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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 102/2013 vom 21.12.2012
Stellungnahme zur Lärmaktionsplanung
Das Umweltministerium NRW hat den kommunalen Spitzenverbände mit Datum vom 03.12.2012 einen Entwurf zur Änderung des Runderlasses vom 07.02.2008 (MBl. NRW. 2008, S. 105) zugeleitet, welcher die Lärmaktionsplanung in den Städten und Gemeinden (§§ 47 a bis 47 f BImSchG) betrifft. Gegenwärtig ist eine Lärmaktionsplanung grundsätzlich dann angezeigt, wenn am Tag die Lärmschwelle von 70 dB (A) und in der Nacht vom 60 dB(A) überschritten wird. Der Entwurf sieht nunmehr vor diese Lärmschwellen für den Tag von 70 db (A) auf 65 db (A) und für die Nacht von 60 db (A) auf 55 dB (A) abzusenken. Gleichzeitig soll aber in den Erlass aufgenommen werden, dass sich die Möglichkeiten der Lärmsanierung an Bundesfern- und Landesstraßen an den haushaltsrechtlichen Vorgaben auszurichten haben, die zurzeit von den Schwellenwerten 67 dB (A) bei Tag und 57 dB(A) bei Nacht ausgehen.
In Anbetracht dessen hat Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände mit Datum vom 14.12.2012 folgende Stellungnahme abgegeben:
„1. Zu Ziffer. 2 (Unterziffer 2 a - Änderung der Lärmschwellen)
Das mit der Änderung angestrebte Ziel, den Gesundheitsschutz der Bevölkerung vor Lärm zu erhöhen, wird grundsätzlich unterstützt. Die beabsichtigte Neuregelung wird dennoch abgelehnt, da sie faktisch in den Kommunen nicht umsetzbar ist. Gegenüber dem Status Quo sollen die Auslösewerte für die Lärmaktionsplanung um 5 dB(A) und somit sehr deutlich abgesenkt werden. Da nach allen Untersuchungen ein Unterschied von 3 dB(A) einer Halbierung der Verkehrsstärke entspricht, bedeutet dies in der Konsequenz eine erhebliche Ausweitung des kommunalen Handlungsbedarfs. Bei diesen Auslösewerten wäre gerade in den Ballungsräumen in Nordrhein-Westfalen das gesamte städtische Vorbehaltsstraßennetz in die Lärmaktionsplanung mit einzubeziehen. Bereits heute sind die Kommunen kaum in der Lage, Lösungsmöglichkeiten für die betroffenen Gebiete zu finden, da es vielfach an den finanziellen und auch technischen Möglichkeiten mangelt.
Darüber hinaus ist erstaunlich, dass die Lärmsanierung an Bundesfern- und Landesfernstraßen sich weiterhin an den Auslösewerten 67/57 db(A) orientiert. Eine Anpassung an die Auslösewerte zur Lärmaktionsplanung der Kommunen wäre an dieser Stelle sicherlich sinnvoll gewesen. Im Übrigen verweisen wir darauf, dass auch in den Kommunen die Lärmsanierung in Folge von Lärmaktionsplanungen der Kommunen nur in Abhängigkeit von deren hausrechtlichen Ausgabetiteln möglich ist.
Insgesamt wird deshalb die Änderung der Lärmschwellen für den Tag von 70 dB(A) auf 65 dB(A) und für die Nacht von 60 dB(A) auf 55 dB(A) abgelehnt. Es macht keinen Sinn, für die Lärmaktionsplanung bezogen auf Tag und Nacht Lärmwerte festzusetzen, die dann bei Bundesfern- und Landesstraßen nicht dazu führen, dass entsprechende Lärmschutzmaßnahmen an Straßen ergriffen werden. Die einzige Folge einer solchen Änderung ist, dass die lärmbetroffenen Bürgerinnen und Bürger Frustrationen erleiden, was nicht zielführend sein kann. Im Übrigen ist hinlänglich bekannt, dass die §§ 47 a ff. BImSchG der Stadt bzw. Gemeinde, die Lärmaktionspläne aufstellt, kein Instrument an die Hand geben, dass Lärmschutzmaßnahmen z.B. gegenüber dem Straßenbaulastträger durchgesetzt werden können. Dieser Mangel in der Gesetzessystematik muss nicht noch weiter verschärft werden. Im Übrigen haben sich die bereits bestehenden Lärmwerte von 70 dB(A) bei Tag und 60 dB(A) bei Nacht bewährt.
