Das OVG NRW hat in weiteren Urteilen vom 26.06.2024 (Az.: 11 A 2239/23) und 16.05.2024 (Az.: 11 A 2072/23 – ebenso: OVG NRW, Urteil vom 16.05.2024 - Az. 11 A 1429/23 – Mitt. StGB Nr. 435/2024) erneut seine Rechtsprechungslinie bestätigt, dass per Ratsbeschluss nicht der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung vorgegeben werden kann, dass Anträge auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von gewerblichen Alttextilien-Sammelcontainern auf öffentlichen Flächen generell zu versagen sind.
Laut dem OVG NRW ist eine solche Selbstbindung der Verwaltung und eine darauf beruhende Ablehnungsentscheidung rechtswidrig, weil das in § 18 Abs. 2 Straßen- und Wegegesetz NRW vorgesehene Ermessen nicht mehr ausgeübt werden kann, da nur eine versagende Entscheidung möglich ist. Das OVG NRW folgt somit weiterhin nicht der Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Urteil vom 21.04.2021 – 5 S 1996/19 -), wonach die generelle Versagung von Alttextilien-Containern auf öffentlichen Flächen durch Ratsbeschluss möglich ist, um generell Verschmutzungen an Containerstandorten und dadurch bedingt Personal- und Kostenaufwand für die Entsorgung von Verschmutzungen durch Gemeindebedienstete zu vermeiden.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Standort-Konzept durch Ratsbeschluss
Das OVG NRW hat es bislang in seinem grundlegenden Urteil vom 03.12.2021(Az.: 11 A 1958/20 – Rz. 63) der Urteilsgründe) als zulässig angesehen, dass durch Ratsbeschluss ein Standort-Konzept für die Aufstellung von Alttextilien-Container auf öffentlichen Flächen mit einer Obergrenze beschlossen werden kann.
Bei der Fixierung einer Obergrenze müssen – so bislang das OVG NRW - auch keine Freiplätze vorgesehen werden, die durch neue „Antragsteller“ belegt werden können. Laut dem OVG NRW begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn ein Standortkonzept durch Ratsbeschluss nur solche Standorte umfasst, für die zu diesem Zeitpunkt bereits entsprechende Sondernutzungserlaubnisse nachweisbar und aktenkundig erteilt worden sind. Ausgehend von der Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein Standort-Konzept (Sondernutzungskonzept) freie Standorte vorhält, um einen Marktzugang für „neue“ Antragsteller zu ermöglichen.
2. Vorrang- und Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers
Es ist – auch straßenrechtlich – als gerechtfertigt anzusehen, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (in NRW: kreisangehörige Städte und Gemeinden, Kreise, kreisfreie Städte) der Vorrang bei der Zuteilung von Standplätzen auf öffentlichen Flächen eingeräumt wird, weil Alttextilien der ihm obliegenden Abfallentsorgungspflicht unterliegen (so bereits: BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 – Az.: 7 C 35.15 -) und ihm deshalb die ordnungsgemäße Erfüllung seiner hoheitlichen Abfallentsorgungspflicht ermöglicht werden muss (§§ 17, 20 KrWG i. V. m. § 5 Abs 1., Abs. 2., Abs. 6 LKrWG NRW).
Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Abfallentsorgungspflicht ab dem 01.01.2025 gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 2 KrWG) bundesgesetzlich fixiert worden ist, wodurch eine abfallrechtliche Vorrang- bzw. Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dokumentiert wird, die auf das öffentliche Straßenrecht bezogen auf die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen durchschlägt (vgl. Queitsch, Abfallrecht 2024, S. 26 ff.).
In diesem Zusammenhang ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auch dann verpflichtet, Alttextilien getrennt zu erfassen und zu verwerten, wenn im Rahmen der Verwertung keine oder nur geringe Erlöse mehr zu erzielen sind und gewerbliche Abfallsammler bei einer solchen Situation gewerbliche Alttextilien-Sammlungen schlichtweg einstellen werden. Insoweit kann deshalb ebenso eine unzulässige Diskriminierung von gewerblichen Abfallsammlungen nicht angenommen werden, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger unter dem Blickwinkel des europäischen Abfallrecht eine sog. hoheitliche Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringt (so: BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 – Az.: 7 C 35.15 – Rz. 25, 26 der Urteilsgründe).
Im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 18 Abs. 1 StrWG NRW muss allerdings wiederum die Vorrang- und Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers begründet werden, weil anderenfalls die Versagungsentscheidung wiederum als ermessensfehlerhaft angesehen wird (so jedenfalls: VG Aachen, Urteil vom 23.04.2024 - Az.: 10 K 223/23 – Mitt.StGB NRW Nr. 431/2024 –).
3. Keine Zuständigkeit einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 114 a GO NRW)
Für die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis ist außerdem die Stadt bzw. Gemeinde als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts und nicht eine von ihr gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 114 a GO NRW) als zuständig anzusehen (so: OVG NRW, Urteil vom 26.06.2024 – 11 A 2239/23). Die Entscheidung über die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis betrifft den „Betrieb“ der öffentlichen Straßen. § 9 Abs. 1 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG NRW) regelt hingegen, dass die Straßenbaulast alle mit dem „Bau“ und der „Unterhaltung“ zusammenhängenden Aufgaben umfasst. Eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis und Zuständigkeit für die „Benutzung von öffentlichen Straßen“ ist deshalb – so das OVG NRW -bezogen auf den Aufgabeninhalt der „Straßenbaulast“ in § 9 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW (nur Bau und Unterhaltung) grundsätzlich nicht als umfasst anzusehen.
Az.: 25.0.2.1 qu