Mitteilung
Föderale Modernisierungsagenda von Bund und Ländern beschlossen
Die von den Ländern beschlossenen 200 Maßnahmen der föderalen Modernisierungsagenda sind den folgenden fünf Leitthemen zugeordnet:
- Weniger Bürokratie durch Pflichtenreduzierung, Modernisierung von Formerfordernissen und Vereinfachungen bei Genehmigungen.
- Schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, insbesondere durch Vereinfachungen im Baurecht, Umweltrecht und Vergaberecht.
- Effiziente und resiliente staatliche Strukturen durch die bessere Zusammenarbeit der föderalen Ebenen und die Bündelung von Prozessen.
- Digitale Verfahren, die den Alltag erleichtern, in der Verwaltung und für Unternehmen Zeit sparen und für die Bürgerinnen und Bürger serviceorientiert und niedrigschwellig funktionieren.
- Bessere Rechtsetzung, die verständlich, praxistauglich und verlässlich ist.
Im Einzelnen können folgende Inhalte hervorgehoben werden:
Bürokratieabbau
Berichts-, Dokumentations-, Aufbewahrungs- und Evaluationspflichten der Unternehmen und der Verwaltung sollen reduziert, zusätzliche Belastungen bei der Umsetzung von EU-Recht verhindert und Verwaltungsverfahren gestrafft werden. Hierbei wird das Ziel verfolgt, mindestens die Hälfte dieser Pflichten abzuschaffen. Ausgenommen von der Aufhebung sind wenige, zwingend notwendige und streng zu begründende Pflichten. Bund und Länder werden bis zum 31.12.2026 in den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen (§ 3a Abs. 2) eine Regelung treffen, der zufolge eine angeordnete Schriftform elektronisch ersetzt werden kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist – etwa um eine eindeutige Identifizierung sicherzustellen. Außerdem sollen in Verwaltungsverfahren zukünftig deutlich seltener amtliche Beglaubigungen notwendig sein und die Rückführung der Übererfüllung von EU-Recht erreicht werden.
Schnellere Verfahren
Der Bund und die Länder planen einige Umkehrungen der bisherigen Genehmigungspraxis und der Verwaltungsverfahren. So soll, wo immer sinnvoll und fachlich möglich, vom Instrument der Genehmigungsfiktion mehr Gebrauch gemacht werden. Sofern Fachrecht explizit nichts Abweichendes regelt, gilt eine Genehmigung nach Ablauf von 3 Monaten ab Einreichung der vollständigen Unterlagen als erteilt. Bund und Länder werden Genehmigungspflichten durch Anzeigeverfahren ersetzen, soweit dies rechtlich möglich und sinnvoll ist. Bund und Länder werden vorsehen, dass die Beibringung von Auskünften aus zentralen Registern (z.B. Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister) bei der Antragstellung für Genehmigungen entfällt. Hierfür sollen die Register spätestens ab dem 01.01.2029 an das NOOTS angebunden und der Datenabruf von der Behörde selbst automatisiert ermöglicht werden. Vorgesehen sind Vereinfachungen im Vergaberecht sowie ein digitaler Beschaffungsmarktplatz, über den die öffentliche Auftraggeber Vergabeverfahren datenbasiert, vernetzt und unter Einsatz künstlicher Intelligenz durchführen können.
Effiziente und resiliente staatliche Strukturen durch die bessere Zusammenarbeit der föderalen Ebenen und die Bündelung von Prozessen
Bund und Länder wollen Aufgaben stärker bündeln und die föderale Kooperation stärken. Es sollen umgehend die nötigen Schritte eingeleitet werden, um die internetbasierte Kraftfahrzeugzulassung einschließlich An-, Ab- und Ummeldung (iKfz) gebündelt beim Bund anzubieten und abzuwickeln. Die Zuständigkeit für Abschiebungen soll zentral beim Bund gebündelt werden. Durchgehend digitale Prozesse sollen durch die Bereitstellung einer zentralen IT und Fachverfahren gestärkt werden. Ob eine Bündelung weiterer Aufgaben - wie etwa Anträge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Pass- und Ausweiswesen, im Meldewesen die elektronische An-/Um-/Abmeldung von Wohnungen, Meldebescheinigungen - in Frage kommt und wenn ja, wie und von wem, wird bis zum nächsten Treffen des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder im Juni 2026 geklärt. Es bleibt jedoch jedem Land vorbehalten, sich an einer oder mehrerer der genannten Bündelungen nicht zu beteiligen.
Zudem sind eine Konsolidierung und Vorbereitung der Register der Länder und Kommunen vorgesehen. Dabei wird die Möglichkeit einer Zentralisierung und Konsolidierung (z.B. „Register-as-a-Service“ in der Cloud) der von ihnen geführten Register und Datenbestände erwogen. Schließlich ist eine Neuordnung der datenschutzrechtlichen Aufsichtsstruktur zwischen Bund und Ländern und die Stärkung des Subsidiaritätsgedankens durch eine neue zielgenaue „Entflechtungsrunde“ zwischen Bund und Ländern vorgesehen. Insbesondere sollen Anreize für eine Ausnutzung von Ermessensspielräumen gesetzt werden, indem drohende Haftungsfolgen, z. B. im Bereich der Verkehrssicherungspflichten, reduziert werden sollen. Schließlich soll auch das allgemeine Zuwendungsrecht vereinfacht, u.a. durch mehr pauschalisierte Zuwendungen an die Kommunen, und die Cybersicherheit und –abwehr im föderalen Mehrebenensystem gestärkt werden.
