Mitteilung
Asyl & Flüchtlinge: EuGH konkretisiert Bestimmungen zur Festlegung sicherer Herkunftsstaaten
Der Gerichtshof hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem der Antrag auf Asyl im beschleunigten Verfahren abgelehnt worden war, weil der Herkunftsstaat als sicher eingestuft worden ist. Diese Ablehnungsentscheidung wurde vor dem zuständigen Gericht angefochten, das den EuGH angerufen hat, um die Anwendung des Konzepts des sicheren Herkunftsstaats und die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf eine wirksame gerichtliche Überprüfung zu klären.
Das vorlegende Gericht führt aus, dass der Gesetzgebungsakt vom Oktober 2024 – im Gegensatz zur früheren Regelung – nicht die Informationsquellen
angebe, auf die sich der italienische Gesetzgeber gestützt habe, um die Sicherheit des Staates zu bewerten. Daher werde sowohl dem Antragsteller als auch der Justizbehörde die Möglichkeit genommen, die Rechtmäßigkeit einer solchen Sicherheitsvermutung zu bestreiten und kontrollieren zu lassen, indem u. a. die Herkunft, die Verlässlichkeit, die Glaubwürdigkeit, die Relevanz, die Aktualität und die Vollständigkeit dieser Quellen geprüft wird.
Antwort des EuGH
Das Unionsrecht erlaubt es einem Mitgliedsstaat, einen Drittstaat durch einen Gesetzgebungsakt als sicheren Herkunftsstaat zu bestimmen, sofern diese Bestimmung Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Überprüfung sein kann. Diese Überprüfung muss sich auf die Einhaltung der in Anhang I der Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen materiellen Voraussetzungen für eine solche Bestimmung erstrecken, insbesondere dann, wenn ein Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung eingelegt wird, mit der ein Asylantrag im beschleunigten Verfahren abgelehnt wird.
Der Gerichtshof betont dabei, dass die Informationsquellen, auf denen eine solche Bestimmung beruht, sowohl für den Antragsteller als auch für das zuständige Gericht hinreichend zugänglich sein müssen. Diese Anforderung soll einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleisten, der es dem Antragsteller ermöglicht,
seine Rechte sachdienlich geltend zu machen, und dem nationalen Gericht, seine Kontrolle vollumfänglich auszuüben. Ferner kann das Gericht bei der Prüfung, ob eine solche Bestimmung die vorgesehenen materiellen Voraussetzungen erfüllt, Informationen berücksichtigen, die es selbst eingeholt hat, sofern es deren Zuverlässigkeit prüft und beiden Verfahrensbeteiligten Gelegenheit gibt, zu diesen zusätzlichen Informationen Stellung zu nehmen.
Anmerkung des DStGB und des StGB NRW
Die Entscheidung des EuGH zeigt, dass die Bestimmung von sicheren Herkunftsländern durch die Mitgliedsstaaten evidenzbasiert sein müssen. Der EuGH hat den in Anwendung befindlichen Mechanismus dabei grundsätzlich bestätigt. Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) soll die Ausweisung von sicheren Herkunftsländern darüber hinaus noch vereinfacht werden. Die entsprechende Verordnung tritt im Juni 2026 in Kraft. Für Deutschland bedeutet dies, dass die Bundesregierung weiterhin regelmäßig prüfen muss, ob Länder mit einer sehr niedrigen Anerkennungs- und Schutzquote nicht zu sicheren Herkunftsländern zu erklären sind, um die Verfahren zu beschleunigen. Insbesondere da aktuell das Zugangsgeschehen nach Deutschland weiterhin rückläufig ist, bietet es sich an, solche Weichenstellungen nun zu treffen.
Quelle: DStGB Aktuell 3225 vom 08.08.2025