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Bundesregierung nimmt Stellung zur EU-Vergabenovelle

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Aktuell wird eine umfassende Novellierung des EU-Vergaberechts diskutiert. Ziel der EU-Kommission ist es, das Vergaberecht moderner, einfacher und nachhaltiger zu gestalten. Vor dem Hintergrund der Konsultation der EU-Kommission zur Evaluierung der EU-Vergaberichtlinien hatten die deutschen und österreichischen kommunalen Spitzenverbände zusammen mit dem VKU bereits im März dieses Jahres ein Positionspapier veröffentlicht und darin grundlegende Forderungen für die Novellierung formuliert. Darin haben die Verbände gefordert, dass die Kommunen angesichts der vielen drängenden Aufgaben, z.B. wenn es um die Modernisierung von Infrastrukturen oder um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in der EU geht, erwarten, dass sich die Reform des Vergaberechts auf die Aspekte der Vereinfachung, Entbürokratisierung, Beschleunigung und auf die Stärkung der Handlungsfähigkeit des Staates fokussiert.

Nun hat die Bundesregierung (BMWE) gegenüber der EU-Kommission (Kommissar Sejourné) zur Reform der europäischen Vergaberichtlinien Stellung genommen.

Die Bundesregierung begrüßt, dass die Europäische Kommission die Arbeiten an der Reform der Vergaberichtlinien mit Nachdruck vorantreibt und damit einem Wunsch vieler Mitgliedstaaten entspricht. In ihrem Anschreiben an den EU-Kommissar hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche unterstrichen, dass die europäischen Vergaberegeln inzwischen viel zu komplex geworden sind. Dies führe auch dazu, dass Vergabeverfahren zu lange dauern. Dadurch werde die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten eingeschränkt und wichtige Investitionen würden verzögert. Die Ministerin hat unterstrichen, dass „wir vor allem einfachere und flexiblere Vergaberegeln und schnellere Vergabeverfahren benötigen“. Aus Sicht der Bundesregierung sollten bei der anstehenden Reform der europäischen Vergaberichtlinien folgende Schwerpunkte gesetzt werden (Wortlaut des Anschreibens):

  1. Vergabeverfahren müssen umfassend vereinfacht und beschleunigt werden. Dazu haben wir in der Stellungnahme viele sehr konkrete Vorschläge gemacht. Damit würden wir die Beschaffungsstellen von Bürokratie entlasten und den Unternehmen die Teilnahme an den Vergabeverfahren im Binnenmarkt erleichtern. Auch brauchen wir dringend höhere Schwellenwerte für Vergabeverfahren und einen einzigen einheitlichen europäischen Vergaberechtsakt.
  2. Wir sollten uns auf klare Regeln zum Umgang mit Bietern und Waren oder Dienstleistungen aus Drittstaaten einigen. Der Grundsatz sollte dabei ein offener EU-Beschaffungsmarkt sein, in dem Drittstaatsanbieter ohne durch Abkommen garantierten Marktzugang nur ausnahmsweise ungleich behandelt werden, etwa wenn dies zur Stärkung der europäischen Souveränität unbedingt erforderlich ist. Ich denke hier beispielsweise an den Aufbau einer europäischen Cloud- und Kl-Infrastruktur oder die Beschaffung kritischer Arzneimittel. Für Krisenfälle brauchen wir einen stark vereinfachten Rechtsrahmen.
  3. Die Beschaffung im Bereich Verteidigung und Sicherheit muss einfacher, schneller und sicherer durchgeführt werden können, auch gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten und Partnernationen. Die Richtlinie 2009/81/EG muss dafür angepasst werden.
  4. Die öffentliche Beschaffung muss noch stärker ein Hebel zur Anreizung von Leitmärkten für klimafreundliche Grundstoffe sein, zum Beispiel durch gut handhabbare Labels.
  5. Die Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien im Vergaberecht sollte grundsätzlich für die öffentlichen Auftraggeber freiwillig sein. Neue verpflichtende Umwelt- und Sozialstandards würden die Vergabeverfahren weiter verkomplizieren anstatt sie zu beschleunigen. Wir sollten den Fokus jetzt auf die Implementierung, Konsolidierung und Vereinfachung des bestehenden Rechtsrahmens legen.
  6. Innovative europäische Lösungen sollten über die Vergabe gestärkt und besonders berücksichtigt werden, damit die öffentliche Hand stärker als Ankerkunde und als Innovationstreiber agiert.


Anmerkung


Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung einige zentrale Punkte des DStGB und der kommunalen Seite aufgreift, insbesondere die Hinweise zur allenfalls freiwilligen Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien im Vergaberecht sowie die Forderung nach einer Erhöhung der EU-Schwellenwerte.