Mitteilung
Breitbandinfrastruktur: Satelliten als Alternative zu kabelgebundenen Gigabitanschlüssen?
Die Studie zeigt u. a. folgende maßgeblichen Rahmendaten auf:
- Mit einer Gesamtkapazität von 377 Tbit/s lassen sich durch Starlink in Deutschland aktuell rund 200.000 Kunden mit 100 Mbit/s oder 20.000 Kunden mit 1 Gbit/s im Download versorgen.
- Die Zahl der aktiven Satelliten beträgt ca. 6.751. Im Endausbau unter der Annahme von laut Starlink 42.000 geplanten Satelliten ließen sich bei einer optimistischen Abschätzung rund 13 Millionen Kunden mit 100 Mbit/s oder 1,3 Millionen Kunden mit 1 Gbit/s im Download versorgen. Bisher wurden bei der zuständigen US-Behörde Anträge für rund 12.000 Satelliten genehmigt. Zur weiteren Entwicklung der Satellitenzahl gibt es keine Angaben.
- Der Stromverbrauch der Empfangsantenne ist mit 50 bis 100 Watt sehr hoch. Zum Vergleich: Bei Glasfaseranschlüssen liegt die Leistungsaufnahme des Glasfasermodems (ONT) bei 2,3 bis 3 Watt und mit weiteren Funktionalitäten (insbesondere WLAN) im Mittel bei 9-10 Watt.
- Die Latenz des Starlink-Internetzugangs liegt zwischen 40 und 50 Millisekunden. Zum Vergleich: Bei Glasfaser sind es zwischen 2 und 10 Millisekunden.
- Der Installationsaufwand für die Empfangsantenne ist hoch. Zudem leben die meisten Deutschen in Mehrfamilienhäusern, was eine Zustimmung von Eigentümer oder Eigentümergemeinschaft erforderlich macht.
- Die Starlink-Verbindung kann bei Hindernissen wie Bäumen, aber auch bei schlechtem Wetter eingeschränkt sein.
- Mit 29 bis 50 Euro pro Monat liegen die Kosten für Privathaushalte in der Größenordnung eines vergleichbaren Festnetzangebots.
Studienautor Prof. Dr. Kristof Obermann fasste die Ergebnisse der Studie zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass Internet per Satellit aktuell keine echte Konkurrenz zu den bestehenden Festnetz- und Mobilfunktechnologien, insbesondere per Glasfaser und 5G darstellt. In der Fläche führe kein Weg am Glasfaserausbau vorbei, da Satelliteninternet bei Datenrate, Zuverlässigkeit, Latenz, Verfügbarkeit und Stromverbrauch deutlich unterlegen ist.
Allerdings gebe es Haushalte, insbesondere im ländlichen Raum, die heute besonders schlecht versorgt seien und für die ein Glasfaseranschluss aufgrund der damit verbundenen enormen Kosten selbst auf Basis des Förderprogramms des Bundes nicht mehr angemessen wäre. Hier könne das Internet aus dem Orbit angesichts der dramatischen Haushaltslage von Bund, Ländern und Kommunen eine sinnvolle Alternative sein, um digitale Teilhabe sicherzustellen.
Anmerkung des Städte- und Gemeindebundes NRW
Die grundsätzliche technische Einschätzung des Potentials des Satellitennetzwerks „Starlink“ ist nicht zu kritisieren, ebenso wenig wie die Feststellung, dass dieses gegenwärtig einem festnetzgebundenen Glasfaseranschluss nicht annähernd ebenbürtig ist. Die Annahme, Starlink sei trotz seiner vergleichsweisen zahlreichen Einschränkungen und insbesondere vor dem Hintergrund der Krise öffentlicher Haushalte für die Erschließung abgelegener Haushalte geeignet, muss jedoch in Zweifel gezogen werden. Angesichts der aufgezeigten Schwächen von Starlink im Hinblick auf Datenrate, Zuverlässigkeit, Latenz und Verfügbarkeit darf bezweifelt werden, dass diese Technologie dauerhaft den Anforderungen des mit Inkrafttreten der letzten TKG-Novelle am 1. Dezember 2021 etablierten Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten genügen kann. Nicht zuletzt der Stromverbrauch wirft auch starke ökologische Bedenken auf.
Das TKG normiert einen Anspruch aller Bürgerinnen und Bürger auf die Verfügbarkeit von Sprachkommunikationsdiensten und Internetzugangsdiensten, die eine soziale und wirtschaftliche Teilhabe sicherstellen. Der Internetzugangsdienst soll hierbei eine Nutzung grundlegender Online-Dienste und -Anwendungen sowie von Home-Office und Online-Inhaltediensten (Videostreaming) im marktüblichen Umfang ermöglichen.
Der sicherzustellende Internetzugangsdienst muss bestimmte technische Anforderungen erfüllen. Im TKG ist vorgesehen, die wesentlichen Parameter – Datenübertragungsrate im Down- und Upload sowie Latenz – auf Grundlage unterschiedlicher Kriterien (vgl. hierzu Hintergrund) auszugestalten und in Form einer Rechtsverordnung festzulegen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat die Ermächtigung, diese Rechtsverordnung zu erlassen, auf die Bundesnetzagentur übertragen. In der TK-Mindestversorgungsverordnung (TKMV) wurde die Basisversorgung zur Absicherung der digitalen Teilhabe konkretisiert und damit das individuelle Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten ausgestaltet.
Die aktuellen Mindestversorgungskriterien sind:
- Die Download-Geschwindigkeit muss mindestens 15,0 Megabit pro Sekunde betragen.
- Die Upload-Rate muss bei mindestens 5,0 Megabit pro Sekunde liegen.
- Die Latenz, also die Reaktionszeit, darf nicht höher als 150 Millisekunden sein.
Es erscheint schon keineswegs sicher, dass Starlink-Anschlüsse in allen entlegenen und/oder topografisch anspruchsvollen Lagen diese Kriterien erfüllen können. Da es sich bei den Mindestwerten jedoch um mit der Zeit evolvierende Werte handelt, die sich an der jeweils marktüblichen durchschnittlichen Versorgungsleistung messen müssen, ist für die Zukunft nicht sicherzustellen, dass Starlink-Anschlüsse dauerhaft den Mindestversorgungskriterien genügen. Starlink-Anschlüsse für entlegene oder topografisch anspruchsvolle Lagen können deshalb nur als Übergangslösungen betrachtet werden.
Weitere Informationen
Die komplette Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen steht unter folgendem Link zum Download bereit: https://brekoverband.de