VGH Baden-Württemberg zur Zustimmung der Gemeinde zum „Bau-Turbo“

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Der Kläger ist Eigentümer eines rund 398 m² großen Grundstücks in Karlsruhe-Durlach. Am 30.08.2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Bauvorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit zwei Wohneinheiten.

Dieser Antrag wurde zunächst zurückgestellt und hiernach im November 2019 aus Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung war erfolgreich. Hiernach wurde die Entscheidung über den Antrag des Klägers im August 2020 gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 BauGB für ein Jahr ausgesetzt, da das Vorhabengrundstück im Geltungsbereich eines künftigen Bebauungsplans lag, dessen Aufstellung bereits 2016 beschlossen worden war.

Im Juli 2021 beschloss der Gemeinderat für den künftigen Geltungsbereich des Bebauungsplans eine Veränderungssperre. Unter Bezugnahme auf die Veränderungssperre lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids erneut ab. Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger hiergegen im Juni 2022 vor dem VG Karlsruhe Klage erhoben, welche mit Urteil vom 28.04.2023, Az. 2 K 2042/22, abgewiesen wurde.

Der vom Gemeinderat der Beklagten beschlossene Bebauungsplan wurde im August 2023 öffentlich bekannt gemacht.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des VG Karlsruhe wurde im April 2024 vom VGH Baden-Württemberg zugelassen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht hielt die Klage teilweise für begründet. Besonders relevant dürften jedoch die Ausführungen zu einer möglichen Befreiung des Klägers sein, da als Prüfungsmaßstab die neuen Abweichungsmöglichkeiten nach § 31 Abs. 3 BauGB und § 246e Abs. 1 S. 1 Nr. 1 herangezogen wurden.

Das Gericht stellt klar, dass sich die Neuregelung im vorliegenden Fall nicht zu Gunsten des Klägers auswirkt. Denn hierfür sei die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. Diese lag im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor. Das Verfahren ist zudem auch nicht gemäß § 94 VwGO auszusetzen, damit der Gemeinderat der Beklagten die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung nachholen kann. Denn die Zustimmung kann im Gegensatz zum Einvernehmen nicht allein wegen eines Rechtsverstoßes versagt werden. Sie ist vielmehr nur zu erteilen, wenn das Vorhaben mit den Vorstellungen der Gemeinde von der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung vereinbar ist und dient damit im Ergebnis der Wahrung und Ausgestaltung der kommunalen Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG.

Die vom Kläger im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans vorgetragenen Einwendungen hat die Beklagte im Schreiben vom 08.08.2023 mit dem Argument zurückgewiesen, der Ortschaftsrat, der Planungsausschuss und der Gemeinderat hätten die städtebauliche Notwendigkeit erkannt, zur Wahrung des historisch gewachsenen städtebaulichen Charakters des hanglagigen Gebietes Regelungen zur Zulässigkeit des Maßes der baulichen Nutzung zu treffen, weil eine bauliche Entwicklung nach dem Maßstab des § 34 BauGB zu einer unmaßstäblichen und nicht gewünschten Verdichtung des Hanggebiets führen würde. Die Zulassung einer größeren Grundflächenzahl widerspricht danach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde.

Aus denselben Gründen hat das Gericht nunmehr auch eine Anwendung von § 246e Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB abgelehnt.

Anmerkung des StGB NRW

Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Sie unterstreicht, dass das gemeindliche Zustimmungserfordernis dazu dient, die kommunale Planungshoheit zu sichern und der Kommune daher im Rahmen ihrer planerischen Vorstellungen ein großer Bewertungsspielraum zusteht.

Die ebenfalls relevante Frage, ob es sich bei der Erteilung der Zustimmung um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt oder ob ein Beschluss des Gemeinderates notwendig ist, hat das Gericht im vorliegenden Fall jedoch offengelassen.

Weitere Informationen:

Das vollständige Urteil finden Sie hier.