2. Zu Ziffer 3 (Unterziffer 4 - ruhige Gebiete)
In Nr. 4.1 soll nunmehr geregelt werden, was unter ruhigen Gebieten zu verstehen ist. Als ruhige Gebiete auf dem Land sollen großflächige Gebiete in Frage kommen, die keinen anthropogenen Geräuschen (z. B. Verkehrs-, Industrie- und Gewerbe- oder Freizeitlärm) ausgesetzt sind. Ruhige Gebiete sollen dann nicht ausgeschlossen sein, wenn sich Geräusche durch die forst- und landwirtschaftliche Nutzung der Gebiete ergeben.
Diese Regelung wird abgelehnt, weil bei einer derartigen Festlegung von ruhigen Gebieten zum einen Lärmkonflikt-Situationen durch die forst- und landwirtschaftliche Nutzung vorprogrammiert sind. Zum anderen geben wir zu bedenken, dass bei der Festlegung von so genannten ruhigen Gebieten neue Problemstände für die angestrebte Energiewende die Folge sein können, weil auch von Windkraftanlagen Lärmemissionen ausgehen und dieses dazu führen kann, dass in ruhigen Gebieten Windkraftanlagen nicht mehr betrieben werden können, obwohl hier vielleicht gute Windverhältnisse für den Betrieb von Windkraftanlagen vorzufinden sein können. Damit würde der Ausbau der Windenergie weiteren Schaden nehmen.
Insgesamt muss den Städten und Gemeinden deshalb in jedem Fall die Möglichkeit erhalten bleiben, auf die Festlegung von ruhigen Gebieten sowohl auf dem Land als auch in Ballungsräumen zu verzichten.
3. Zu Ziffer 4 (Unterziffer 4.1 Flugrouten und ruhige Gebiete)
Im Hinblick auf die Ausführungen zu ruhigen Gebieten bei der lärmschutzfachlichen Bewertung von Flugrouten ist festzustellen, dass die Festlegung von Flugrouten, insbesondere der lärmrelevanten An- und Abflugstrecken zu Flughäfen, auf der Grundlage des § 32 Luftverkehrsgesetz (LuftVG ivm. § 27 a LuftVO) mittels Rechtsverordnung durch das hierzu ermächtigte Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) erfolgt. Der vorliegende Erlass hat deshalb keinerlei Bindungswirkung.
4. Zu Ziffer 4 (Unterziffer 5 — Anpassung der Lärmaktionspläne)
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen der Lärmaktionsplanung kann festgestellt werden, dass es sich hierbei um ein sehr aufwändiges Verfahren handelt. Der hierfür vom Gesetzgeber vorgesehene Planungszeitraum reicht gerade in den Ballungsräumen nicht aus. Auch die alle fünf Jahre vorgesehene Überprüfung der Lärmaktionsplanung anhand der nun in Nr. 4 des Erlasses aufgeführten Kriterien für Planaufstellung und Öffentlichkeitsbeteiligung stellt eine zeitlich nur schwer einhaltbare sowie kosten- und personalintensive Aufgabe dar. Unabhängig davon, dass im geplanten Erlass eine genaue Definition des Begriffs „Bedeutsame Entwicklungen für die Lärmsituation“ nicht vorgenommen wird, sollte berücksichtigt werden, dass in vielen Kommunen eine schnelle Überprüfung bei „bedeutsamen Entwicklungen“ nicht leistbar ist. Deshalb sollte das Land Nordrhein-Westfalen darauf hinwirken, dass die entsprechende Regelung im BImSchG bzw. der EU-Richtlinie geändert wird („Empfehlung“ bzw. Soll-Bestimmung).
Unabhängig davon soll in Nr. 5 des Runderlasses vom 07.02.2008 zukünftig detailliert vorgegeben werden, wie ein bestehender Lärmaktionsplan nach § 47 d Abs. 5 Bundesimmissionsschutzgesetz bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation ansonsten alle fünf Jahre zu überprüfen und erforderlichenfalls zu überarbeiten ist.
Wir sehen die in der Ziff. 5 hierzu getroffenen, detaillierten Vorgaben als zu kostenintensiv an, weil sie dazu führen, dass der gesamte Lärmaktionsplan erneut und grundlegend aufgestellt werden muss. Derartige Vorgaben sind in Anbetracht der Regelung in § 47 d Abs. 5 Bundesimmissionsschutzgesetz nicht erforderlich. Diese detaillierten Vorgaben werden deshalb abgelehnt.“
Az.: II/2 70-31 qu-ko