250 Millionen Euro pro Jahr will die neue Bundesregierung beisteuern, um die Kommunen von den Altschulden zu befreien. Die andere Hälfte würde nach diesem Plan im Koalitionsvertrag von den Ländern kommen. Ist das der Befreiungsschlag?
Sommer: Teilweise. Wir müssen sehen, dass alleine Nordrhein-Westfalen angekündigt hat, vorbehaltlos jährlich 250 Millionen für 30 Jahre zur Verfügung zu stellen. Die Altschuldenhilfe seitens des Bundes ist aber gedeckelt ist, denn diese gilt nicht nur für Nordrhein-Westfalen, sondern der Bund stellt diese Summen für sämtliche Länder in Aussicht. Es bleibt abzuwarten, wie sich das konkret rechnerisch auswirkt. Jetzt ist aber festgeschrieben, dass was kommt, vorher hat man sich immer darum herumgedrückt. Das ist eine positive Nachricht.
Sie haben gesagt, Nordrhein-Westfalen hat in Sachen Altschuldenregelung angekündigt einen Beitrag zu leisten auf die nächsten 30 Jahre. Im Koalitionsvertrag steht nun, der Bund wird sich in dieser Legislatur beteiligen. Das heißt erstmal nur vier Jahre, was ist danach?
Sommer: Ja, da wollte sich die Koalition wohl nicht über den Zeitraum hinaus binden. Das hat aber die Landesregierung getan. Deshalb habe ich gerade schon einschränkend gesagt, da muss man sehen, was wirklich unter dem Strich herauskommt und wie die Aufteilung in Bezug auf die anderen Bundesländer aussieht. Die Details werden wir uns anschauen, aber es ist ein Beitrag und den werden wir weiterhin einfordern, damit das Problem dauerhaft gelöst wird.
Herr Sommer, lassen Sie uns mal auf die Ausgabenseite schauen. Da hört man seit Jahren den Wunsch der Kommunen, „wer bestellt, der muss auch bezahlen“. Es geht also um die Refinanzierung von Aufgaben, die den Kommunen übertragenen wurden. Steht im neuen Koalitionsvertrag aus Ihrer Sicht etwas drin, das Ihnen helfen kann?
Sommer: Das ist Grundprinzip: „Wer bestellt, bezahlt“, der Satz bringt es auf den Punkt. Formal heißt das Konnexitätsprinzip. Das steht nun im Koalitionsvertrag und das macht sehr viel Hoffnung. Daran werden wir die Regierung messen. Gleichzeitig haben wir jedoch auch bestehende Aufgaben, wo die Kosten explodieren. Da müssen wir weiterhin einen Finger in die Wunde legen.
Ein weiteres Thema ist Migration und Flucht. Die Kommunen sagen seit langem, wir bekommen das vor Ort nur noch schwer gestemmt. Friedrich Merz hatte die Wende angekündigt. Ist das aus Ihrer Sicht so gekommen?
Sommer: Ein komplexes Thema. Im Koalitionsvertrag steht jetzt etwas drin, was unsere Forderung in der richtigen Richtung unterstützt. Migration kann nicht schrankenlos sein, sie muss gesteuert, sie muss geordnet und sie muss begrenzt werden. Und das differenziert für die verschiedenen Gruppen – beispielsweise von der Fachkräfteeinwanderung über das Asylrecht bis hin zur Armutsmigration. Es steht zudem im Koalitionsvertrag, dass man diese Ziele in Abstimmung mit den Nachbarländern verfolgt. Das ist eine Aufgabe des Bundes auf Europaebene. Aber man hat ebenso vereinbart, die Kommunen bei der Finanzierung von Unterkünften und der Integration zu unterstützen. Das ist wichtig, weil dort riesige Herausforderungen liegen. Ich denke da auch an Kitas und Schulen. Diese Systeme sind massiv belastet.
Das Papier, auf dem ein Koalitionsvertrag gedruckt wird, ist geduldig. Nennen Sie mir eine Sache, von der Sie sagen, das muss in sechs Monaten fertig sein.
Sommer: Nehmen wir das Beispiel Migration: Tatsächlich effektive Begrenzung und die Unterstützung der Kommunen bei der Finanzierung von Unterkünften und Integration. Das steht drin, da muss kurzfristig was kommen.
Mit Christof Sommer sprach Benjamin Sartory. Das Interview ist bis zum 10.4.2026 in der ARD-Mediathek abrufbar.