Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 507/2020 vom 26.08.2020

Studie zum Eigenmittelanteil bei Förderprogrammen für Kommunen

Das „Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung“ und die „Wüstenrot Stiftung“ haben am 13. August 2020 ein Diskussionspapier zur Frage „Wer schon viel hat, dem wird noch mehr gegeben?“ veröffentlicht. Vertiefend beleuchtet wird dabei die Problematik des kommunalen Eigenmittelanteils. Investitionsprojekte finanzschwacher Kommunen scheitern mitunter bereits vor Projektstart an der Erbringung des Eigenanteils. Auch fehlen vor allem in kleinen Kommunen häufig die personellen Ressourcen, um einen Überblick über alle Förderprogramme nebst komplexer Förderbedingungen zu gewinnen und entsprechende Förderanträge stellen zu können.

Ausgangslage

Der kommunale Investitionsrückstand beläuft sich nach den aktuellen Zahlen des KfW-Kommunalpanels auf rund 147 Mrd. Euro. Eine gute öffentliche Haushaltslage auf der einen Seite sowie auf der anderen Seite die gewachsene Erkenntnis von Bund und Ländern, dass für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands eine funktionierende kommunale Infrastruktur essenziell ist, haben in den letzten Jahren zu einem Anstieg kommunaler Förderprogramme geführt. Die kommunalen Investitionen sind in den letzten Jahren spürbar angestiegen. Wie die Zahlen des KfW-Kommunalpanels zeigen, hat dabei der Anteil von Fördermitteln an allen Finanzierungsinstrumenten für kommunale Investitionen stetig zugenommen. Die meisten Förderprogramme erfordern einen Eigenanteil. Über die kommunale Kofinanzierung möchten die Fördermittelgeber sicherstellen, dass nur sinnvolle Projekte umgesetzt und seitens der Kommune effizient geplant werden.

Ergebnisse der Studie

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass strukturschwache Kommunen durch das aktuelle Fördersystem benachteiligt werden. So ist es für diese Kommunen aufgrund begrenzter Personalkapazitäten deutlich schwieriger, über die Vielzahl an Förderprogrammen mit jeweils höchstindividuellen und komplexen Förderbedingungen den Überblick zu behalten und entsprechend Förderanträge zu stellen. Zudem leide die kommunale Selbstverwaltung unter der engen Zweckbindung von Förderprogrammen. Aufgrund begrenzter Finanzmittel können finanzschwache Kommunen vielerorts nicht dort investieren, wo es gerade angezeigt ist, sondern müssen sich daran orientieren, für welche Vorhaben Fördermittel von der EU, dem Bund und dem jeweiligen Bundesland zur Verfügung gestellt werden. Der zumeist notwendige Eigenmittelanteil schränkt Investitionen für andere notwendige, aber eben nicht förderberechtigte Vorhaben nahezu vollumfänglich ein. Finanzschwache Kommunen haben zudem große Schwierigkeiten, den Eigenmittelanteil überhaupt erbringen zu können, und verzichten daher von vorneherein auf eine Bewerbung. Folge ist, dass finanzstarke Kommunen, da sie vor allem die entsprechenden Personalressourcen haben sowie den notwendigen Eigenanteil aufbringen können, letztlich stärker als finanzschwache Kommunen von Förderprogrammen profitieren.

Empfehlungen der Studie

Die Autoren der Studie empfehlen unter anderem, dass den Kommunen ermöglicht werden sollte, beim Eigenanteil alternativ auch Personal- und Sachleistungen geltend machen zu können. Zudem sollte es für Kommunen Kofinanzierungshilfen durch das Land geben. Besonders finanzschwache Kommunen sollten vom Eigenanteil befreit werden. Grundsätzlich sollten Förderprogramme niedrigschwellig angesetzt und auch eine Bündelung von Programmen zugelassen werden. Insgesamt sei der bürokratische Aufwand für die Fördermittelbeantragung sehr hoch und für kleine und eher ländlich geprägte Gemeinden zumeist zu hoch. Die Fördermittelgeber, insbesondere auf Landesebene, sollten daher Beratungs- sowie Unterstützungsangebote zu den Programmen schaffen. Entscheidend ist zudem eine bedarfsgerechte Finanzausstattung der Kommunen. Fördermittel sollten die Ausnahme darstellen und sich darauf beschränken, neue Entwicklungen anzustoßen und besondere Missstände zu beheben.

