Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 3/1997 vom 05.01.1997

Resolution der Stadt Witten

Der Rat der Stadt Witten hat in seiner Sitzung vom 4. November 1996 angesichts der Haushaltslage eine Resolution verabschiedet. Die Resolution richtet sich an den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung sowie den Landtag und die Landesregierung NRW:

"1. Angesichts der dramatischen Entwicklung der städtischen Haushaltslage stellt der Rat der Stadt Witten fest, daß der Haushalt der Stadt trotz intensiver Konsolidierungsbemühungen in dem vorgegebenen Zeitrahmen von fünf Jahren nicht ausgeglichen werden kann.

2. In Anbetracht der geschilderten ausweglosen Situation fordert der Rat der Stadt Witten, die Laufzeit des Haushaltssicherungskonzeptes auf 10 Jahre zu verlängern.

3. Zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Stadt Witten ist der Rat nicht mehr bereit, aber auch nicht mehr in der Lage, bisherige und weitere Belastungen, die den Gemeinden durch Gesetzgebungstätigkeit auferlegt wurden und werden, ohne eine entsprechende finanzielle Ausgleichsregelung hinzunehmen.

4. In diesem Zusammenhang fordert der Rat, von der beabsichtigten Novellierung des Energiewirtschaftsrechts wegen der damit für die Kommunen verbundenen negativen Auswirkungen abzusehen.

Begründung:

Die Haushaltslage der Stadt Witten hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert Der Fehlbetrag des städtischen Haushalts im Jahre 1991 von rd. 16 Mio DM wird sich zum Ende dieses Jahres auf einen deutlich über 100 Mio DM liegenden Betrag ausweiten Ursächlich für diese Entwicklung ist die sich permanent öffnende Schere zwischen den zur Verfügung stehenden Deckungsmitteln und den kontinuierlich wachsenden Belastungen insbesondere im sozialen Bereich.

Die Sozialhilfeausgaben haben einen besorgniserregenden Verlauf Während sie zu Beginn der 80er Jahre noch bei ca. 13 Mio DM lagen, sind sie allein in den letzten fünf Jahren von rd. 31 Mio DM auf voraussichtlich 50 Mio DM und damit um weit über 60 % gestiegen Anzeichen für eine rückläufige Entwicklung sind nicht erkennbar Mittelbar ist damit eine Steigerung der Kreisumlage von rd. 61 Mio DM auf rd. 81 Mio DM verbunden. Eine ähnliche Entwicklung haben die Ausgaben der Jugendhilfe genommen Hier stiegen die Ausgaben im selben Zeitraum von 15,6 Mio DM auf rd. 39 Mio DM. Dies entspricht einer Steigerung von 150 %. Ursächlich für diese Ausgabenentwicklung ist insbesondere der Aufwand zur Sicherung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz.

Eine weitere Belastung des städtischen Haushalts ergibt sich im genannten Zeitraum durch den Solidarbeitrag zur Deutschen Einheit in Höhe von über 43 Mio DM.

Die dargestellte Ausgabenentwicklung kann durch die der Stadt zur Verfügung stehenden allgemeinen Deckungsmittel nicht ,mehr aufgefangen werden, da diese im Vergleich zu den stetig steigenden Ausgaben nahezu stagnieren.

Die Schlüsselzuweisungen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz haben seit 1992 lediglich einen Zuwachs von 3 Mio DM oder 5,9 % zu verzeichnen. Die Entwicklung des Einkommensteueranteils verlief sogar rückläufig. Betrug er 1991 noch rd. 65 Mio DM, so wird das Ergebnis 1996 bei rd. 64 Mio DM liegen. Bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer nach Ertrag und Kapital ist ein dramatischer Einbruch festzustellen. Auf der Basis des 1995 erzielten Gewerbesteueraufkommens von über 64 Mio DM hatte die Stadt vorsictigerweise für 1996 einen Betrag in gleicher Höhe veranschlagt. Die tatsächliche Entwicklung zeigt jetzt einen Rückgang auf 53 Mio DM.

Das Wegbrechen dieser Haupteinnahmequellen ist von der Stadt aus eigener Kraft nicht aufzufangen, obwohl die Stadt im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes bereits wesentliche Konsolidierungserfolge erzielt hat:

Aufgrund interner und Zusammenfassung der manuellen Dienste im Betriebsamt wurde eine Personal- und Sachkosteneinsparung von annähernd 900.000 DM erzielt.

durch die Maßnahme "Sparen mit dem Sport", wie die Übertragung von Schlüsselverantwortung an Vereine und dadurch mögliche Personalkostenreduzierung sowie die Erhebung von Energiekostenbeiträgen, werden jährliche Einsparungen von über 600.000 DM erzielt.

Durch die in diesem Jahr realisierte Bildung eines Eigenbetriebes für die kulturellen Einrichtungen der Stadt soll der städtische Zuschußbedarf über einen Zeitraum von 5 Jahren jährlich um rd. 600.000 DM reduziert werden.

Mit der 1995 erfolgten Ausgliederung der Abteilung Stadtentwässerung und Bildung eines Eigenbetriebes konnten weitere Einsparungen erzielt und hierdurch - trotz steigender Umlagebelastungen der Stadt - weitere Gebührenerhöhungen vermieden werden .

Über die durch die Ausgliederung der Eigenbetriebe betroffenen 154 Stellen hinaus konnte durch Konsolidierungsbemühungen allein in den letzten drei Jahren eine Personalreduzierung von weiteren 144 Stellen erreicht werden.

Die zur Zeit von der Bundesregierung beabsichtige Novellierüng des Energiewirtschaftsrechts ist ein weiteres Beispiel dafür, daß den Kommunen erhebliche Mittel zur Finanzierung kommunaler Aufgaben genommen werden. Durch die Beseitigung des ausschließlichen Versorgungsrechts würde die Konzessionsabgabe im Ergebnis auf ein bloßes Wegebenutzungsentgelt reduziert und damit leztlich den Kommunen Milliardenbeträge an Konzessionsabgaben genommen. Die Konzessionsabgabe beträgt heute bundesweit 6 Mrd DM, in unserer Stadt z.Z. rd. 14 Mio DM; eine Einnahmequelle zur Finanzierung notwendiger Aufgaben würde versiegen.

Darüber hinaus sind für das kommunale Versorgungsunternehmen erhebliche Erlöseinbußen zu befürchten, wodurch diese nicht mehr zur Mitfinanzierung wichtiger öffentlicher Aufgaben zur Verfügung stünden."

Az.: G/2 00-18

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