Es ist viel Geld, aber es wird ja auch an viele verteilt. Was hat denn so eine Stadt wie Kamp-Lintfort davon, wenn in Berlin ein Sondervermögen für Infrastruktur aufgelegt wird?
Landscheidt: Das wissen wir noch nicht genau. Aber bevor wir über die vielen Probleme und Fragen sprechen, sollten wir erstmal sagen, dass es eine sehr gute Nachricht ist für die Städte und Gemeinden. Das ist eine Forderung, die wir seit mehreren Jahrzehnten aufstellen, dass wir sagen, die Infrastruktur ist unbedingt sanierungsbedürftig. Die deutschen Städte und Gemeinden schieben einen Berg von 186 Milliarden vor sich her. Da ist mehr als gut, wenn jetzt wir Geld zur Verfügung haben, um diese Maßnahmen zu vollziehen.
Die Frage ist, was am Ende bei uns ankommt. Wir finanzieren 60 Prozent aller Infrastrukturmaßnahmen im Vergleich zu Land und Bund. Und wenn es richtig ist, dass wir am Ende in Anführungsstrichen "nur" 20 Prozent bekommen, sehen Sie, dass es wahrscheinlich nicht mal auskömmlich ist, trotz der riesigen Summen.
Ist schon klar, dass Nordrhein-Westfalen 20 Prozent von diesem Sondervermögen bekommt?
Landscheidt: Das ist eine Zahl, die im Raum steht, aber man spricht da sehr offen darüber. Wenn etwa die Länder 100 Milliarden bekämen und davon "nur" 20 Prozent ankommen, dann sehen Sie, dass es insgesamt über zwölf Jahre gerechnet auf die einzelne Kommune heruntergebrochen doch sehr gut ausgewählt werden muss, was man mit diesem Geld macht. Das ist das Entscheidende: Prioritäten zu setzen.
Hätten Sie in Kamp-Lintfort denn schon eine Idee, was Sie mit dem Geld machen würden, wenn es denn kommt?
Landscheidt: Nicht nur in Kamp-Lintfort. Ich denke, alle Kollegen und Kolleginnen haben schon Ideen. Wir haben eine mittelfristige Finanzplanung, etwa was Schulbaumaßnahmen, was Kita-Baumaßnahmen, was Straßenbaumaßnahmen angeht. Diese Maßnahmen stehen als Pläne mit Sicherheit bei uns und bei vielen anderen Kommunen schon in den Haushalten, werden aber nicht umgesetzt, weil das Geld nicht da ist und weil wir in der Vergangenheit vieles davon mit Darlehen finanziert haben. Wenn uns jetzt diese Summen zur Verfügung stehen, werden wir diese Maßnahmen sehr kurzfristig angehen können.
Ich möchte trotzdem noch mal fragen, damit wir es konkret machen können. Was würden Sie denn in Kamp-Lintfort als erstes machen mit dem Geld?
Landscheidt: Wir haben in der Vergangenheit, in den letzten fünf Jahren, fast 60 Millionen kreditfinanziert in Kitas und Schulen ausgegeben und wir haben noch Pläne offen, ganz konkret im Grundschulbereich, im Bereich der weiterführenden Schul- und Schulbaumaßnahmen in einer Größenordnung von zwischen 5 und 10 Millionen, die wir sofort in Pläne umsetzen können.
Also Schwerpunkt Schulsanierung.
Landscheidt: Genau, bei uns wären es die Schulen. Es gibt sicherlich noch eine ganze Reihe von anderen Dingen, etwa in der digitalen Infrastruktur. Da gibt es auch einen erheblichen Investitionsbedarf, aber man muss ja Prioritäten setzen. Bei uns läge die Priorität jetzt deutlich im Schulbau.
Kann jede Stadt eigentlich selbst entscheiden, was sie mit diesem Geld macht oder rechnen Sie auch mit Auflagen wie, ich bleibe mal beim Beispiel, erstmal werden in den Städten die Schulen saniert?
Landscheidt: Genau das ist unsere Forderung, dass wir sagen: Jetzt kein Bürokratiemonster und keine komplizierten Fördermaßnahmen, sondern gebt uns Pauschalen, pauschale Summen in die Hand. Wir wissen vor Ort am allerbesten, was mit dem Geld zu tun ist, weil wir seit Jahren an dem Thema arbeiten. Und ich denke, das ist eine ganz entscheidende Forderung, die umgesetzt werden muss. Wenn sich am Ende Beamte auf allen Ebenen mit den Förderkriterien auseinandersetzen müssen, dauert es zu lange. Die Entscheidungen sollten vor Ort getroffen werden.
Die Grünen haben darauf bestanden, dass es sich um zusätzliche Investitionen handelt. Wie kann man denn davon ausgehen, dass die Städte oder auch die Kommunen nicht erstmal ihre Schulden bezahlen von dem Geld und nicht in Investitionen investieren?
Landscheidt: Das ist ein ganz spannendes Thema. Was heißt zusätzlich? Also ich verstehe das so, dass wir tatsächlich das machen, was ich gerade gesagt habe. Die Dinge, die wir schon jetzt als Priorität in der Planung haben, etwa Schulbaumaßnahmen, dass die jetzt angegangen werden. Sie konnten bisher nicht in Angriff genommen werden, weil das Geld nicht da war. Jetzt, wenn es da ist, sollte es gemacht werden.
Schuldenbezahlen ist ein anderes Thema. Natürlich schieben wir einen riesigen Berg vor uns her. Es ist das Thema Altschulden. Auch das ist eine Forderung in Richtung Bundesregierung, sich endlich diesem Thema zuzuwenden. Das erwarten wir auch.
Und ich will Ihnen noch einen Punkt nennen. Wir reden im Moment über Investitionen. Wir reden nicht über die dauerhaft strukturell defizitären Haushalte. Wir reden darüber, das Haus zu sanieren. Aber wir haben das nächstes Problem, wie wir unsere Familien ernähren. Das muss man ganz deutlich sagen. Wir haben hier mehrere Baustellen.
Aber ich will es nicht schlechtreden. Wir haben endlich die Chance, diesen Part in Angriff zu nehmen. Und dafür stehen wir jetzt bereit, das schnell zu tun.
Das Interview ist in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 19. März 2026.