Kommunen wird unter anderem empfohlen, sich zur Kapazitätsbündelung mit umliegenden Gemeinden zu einem Fördernetzwerk zusammenzuschließen. Auch die Finanzierung einer Stelle für die Akquise von Fördermitteln auf Gemeindeverbandsebene wird angeregt.

Unterstützung von kommunaler Seite

Der Städte- und Gemeindebund (StGB) kann die wesentlichen Erkenntnisse sowie die Empfehlungen bestätigen und die vorgeschlagenen Empfehlungen im Grundsatz unterstützen. Zweifelsfrei bedarf es auf kommunaler Ebene an erster Stelle einer aufgabengerechten Finanzausstattung. Fördermittel können hier keinen Ersatz darstellen. Gleichwohl können Fördermittel aber der richtige Weg sein, um neue Entwicklungen anzustoßen und massive Rückstände aufzuholen. Der StGB spricht sich daher auch für eine Aufstockung und Entfristung des Kommunalinvestitionsförderungsfonds des Bundes aus. Wie die Autoren der Studie aufzeigen, stellt der kommunale Eigenmittelanteil für finanzschwache Kommunen ein enormes Investitionshindernis dar. Notwendige Investitionen dürfen aber nicht an den Eigenmitteln scheitern. Analog zum Kommunalinvestitionsförderungsfonds muss bei entsprechender Finanzschwäche das für die angemessene Finanzausstattung ihrer Kommunen verantwortliche Land die Erbringung des Eigenmittelanteils sicherstellen. Der kommunale Eigenanteil sollte ansonsten grundsätzlich auch über Personal- und Sachleistungen erbracht werden können. Auch im Rahmen von EU-Programmen fällt in der Regel ein kommunaler Eigenmittelanteil an. Hier ist hervorzuheben, dass es auf Druck der Kommunalverbände auf europäischer Ebene seit der letzten Förderperiode immerhin möglich ist, dass der Eigenanteil auch zum Beispiel über Spenden fremdfinanziert werden kann. Zuvor musste der Eigenanteil direkt aus dem Haushalt kommen, was Haushaltssicherungskommunen von der Kommunalaufsicht dann häufig untersagt wurde.

Der StGB mahnt schon lange eine Lockerung der zumeist recht strikten Zweckmittelbindung sowie die Atomisierung der Förderprogramme an. Die zunehmende Anzahl separater Förderprogramme mit jeweils abweichenden Förderbedingungen erhöht den administrativen Aufwand erheblich. Dieser ist gerade für kleinere Gemeinden im ländlichen Raum nicht mehr händelbar.

Künftige Förderprogramme müssen deutlich stärker als bisher finanzschwache und kleine Kommunen in den Blick nehmen. Es muss zukünftig sichergestellt werden, dass Investitionen weder an der Erbringung des Eigenmittelanteils noch am administrativen Aufwand scheitern.

In dem bereits im Jahr 2018 veröffentlichten Diskussionspapier zum Abbau des kommunalen Investitionsrückstandes hat sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Kapitel 7.2.8. auch ausführlich dem Förderwesen und den dort bestehenden Investitionshindernissen gewidmet. Eine kurze Darstellung der Problematik sowie möglicher Lösungsansätze findet sich auch im DStGB-Maßnahmenkatalog zum Abbau des kommunalen Investitionsrückstandes.

Diskussionspapier „Wer schon viel hat, dem wird noch mehr gegeben?“: https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/cdn.kommunal.de/public/2020-08/Berlin-Institut-Finanzen.pdf

DStGB-Maßnahmenkatalog: www.dstgb.de (Rubrik: Publikationen / Positionspapiere)

DStGB-Diskussionspapier: www.dstgb.de (Rubrik: Schwerpunkte > Kommunalfinanzen > Investitionen > Verfall von Schulen und Sportstätten stoppen > Diskussionspapier zum Abbau des kommunalen Investitionsrückstandes)

Az.: 41.0.1-010/001 mu

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