Digitale Verfahren
Der Bund baut unter Einbeziehung der Länder einen D-Stack als nationale Technologieplattform zur Digitalisierung der deutschen Verwaltung. Er basiert auf Standards sowie auf Best-Practice-Ansätzen der föderalen Zusammenarbeit u.a. im Rahmen der deutschen Verwaltungscloud, der GovStack-Initiative des Bundes, des europäischen Auslandes und der Wirtschaft. Bund und Länder wirken bis 30.09.2026 auf verbindliche bundeseinheitliche Standards und Bereitstellung von offenen Schnittstellen, Basisdiensten und Prozessen hin (u.a. DINSPEC 66336, KERN, FIM). Daneben werden Bund und Länder die digitale Brieftasche „EUDI-Wallet“ weiter voranbringen. Diese soll bei der erstmaligen Entwicklung voll in die „D-Stack“-Plattform integriert werden und die Registermodernisierung unterstützen. Bund und Länder stellen die technische Nutzungsbereitschaft in Bund, Länder und Kommunen sicher.
Die aktuellen bundesrechtlichen Regelungen der digitalen Verwaltung für Bund und Ländern werden harmonisiert. Die Länder verfahren entsprechend. Bund und Länder entwickeln bis zum 31.12.2027 ihre Verwaltungsverfahrensgesetze weiter, um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu erleichtern. Darüber hinaus soll das Once-Only-Prinzip weiterverfolgt und die Datenerhebung bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen konsequent abgebaut, der Grundsatz der Ersterhebung überprüft und soweit wie möglich aufgehoben werden. Bund und Länder werden eine Daten-Governance für Bund, Länder und Kommunen, eine entsprechende Dateninfrastruktur sowie einheitliche Datenstandards schaffen. Bund und Länder prüfen bis 30.09.2026 eine Datenbereitstellung aus zentralen Bundesregistern oder anderen zentralen Datenbeständen über das NOOTS für Daten, die sowohl in kommunal geführten Registern als auch Bundesregistern geführt werden.
Bessere Rechtsetzung
Die Praxis- und Digitaltauglichkeit soll bei der Rechtsetzung gestärkt werden. Der Wirkungsgrad von Gesetzen soll nachprüfbarer werden. Dafür werden Wirkungsziele und Erfolgsindikatoren etabliert. Jeder neu geschaffenen Belastung muss grundsätzlich mindestens eine möglichst gleichwertige Entlastung gegenüberstehen. Bund und Länder wollen bis 01.01.2027 in jeweiliger Zuständigkeit gesetzliche Regelungen erlassen, um einzelne Kommunen zur Erprobung und Auswertung von Ausnahmeregelungen befristet die Möglichkeit zur Befreiung von bundes-bzw. landesrechtlichen Regelungen einzuräumen.
Monitoring
Die Föderale Modernisierungsagenda wird durch ein systematisches Evaluations- und Monitoring-System begleitet. Die Leitung des Prozesses obliegt der politisch besetzten Steuerungsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund und Ländern (CdS/St-Ebene).
Anmerkung des DStGB und des StGB NRW
Die Föderale Modernisierungsagenda greift wichtige und gute Ansätze und Maßnahmen für den Bürokratierückbau und die Verwaltungsdigitalisierung in den Kommunen auf. Es ist zu begrüßen, dass Bund und Länder sich auf wichtige Reformschritte und einen Zeitplan einigen konnten. Diese zielen in die richtige Richtung, auch wenn eine „große“ Reform mit einer grundlegenden Aufgabenkritik und einer Einigung über die Finanzierung ausbleibt.
Aus kommunaler Sicht ist in einer ersten Bewertung besonders positiv hervorzuheben die Abschaffung des Schriftformerfordernisses, die einer langjährigen Forderung des DStGB entspricht. Positiv sind auch Vereinfachungen im Bereich bürokratieaufwändiger Prüfungen, Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten, die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Veränderungen der Fördersystematik durch mehr Pauschalierungen und die Stärkung durchgehend digitaler Prozesse durch digitaltaugliche Gesetze durch verbindliche bundeseinheitliche Standards und Bereitstellung von offenen Schnittstellen, Basisdiensten und Prozessen. Auch die Zugeständnisse zu mehr Bündelung bzw. der Prüfung von neuen Aufgabenzuschnitten bzw. zentral bereitgestellten automatisierten Prozessen sind grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist es bedauerlich, dass die Länder von der Bündelung von Aufgaben abweichen können.
Nun kommt es auf die konkrete Umsetzung und die tatsächlichen Entlastungseffekte in der Praxis an. Spätestens jetzt müssen die kommunalen Spitzenverbände und die Kommunen als Vollzugs- und Nutzungsebene direkt und auf Augenhöhe bei Umsetzung durch Bund und Länder beteiligt und auf dem Weg mitgenommen werden. Dies ist bislang noch unzureichend erfolgt.
Zudem ist die für die Kommunen essentielle Finanzierungsfrage sowie die grundlegende Aufgabenkritik parallel zu dem Umsetzungsprozess der Modernisierungsagenda zeitnah zu klären.
Weitere Informationen:
Die Beschlüsse der MPK inklusive der Föderalen Modernisierungsagenda können heruntergeladen werden unter: www.rlp.de