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StGB NRW-Mitteilung 614/2001 vom 05.10.2001
Sparmaßnahmen beim Unterhaltsvorschuss
Die Landesregierung hat beschlossen, im Rahmen des Haushaltsbereinigungsgesetzes das Ausführungsgesetz zum Unterhaltsvorschußgesetz zu ändern. Danach soll der Finanzierungsanteil der Kommunen am Landesanteil von 50 auf 100 v.H. angehoben werden. Zur Begründung führt das Ministerium für Frauen, Jugend, Familien und Gesundheit NRW den Prüfbericht des Landesrechnungshofs von Mitte 1996 an, wonach festgestellt worden sei, daß der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der Gesamtzahl der Empfänger von Leistungen nach dem UVG in NRW mehr als 80 % beträgt. In dieser Größenordnung würden die Kommunen durch Bundes- und Landesmittel von Sozialhilfeleistungen entlastet, weil Leistungen nach dem UVG vorrangig vor Leistungen nach dem BSHG zu gewähren seien. Bei einer höheren Beteiligung der Kommunen an den Ausgaben für Leistungen nach dem UVG seien sie auch diesem Prozentsatz entsprechend an den Einnahmen aus dem gem. § 7 UVG auf das Land übergangenen Unterhaltsansprüchen zu beteiligen.
Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits Anfang August 2001 dezidiert gegen diese Sparüberlegungen protestiert. Aufgrund des starken Interesses an der gemeinsamen Stellungnahme geben wir diese nachfolgend im Wortlaut wieder.
"Die kommunalen Spitzenverbände lehnen den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausührung des Unterhaltsvorschußgesetzes aus verfassungsrechtlichen, finanziellen und sachlichen Gründen ab.
Das Unterhaltsvorschußgesetz, das 1980 als Bundesgesetz eingeführt und zum damaligen Zeitpunkt je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert wurde, hat sich zu einer immer stärkeren finanziellen Belastung der kommunalen Haushalte entwickelt. Bereits mit Artikel 2 Abs. 1 § 1 Abs. 1 des Haushaltssicherungsgesetz NRW wurden die kreisfreien Städte und Kreise sowie die kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt zum 01.01.1999 verpflichtet, sich mit 50 v.H. an den Geldleistungen, die gem. § 8 des Unterhaltsvorschußgesetzes (UVG) vom Land zu tragen sind, zu beteiligen. Mit dem Haushaltssanierungsgesetz (HSanG) des Bundes wurde mit Wirkung zum 01.01.2000
§ 8 UVG insoweit geändert, als sich der Bund an Geldleistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz nur noch zu einem Drittel beteiligt. Dieser Änderung hat das Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat zugestimmt. Dies bedeutet, daß die Kommunen insgesamt heute bereits 33 % der Geldleistungen nach dem UVG selbst zu tragen haben, obwohl sie auf die Entwicklukng der Zahl der Unterhaltsschuldner keinen Einfluß haben. Es widerspricht der verfassungsrechtlichen Systematik, wenn staatliche Geldleistungsgesetze aus kommunalem Geld bezahlt werden sollen, nur weil das Land die Kommunen mit der verwaltungsmäßigen Abwicklung des Gesetzes betraut hat.
Bei den Geldleistungen nach dem UVG handelt es sich um eine staatliche und nicht um eine kommunale Aufgabe. Mit einer Steigerung des kommunalen Anteils an den Geldleistungen nach dem UVG wird der von den kommunalen Spitzenverbänden vertretene Grundsatz nach Konnexität und Sozialhilfeneutralität von Landesgesetzen erneut verletzt. Aufgrund der desolaten Lage der kommunalen Haushalte ist es nicht hinnehmbar, wenn das Land seine Finanzprobleme auf dem Rücken der Kommunen austrägt. Die Kommunen sind weder bereit noch in der Lage, weitere Ausgabenverlagerungen vom Land auf die Städte, Gemeinden und Kreise hinzunehmen.
Schon bei der bisherigen Lastenaufteilung bleibt der erhebliche Vollzugsaufwand in den Kommunen völlig unberücksichtigt. Rechnet man die Vollzugskosten den bereits heute von den Kommunen zu tragenden Kosten an den Geldleistungen hinzu, summiert sich die kommunale Beteiligungsquote auf 45 % des Aufwandes, so daß es nicht zu einer angemessenen Aufteilung der Kosten zwischen Land und Kommunen kommt. Die kommunalen Spitzenverbände sprechen sich deshalb dafür aus, den Kommunen nicht nur einen ihrem Anteil an den Leistungen nach dem UVG entsprechenden Prozentsatz an den Einnahmen, sondern 100 % der Einnahmen zu überlassen. Dabei ist auch zu berücksichtigen , daß dem erheblichen Vollzugsaufwand angesichts einer Vielzahl nicht zahlungsfähiger Unterhaltsschuldner nur bescheidene Rückflüsse gegenüber stehen. Die Kommunen haben keine Möglichkeiten mehr, ihren Einnahmeanteil zu steigern.
Der als Begründung für die bloße Lastenverschiebung angeführte Prüfbericht des Landesrechnungshofes vom 21.08.1996 geht von der Annahme aus, daß der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der Gesamtzahl der Empfänger von Leistungen nach dem UVG in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich bei mehr als 80 % liege und deshalb eine entsprechende Beteiligungsquote geboten sei. Richtig ist, daß der Anteil von Sozialhilfeempfängern an der Gesamtzahl der Empfänger von Leistungen nach dem UVG unterschiedlich ist und im Durchschnitt unter 80 % liegt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß es sich bei den Geldleistungen nach dem UVG um eine vorrangige staatliche Aufgabe handelt. Die Geldleistungen nach dem UVG sollen bewirken, das wirtschaftliche Existenzminimum von Unterhaltsberechtigten zu sichern und ihnen ein Leben unabhängig von der Sozialhilfe zu ermöglichen. Die Sozialhilfe ist von ihren Grundprinzipien her eine nachrangige, bedarfsabhängige und individuelle Hilfe im Einzelfall. Geldleistungen nach dem UVG sind deshalb wie andere staatliche Geldleistungen, beispielsweise das Wohngeld, bei der Gewährung von Sozialhilfe anzurechnen. Wenn das Land an der Absicht festhalten sollte, die Kommunen entsprechend dem Anteil der Sozialhilfeempfängern an den Empfängern von Geldleistungen nach dem UVG zu beteiligen, sprechen wir uns auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes dafür aus, das UVG abzuschaffen und die Unterhaltsberechtigten auf die zivilrechtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche zu verweisen.
Die vorgesehene Gesetzesänderung verstößt nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände zudem gegen den Grundsatz, daß das Land den Kommunen Aufgaben und Ausgaben nur übertragen darf, sofern und soweit es dafür einen finanziellen Ausgleich schafft. Das Haushaltsbegleitgesetz sieht weitere Belastungen der kommunalen Ebene vor, so daß die Rechte der Kommunen in verfassungswidriger Weise berührt werden.
Wir möchten Sie deshalb nachdrücklich darum bitten, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Unterhaltsvorschußgesetzes zurückzunehmen."
Az.: III 733