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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 434/2004 vom 21.05.2004
VG Lüneburg zur energetischen Verwertung in MVA
Das Verwaltungsgericht Lüneburg (VG Lüneburg) hat in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 20.11.2003 (Az.: II A 118/02 - nicht rechtskräftig) entschieden, dass eine energetische Verwertung von Abfällen in einem Müllheizwerk auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 13.02.2003 - Az.: C 228/00 - "Belgischer Zementofen", NVwZ 2003, S. 455, und - Az.: C 458/00 - "MHV Straßburg", NVwZ 2003, S. 457)) zulässig ist.
Unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.02.2003 (Belgische Zementöfen - Az.: C 228/00 -) stellt das Verwaltungsgericht Lüneburg fest, dass es für die Abgrenzung zwischen Beseitigungs- und Verwertungsverfahren auf das Mindestheizwertkriterium (11.000 kJ/kg) des § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht mehr ankomme. Denn durch den Europäischen Gerichtshof sei klargestellt worden, dass eine energetische Verwertung von Abfällen auch dann angenommen werden könne, wenn der Heizwert unter 11.000 kJ/kg liege. Insofern sei § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG im Einklang mit dem europäischen Abfallrecht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen.
Bei der Anwendung der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien für die Zulässigkeit der energetischen Verwertung von Abfällen stellt das VG Lüneburg fest, dass die positive Energiebilanz des Müllheizwerks in Bremen im Sinne eines nutzbaren Energieüberschusses bei der Verbrennung der Abfälle erfüllt sei, weil 99 % der erzeugten Energie aus Abfällen stammen würden. Von der in das Fernwärmenetz eingespeisten Wärmemenge kämen 96 % aus dem Verbrennungsprozess im Müllheizwerk. Zudem bestünden Wärmelieferungsverträge für das Müllheizkraftwerk, so dass eine energetische Verwertung angenommen werden könne. Damit - so das VG Lüneburg - sei eine energetische Verwertung der anfallenden gebrauchten Inkontinenzartikel aus der Seniorenbetreuungseinrichtung der Klägerin gegeben.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass das Urteil des VG Lüneburg nicht rechtskräftig ist.
Das Verfahren ist durch den beklagten Landkreis dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zur Prüfung unterbreitet worden. Das Urteil des VG Lüneburg steht im Widerspruch zu den Urteilen des OVG Saarland (Urt. v. 22.08.2003, Az.: 3 R 1/03 - 3 Q 71/071 - ) und des VG Stuttgart (Urt. v. 21.10.203, Az.: 13 K 4448/99; ebenfalls nicht rechtskräftig), wonach eine energetische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für unzulässig erklärt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das VG Lüneburg auch die von der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall mit Beschluss vom 24./25.09.2003 aufgestellten Kriterien nicht einer Prüfung unterzogen hat. Zu diesen Kriterien gehört, dass der Einsatz von Primärenergiequellen in einer Müllverbrennungsanlage technisch möglich ist und bestehende Energielieferpflichten den Betrieb der konkreten Müllverbrennungsanlage mit Primärenergiequellen erfordern, sofern keine Abfälle zum Einsatz kommen. Das VG Lüneburg lässt insoweit das Vorliegen einer positiven Energiebilanz und das Bestehen eines Wärmelieferungsvertrages für die Einstufung der Verbrennung von Inkontinenzsystemabfällen in einem Müllheizwerk als Verwertungsverfahren ausreichen. Ausgehend hiervon wird abzuwarten sein, ob das OVG Lüneburg der Rechtsprechungslinie des VG Lüneburg oder der Rechtsprechungslinie des OVG Saarlandes folgt und wie zukünftig gegebenenfalls das Bundesverwaltungsgericht entscheiden wird.
Az.: II/2 31-02