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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 378/2009 vom 18.06.2009
Umsatzsteuer und Wasserhausanschlüsse
In den Mitteilungen des Städte- und Gemeindebundes Juni 2009 Nr. 330, Mai 2009 Nr. 283 und 284 sowie April 2009 Nr. 225 und 228 hatte die Geschäftsstelle des StGB NRW ausführlich darüber berichtet, dass der Bundesfinanzhof (BFH) mit zwei Entscheidungen vom 08. Oktober 2008 (ein Urteil und ein rechtskräftiger Gerichtsbescheid) die derzeitigen Verwaltungspraxis zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Legens von Wasser-Hausanschlüssen für rechtswidrig erklärt hat. Das BFH hat entgegen der seit dem Jahr 2000 bestehenden finanzbehördlichen Verwaltungspraxis entschieden, dass das Legen von Wasserhausanschlüssen als Teil-Aspekt der Wasserlieferung gem. § 12 Abs. 2 UStG i.V.m. Nr. 34 der 2. Anlage zum UStG dem ermäßigten Steuersatz (7%) unterliegt. Im Nachgang zu dieser Rechtsprechung sehen sich jetzt viele Städte und Gemeinden in den örtlichen Medien der Frage ausgesetzt, wann die Grundstückseigentümer die zuviel gezahlte Umsatzsteuer von der Stadt/Gemeinde zurückerhalten. Hierzu kann nach der Rückmeldung zahlreicher Städte und Gemeinden im Hinblick auf die Verfahrenspraxis der zuständigen Finanzämter vor Ort nochmals der folgende Sachstand mitgeteilt werden:
1. Jahresbezogene Zusammenstellung der überzahlten Umsatzsteuer
Damit eine Rückerstattung der überzahlten Umsatzsteuer durch das zuständige Finanzamt vor Ort eingeleitet werden kann, muss die Gemeinde zunächst bezogen auf die Jahre 2000 bis 2009 aufarbeiten, wie viel Umsatzsteuer (ab dem 1.1.2007: 19 % bzw. bis zum 31.12.2006: 16 %) in den einzelnen Jahren zuviel erhoben und an das Finanzamt weitergeleitet worden ist. Nur auf dieser Grundlage kann gegenüber dem Finanzamt insgesamt dokumentiert werden, wie hoch der Geldbetrag an zuviel gezahlter Umsatzsteuer ist. Gleichzeitig wird mit dieser Aufarbeitung auch deutlich, welche Wasseranschlussbeitrags-Bescheide nach § 8 KAG NRW oder Kostenersatzbescheide nach § 10 KAG NRW berichtigt werden müssen.
2. Berichtigung der bestandskräftigen Bescheide
Die ergangenen Wasseranschluss-Beitragsbescheide bzw. Kostenersatzbescheide sind im Regelfall bestandskräftig. Wir empfehlen, diese Bescheide nicht aufzuheben. Vielmehr wird es lediglich als erforderlich angesehen, die ergangenen, bestandskräftigen Bescheide zu berichtigen. Eine solche Berichtigung ist in § 14 c Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit § 17 Umsatzsteuergesetz vorgesehen. Das Verfahren dazu ist in Abschnitt 190 c der Umsatzsteuer-Richtlinien mit einem Beispiel dargestellt. Es wird gleichwohl empfohlen, dieses Verfahren mit dem zuständigen Finanzamt vorab abzuklären, wobei zwischenzeitlich bekannt geworden ist, dass die Finanzämter vor Ort eine Berichtigung der Bescheide als ausreichend ansehen. Eine Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide sollte deshalb nicht erfolgen, weil damit die Bestandskraft verloren gehen und im Zweifelsfall der neue Bescheid insgesamt wieder durch den Bescheid-Empfänger gerichtlich angegriffen werden könnte (vgl. Mitt. StGB NRW 2009 Nr. 330 Ziffer 2). Nach aktuellem Kenntnisstand sind die zuständigen Finanzämter vor Ort bereit, sämtliche Überzahlungen an Umsatzsteuer ab dem Jahr 2000 mit der aktuellen Umsatzsteuer-Abführung an das Finanzamt zu erstatten. Auch eine Berichtigung der bestandskräftigen Bescheide wird als ausreichend angesehen. Insoweit werden die bestandskräftigen Bescheide fortbestehen und nur in Bezug auf die Umsatzsteuer durch einen ergänzenden, zusätzlichen Bescheid berichtigt. Dieser zusätzliche, berichtigende Bescheid wäre für den Adressaten jedoch schlichtweg begünstigend, so dass bereits fraglich ist, ob eine Anfechtungs-Klage überhaupt mangels Beschwernis zulässig wäre. Im Übrigen könnte die Gemeinde gegebenenfalls auch deutlich machen, dass eine Bescheid-Berichtigung bei bestandskräftigen Bescheiden grundsätzlich überhaupt nicht erfolgen müsste und eine Berichtigung lediglich bezogen auf den Punkt der Umsatzsteuer nur dann erfolgt, wenn gegen die darin enthaltene Begünstigung nicht mehr vorgegangen wird. