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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 400/1996 vom 20.08.1996
Teilnahme der Gemeindebediensteten an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden
Mit Erlaß vom 20.06.1996 (Az.: S 0403 - 7 - V C 5) führt das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen folgendes aus:
"Nach § 21 Abs. 3 FVG haben die Gemeinden hinsichtlich der Realsteuern das Recht, an Außenprüfungen der Finanzverwaltung teilzunehmen, wenn die Außenprüfungen im Gemeindebezirk erfolgen und die zu prüfenden Steuerpflichtigen in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten oder Grundbesitz haben.
Die zwischen Finanzverwaltung und den Gemeinden unterschiedlich beurteilte Frage der Umsetzung und des Umfangs dieses Rechts ist vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27.01.1995 - 8 C 30.92 beantwortet worden. In diesem Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, wie die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten zu erfolgen hat, und in den Gründen des Urteils auch zur Ausgestaltung des Teilnahmerechts Ausführungen gemacht.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt folgendes:
1. Das gemeindliche Teilnahmerecht nach § 21 Abs. 3 FVG stellt ausschließlich eine interne Befugnis im Verhältnis der Gemeinden zur Finanzverwaltung dar. Es beschränkt sich auf die Anwesenheit eines Gemeindebediensteten, der - abgesehen von einem ihm zustehenden Betretungsrecht und möglichen Mitwirkungsakten des Steuerpflichtigen - lediglich Informations- und Auskunftsrechte gegenüber dem Prüfer der Finanzverwaltung besitzt. Der Gemeindebedienstete darf grundsätzlich nicht selbst als Prüfer auftreten und keine Prüfungshandlungen und Ermittlungen der in § 200 AO genannten Art vornehmen; er besitzt mithin keine aktiven Mitwirkungsrechte gegenüber dem Steuerpflichtigen.
2. § 21 Abs. 3 FVG berechtigt die Gemeinden nicht selbst zum Erlaß einer Teilnahmeanordnung gegenüber dem Steuerpflichtigen. Die staatliche Finanzverwaltung hat der Gemeinde die Teilnahme zu ermöglichen und muß ihr die damit verbundene Informationsbefugnis sichern. Dem im Hinblick auf § 21 Abs. 3 FVG geäußerten Teilnahmewunsch einer Gemeinde ist durch Aufnahme des Namens des Gemeindebediensteten in die Prüfungsanordnung der Finanzverwaltung Rechnung zu tragen. Darin ist wegen des mit dem Teilnahmerecht verbundenen bloßen "Rechts zur beobachtenden Teilnahme" aber lediglich die Bestimmung des Personenkreises der an der Prüfung teilnahmeberechtigten Bediensteten zu sehen, was der bloßen Bekanntgabe der Namen der Prüfer nach § 197 AO nahekommt. Einwendungen gegen die Person des Gemeindebediensteten oder gegen dessen Teilnahme an sich hat der Steuerpflichtige deshalb - in gleicher Weise wie bei Einwendungen gegen Prüfer der Finanzverwaltung - gegenüber dem für die Außenprüfung verantwortlichen Finanzamt auf dem hierfür vorgesehenen Rechtsweg vorzubringen.
3. Ein Recht der Gemeinden zur selbständigen Anordnung und Durchführung von Außenprüfungen auf dem Gebiet der Gewerbesteuer läßt sich auch nicht aus dem steuerlichen Verfahrensrecht (§ 195 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO) herleiten. Hierfür fehlt es an einer landesgesetzlichen Übertragung der insoweit bei der Finanzverwaltung liegenden Verwaltungskompetenz (§§ 22 Abs. 1, 184 AO, Art. 108 GG).
4. Die vorstehenden Grundsätze sind entsprechend auf das Teilnahmerecht der Gemeinden hinsichtlich der Gewerbesteuerzerlegung anzuwenden.
Dazu ergänzend weise ich mit der Bitte um Beachtung auf folgendes hin:
5. Den Gemeinden sind auf Antrag die Betriebe zu benennen, bei denen eine Teilnahme an der Außenprüfung in Betracht kommt. Hierbei ist jedoch auf die Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) zu achten. Eine Übersendung der Prüfungsgeschäftspläne an die Gemeinden scheidet damit regelmäßig aus, weil sich in ihnen auch Betriebe befinden, die nicht unter die Regelung des § 21 Abs. 3 FVG fallen. Die Gemeinde ist dann nach Erlaß der Prüfungsanordnung in geeigneter Weise über die Außenprüfung des Betriebes zu benachrichtigen. Falls die Gemeinde ihr Teilnahmerecht geltend macht, ist dem Stpfl. in einem gesonderten Schreiben die Teilnahme der Gemeinde an der Prüfung mitzuteilen (...). Gleichzeitig ist der Gemeindebedienstete/ die Gemeindebedienstete zu benennen.
