeseitigungspflicht für ein Grundstück auf ihrem Gemeindegebiet erfüllen könne.

 

Möglich ist nach dem OVG NRW gleichwohl, dass die Gemeinde mehrere von ihr betriebene Entwässerungsanlagen, die — etwa in verschiedenen Ortsteilen — voneinander getrennt sind, zu einer rechtlich einheitlichen Entwässerungsanlage zusammenfasst und einen einheitlichen Beitrag hierfür festsetzt anstatt mehrere rechtlich verschiedenen Entwässerungsanlagen mit je einem eigenen Beitragssatz zu betreiben. Allerdings ist Voraussetzung hierfür, dass die verschiedenen zusammengefassten technischen Entwässerungsanlagen wirtschaftlich und rechtlich eine Einheit bilden, wie sie in einem einheitlichen Betrieb der Ortsentwässerung (z. B. in der einheitlichen Wartung und Unterhaltung durch gemeinsames Personal und in der haushaltsrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Einheit) zum Ausdruck kommen kann.

 

Hieran fehlt es aber nach dem OVG NRW auch im zu entscheidenden Fall wiederum, weil vor dem klägerischen Grundstück durch die Gemeinde A kein öffentlicher Abwasserkanal mit Anschluss an das Kanalnetz der Nachbargemeinde B verlegt worden ist. Damit hat die Gemeinde A, die den Kanalanschlussbeitrag verlangt, vor dem Grundstück auf ihrem Gemeindegebiet keine technisch selbständige Anlage hergestellt oder angeschafft, in die das Abwasser des klägerischen Grundstücks eingeleitet wird. Anders wäre die Rechtslage nach dem OVG NRW allerdings dann zu beurteilen, wenn die Gemeinde A in der Straße vor dem klägerischen Grundstück einen öffentlichen Abwasserkanal hergestellt hätte, auch wenn es nur wenige Meter bis zur Stadtgrenze sind und von dort aus dieser öffentliche Kanal der Gemeinde A in die Entwässerungsanlage der Nachbargemeinde B mündet. In diesem Fall würde dann das Kanalstück zur öffentlichen Abwasseranlage der Gemeinde A zählen, sodass ausgehend davon auch die Grundlage dafür gegeben wäre, einen Kanalanschlussbeitrag zu erheben.

 

Az.: II/2 24-22 qu/ko

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