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OVG NRW zum Aufstellungsort für Abfallgefäße

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Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 09.08.2024 (Az. 15 B 105/24 – abrufbar unter www.justiz.nrw.de – Rubrik: Entscheidungen) entschieden, dass ein Abfallsammelfahrzeug zur Entleerung von Abfallgefäßen ein Grundstück nicht unmittelbar anfahren darf, wenn dieses mit einem verbotenen Rückwärtsfahren verbunden ist. Rechtliche Hindernisse für ein Rückfahrverbot können sich insbesondere aus arbeitsschutzrechtlichen und straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen wie etwa § 16 Nr. 1 DGUV 43 oder § 9 Abs. 5 StVO ergeben. Aus § 16 Nr. 1 DGUV folgt – so das OVG NRW - die typisierende Annahme, dass ein Rückwärtsfahren von Abfallsammelfahrzeugen, die aufgrund ihrer Bauweise stets besonders unübersichtlich sind, in erhöhtem Maße gefährlich und unfallträchtig ist.

Bezogen auf das betroffene Grundstück, welches nicht unmittelbar angefahren werden kann, besteht in diesen Fällen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei der Überlassung der Abfälle, so dass rollbare Abfallgefäße, sperrige Abfälle sowie sperrige Elektro- und Elektronikaltgeräte an einen Bereitstellungsplatz zu verbringen sind, der mit dem Abfallsammelfahrzeug angefahren werden kann.

Das OVG NRW weist ausdrücklich darauf hin, dass es keinen Anspruch darauf gibt, dass kleinere Abfallsammelfahrzeuge eingesetzt werden oder die Abfallbehälter von den Müllwerkern bis zur anfahrbaren Stelle transportiert werden.

Zugleich gibt es keine generalisierende Bestimmung, wann die Grenze der Zumutbarkeit metermäßig bezogen auf die Rollstrecke überschritten ist. Entscheidend ist – so das OVG NRW – stets die konkrete örtliche Situation unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Bei dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung sind – laut dem OVG NRW – insbesondere die Entfernung zwischen Grundstücks- und Aufstellungsort sowie die Erschließungssituation des betreffenden Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht zu berücksichtigen.

Laut dem OVG NRW ist im entschiedenen Fall eine Entfernung zum Entleerungsort/Aufstellungsort von etwa 90 Metern für die rollbaren Abfallgefäße und von Sperrmüll zumutbar (unter Verweis auf: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.03.2024 – 9 ME/1/04 – wonach jedenfalls eine Entfernung von 100 m im Regelfall zumutbar ist, bei atypischer Grundstückslage im Außenbereich auch bis zu 2 km).

Dennoch hat das OVG NRW in dem entschiedenen Fall die aufschiebende Wirkung gegen die Aufstellungsanordnung angeordnet, weil bei dem von der Stadt gewählten Aufstellungsort (an der Einmündung der Sackgasse in die durchgängig befahrbare V-Straße) nicht als sichergestellt anzusehen war, dass Rettungsdienst- und Feuerwehrfahrzeuge das Grundstück des Antragstellers noch erreichen können, weil die abgestellten Abfallgefäße an dem ausgesuchten Aufstellungsort im Weg stehen.

Insoweit überwiegt – so das OVG NRW - das Interesse des Antragstellers an der ungehinderten Erreichbarkeit seines Grundstücks für Rettungs- und Löschfahrzeuge, was ebenfalls dem Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) dient.

Das OVG NRW gab der beklagten Stadt somit auf, einen alternativen Aufstellungsort für die Abfallgefäße zu prüfen. Langfristig könne – so das OVG NRW – unter anderem ein alternativer, gepflasterter Aufstellplatz im Bereich des Grünstreifens der öffentlichen V-Straße in Erwägung gezogen werden, weil dadurch jedenfalls der öffentliche Straßenraum entlastet werde.