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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 193/2013 vom 07.03.2013
Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand
Wir möchten Sie über einige Entwicklungen und Aktivitäten des DStGB zum Thema Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand, vor allem der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit, informieren.
Gespräch im Kabinett Semeta
Der DStGB hat vor einigen Tagen in Brüssel ein Gespräch der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mit Frau Eva-Maria Scoppio organisiert, die Mitglied im Kabinett des für das Steuerwesen zuständigen EU-Kommissars Semeta ist. Hintergrund für diese Unterredung war das Interesse, zu erfahren, welche politischen Pläne in der Europäischen Kommission für die zukünftige Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand verfolgt werden, auch für die Frage der Umsatzbesteuerung der interkommunalen Zusammenarbeit.
Im Januar hat die Europäische Kommission zur Thematik der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand ein neuerliches Gutachten vorgelegt, das von Copenhagen Economics erarbeitet wurde. Dieses Gutachten (es ist nur in Englisch verfügbar) „VAT in the public sector and exemptions in the public interest“ kann von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliederbereich des StGB NRW-Internetangebots unter Fachinfo und Service > Fachgebiete > Finanzen und Kommunalwirtschaft > Steuern > Besteuerung der öffentlichen Hand abgerufen werden. Es schließt an das einschlägige Gutachten von KPMG und Copenhagen Economics aus dem Jahr 2011 an und untersucht vertieft vor allem diese Komplexe bzw. Szenarien einer Reform des EU-Umsatzsteuerrechts: Abschaffung aller Umsatzsteuerprivilegien und Einführung einer vollen Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand, Einführung eines EU-weiten ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 5 % für die öffentliche Hand, Umsatzbesteuerungsregelungen einzelner Sektoren von öffentlichen Daseinsvorsorgeleistungen, Umsatzsteuer-Erstattungssysteme, Besteuerung von Postdienstleistungen.
Die Thematik der Umsatzbesteuerung der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit wird in dem Gutachten nicht weiter problematisiert, wenngleich die einschlägigen Urteile des EuGH in den Rechtssachen Isle of Wight und Salix mehrfach zitiert werden. Vor allem auf das Isle of Wight-Urteil hatte sich der Bundesfinanzhof in seinem „Turnhallen-Urteil“ zur Umsatzbesteuerung der kommunalen Beistandsleistungen auf die europarechtliche Begründung seiner Entscheidung berufen.
Frau Scoppio hat in der Unterredung deutlich gemacht, dass in der Europäischen Kommission noch keine politische Entscheidung getroffen sei, ob und mit welchem Inhalt ein Richtlinienvorschlag zur Reform des EU-Umsatzsteuerrechts und damit der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand vorgelegt werden soll. Die Dienststellen der Europäischen Kommission arbeiten gegenwärtig an Entscheidungsvorlagen dafür. Ein Richtlinienvorschlag ist ggf. im Jahr 2014 zu erwarten.
Hinsichtlich der Umsatzbesteuerung der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit und der kommunalen Beistandsleistungen haben wir deutlich gemacht, dass diese umsatzsteuerrechtlich nicht belastet und behindert werden dürfen, unverzichtbar erhalten und ausgebaut werden müssen wegen des anhaltendes Drucks auf die öffentlichen Haushalte und wegen der Bewältigung der demographischen Herausforderungen.
Gespräch im Referat Umsatzsteuer der Europäischen Kommission
Der DStGB hat weiterhin ein Gespräch der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände im Fachreferat Umsatzsteuer in der Europäischen Kommission organisiert, das am 20.03.2013 in Brüssel mit dem stellv. Referatsleiter und einem nationalen Experten in der Europäischen Kommission stattfinden soll. In dem Gespräch wird es wiederum um das Thema Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand gehen. Der DStGB hat diese Sitzung mit dem zuständigen EU-Kommissionsbeamten vorbereitend besprochen. Dieser ist Richter am Finanzgericht in Düsseldorf und als nationaler Experte in die EU-Kommission abgeordnet. Die Urteile des BFH zur Umsatzbesteuerung der interkommunalen Zusammenarbeit sind im Referat Umsatzsteuer der Europäischen Kommission ebenso bekannt und gegenwärtig wie die einschlägigen Urteile des EuGH in Sachen Isle of Wight und Salix. Ohne dem Gesprächsergebnis und den weiteren Verhandlungen mit der Europäischen Kommission vorzugreifen, bestehen dort Zweifel darüber, dass die BFH-Rechtsprechung enger sei, als die des EuGH. Diese würden sich entsprechen, demzufolge bestünden keine nationalen Entscheidungsspielräume mehr. Zudem liegt in der EU-Kommission bereits ein Schreiben eines privaten EDV-Unternehmers aus Deutschland vor, der moniert, dass in Deutschland die kommunalen Rechenzentren nicht umsatzbesteuert würden und damit eine unzulässige Wettbewerbsbenachteiligung stattfinde. Ein Tätigwerden der EU-Kommission wegen der Umsatzsteuerpflichtigkeit von kommunalen Rechenzentralen ist damit möglich.
Ob Fragen der Umsatzbesteuerung der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit im Rahmen eines für 2014 ggf. zu erwartenden Vorschlags der EU-Kommission zur Revision der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie aufgegriffen würden, sei offen. Möglich sei auch, dass diese Thematik nicht Gegenstand eines Richtlinienvorschlags werde und es damit bei der gültigen Rechtslage in der Ausprägung der EuGH-Rechtsprechung bleibe. Gegenwärtig sei vor allem daran gedacht, Umsatzsteuerprivilegien der öffentlichen Hand generell und das Thema ermäßigter MwSt-Sätze anzugehen.
Austausch mit den Europäischen Schwesterverbänden
Mit der Direktorin Politik in dem europäischen Dachverband Rat der Gemeinden und Regionen Europas in Brüssel hat der DStGB besprochen, dort mit den Kolleginnen und Kollegen der kommunalen Spitzenverbände in den anderen EU-Mitgliedsstaaten einen Austausch zu Fragen der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand zu organisieren. Dies ist bedeutsam, um politische Partner und Verbündete für das Anliegen bei dem Thema in Europa zu identifizieren.
Az.: IV/1 920-08