6. Wenn Gemeindebedienstete zum Zwecke der Vorbereitung ihrer Teilnahme an Betriebsprüfungen Einblick in die Steuerakten nehmen wollen, ist § 30 AO zu beachten.
7. Die Information der Gemeinden erfolgt vor Ort durch Unterrichtung über die Prüfungsfeststellungen sowie Gewährung von Akteneinsicht und Erteilung von mündlichen und schriftlichen Auskünften (§ 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FVG). Dabei dürfen dem Gemeindebediensteten im Hinblick auf § 30 AO aber nur gewerbesteuerlich relevante Sachverhalte zugänglich gemacht werden. In Ausübung des Teilnahmerechts kann der Gemeindebedienstete auch eigene Anregungen und Auffassungen zu Feststellungen des Betriebsprüfers zum Ausdruck bringen.
8. Eine Übertragung des Teilnahmerechts auf Personen, die nicht Gemeindebedienstete sind, wie z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, ist nicht zulässig.
9. Die Durchführung einer Außenprüfung obliegt allein dem Prüfer der Finanzverwaltung. Er bestimmt den Umfang der Prüfung entsprechend § 6 Bpo. Ohne weitere Sachverhaltsermittlungen feststellbare Fehler, auf die der Gemeindebedienstete hingewiesen hat, sind aber stets durch die Betriebsprüfung aufzugreifen.
10. Vertreter von Gemeinden können an Schlußbesprechungen teilnehmen, soweit sie zur Teilnahme an der Außenprüfung befugt waren.
11. Die Mitteilung über die Teilnahme der Gemeinde an der Außenprüfung ist als anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO anzusehen, so daß Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen die Teilnahme in einem förmlichen Rechtsbehelfsverfahren vorgebracht werden können. Die Benennung des Gemeindebediensteten/ der Gemeindebediensteten ist demgegenüber kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine nicht anfechtbare innerdienstliche Maßnahme (so auch BFH-Urteil vom 13.12.1994 (VII R 46/94 - nicht veröffentlicht - zur Bestimmung des Prüfers in der Prüfungsanordnung."
Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 08.07.1996 (Az.: III B 4 - 4/122-3279/96) hierzu ergänzend folgendes ausgeführt:
"In dem Runderlaß sind die mit dem Teilnahmerecht der Gemeinden verbundenen Befugnisse jedoch unzureichend dargestellt. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.01.1995 - BVerwG 8 C 30.92 - feststellt, wird mit dem Teilnahmerecht der Gemeinden an Außenprüfungen das Ziel verfolgt, den Gemeinden in den Verfahren zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage verschiedene Beteiligungsrechte schon vor dem Erlaß des Gewerbesteuermeßbescheides zu gewähren, weil der Gesetzgeber ihnen mit Blick auf die Einheit der Steuerverwaltung gegenüber dem Steuerbürger die früher bestehende Rechtsmittelbefugnis gegenüber Steuermeßbescheiden aberkannt hat.
Unstreitig ist, daß Gemeindebedienstete keine Prüfungshandlungen vornehmen dürfen und keine aktiven Mitwirkungsrechte gegenüber dem Steuerpflichtigen besitzen. Unstreitig ist ebenso, daß das gemeindliche Teilnahmerecht nach § 21 Abs. 3 FVG ausschließlich eine interne Befugnis im Verhältnis der Gemeinde zur Finanzverwaltung darstellt. Dieses Teilnahmerecht ist jedoch keineswegs lediglich auf Informations- und Auskunftsrechte gegenüber dem Prüfer der Finanzverwaltung beschränkt. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.01.1995 ausdrücklich feststellt, soll mit der Einbindung der am Ertrag interessierten und mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Gemeinde zugleich deren besondere Sachkunde und ihr offenkundiges Interesse an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Ermittlungsergebnisses rechtzeitig in das Verfahren eingebracht werden. Insoweit steht der Gemeinde also durchaus ein aktiver Part gegenüber der Finanzverwaltung zu.
Ich halte es für zweckmäßig, wenn Sie Ihre Mitgliedsstädte und -gemeinden über den Runderlaß des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.06.1996 - S 0403 - 7 - V C 5 - und meine vorstehenden Ausführungen informieren.
Das Finanzministerium hat eine Durchschrift dieses Schreibens erhalten."
Az.: V/3 920-00