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die überzahlte Umsatzsteuer zunächst vom zuständigen Finanzamt zurückerstattet wird. Erst dann kann eine weitere Rückerstattung an die betroffenen Grundstückseigentümer erfolgen, die in der Vergangenheit einen Wasseranschluss-Beitragsbescheid oder einen Kostenersatzbescheid erhalten haben. Zusätzlich könnte auch vorgesehen werden, dass eine Erstattung nur auf Antrag des konkreten Grundstückseigentümers erfolgt und nach Möglichkeit der ergangene alte sowie bestandskräftige Bescheid beigefügt wird, damit dieser berichtigt werden kann. Ein Antrag ist deshalb sinnvoll, weil es Fallgestaltungen geben kann, in denen z. B. ein Grundstück heute nicht mehr dem Grundstückseigentümer gehört, der damals der Bescheidempfänger gewesen ist.
3. Erstattung sämtlicher Leistungen
Die Gemeinde kann nur die zuviel gezahlte Umsatzsteuer erstatten, die sie ihrerseits über Bescheide Grundstückseigentümern in Rechnung gestellt hat. Insoweit sollten auch alle Bescheide berichtigt werden, die auf der Grundlage der §§ 8 und 10 KAG NRW ergangen sind.
4. Zeitpunkt der Erstattung
Es kann nur empfohlen werden, eine Erstattung erst dann vorzunehmen, wenn mit dem zuständigen Finanzamt abschließend geklärt worden ist, in welcher Weise die Beitragsbescheide bzw. Kostenersatzbescheide nach § 14 c in Verbindung mit § 17 Umsatzsteuergesetz berichtigt werden können und das Finanzamt schriftlich klargestellt hat, dass im Rahmen der aktuellen Umsatzsteuerzahlungen die Rückerstattung der zuviel gezahlten Umsatzsteuer seit dem Jahr 2000 erfolgen wird. Erst nach Rückzahlung der überzahlten Umsatzsteuer durch das Finanzamt hat die Gemeinde wiederum das Geld, um eine Rückerstattung an die betroffenen Grundstückseigentümer vorzunehmen. Weiterhin kann nur empfehlen werden, die betroffenen Grundstückseigentümer darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde auf Anweisung der Finanzverwaltung seit dem Jahr 2000 den höheren Umsatzsteuersatz ansetzen musste und gewissermaßen als durchlaufenden Posten an das Finanzamt lediglich weitergeleitet hat. Erst durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes im Oktober 2008 wurde die Vorgabe der Finanzverwaltung, die seit dem Jahr 2000 galt, für rechtswidrig erklärt, sodass keine Stadt/Gemeinde schuldhaft zuviel Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat. Vielmehr war die jeweilige Stadt/Gemeinde durch die Finanzverwaltung angewiesen, den vollen Umsatzsteuersatz zu nehmen und weiter zu reichen, was der Bundesfinanzhof im Oktober 2008 durch Urteil für rechtswidrig erklärt hat.
5. Umsatzersteuersatz in Rechnungen von beauftragten Unternehmen
Beauftragt eine Stadt/Gemeinde einen Privatunternehmer mit Arbeiten an einer Wasserleitung (Verlegung, Reparatur usw.), so gehen die Finanzämter davon aus, dass in dieser Leistungsbeziehung durch den Privatunternehmer 19 % Umsatzsteuer der Gemeinde in Rechnung zu stellen sind und nicht 7 %, weil die erbrachte Leistung keine Nebenleistung zur Hauptleistung der Gemeinde gegenüber dem Anschlussnehmer ist. Gegenüber dem Anschlussnehmer können gleichwohl nur 7 % weiter gegeben werden. Den Restbetrag der Umsatzsteuer (12 %) muss die Stadt/Gemeinde dann ihrerseits beim Vorsteuer-Abzug im Rahmen der Umsatzsteuer-Abführung gegenüber dem Finanzamt wiederum geltend machen.
Az.: II/2 20-00 qu-qu