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OVG NRW zum Überflutungsschutz und Bebauungsplan

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Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das OVG NRW in seinem Beschluss vom 09.07.2025 (Az.: 10 B 667/25.NE) lediglich überprüft hat, ob ein bauplanerisches Abwägungsdefizit vorliegt, welches zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes geführt hätte. Dieses war – so das OVG NRW – bei einer abwassertechnischen Erschließungskonzeption, die auf ein 30jähriges Regenereignis ausgerichtet ist, nicht der Fall.

Die bislang ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) zum Überflutungsschutz ist allerdings weitaus strenger.

Laut BGH (Urteil vom 22.04.2004 - Az.: III ZR 108/03 -) haftet eine Gemeinde nur dann nicht für Überflutungsschäden durch Starkregen-Ereignisse auf privaten Grundstücken, wenn das Starkregen-Ereignis eine Wiederkehrintensität von mehr als einmal in 100 Jahren aufgewiesen hat, d.h. es liegt ein Starkregen vor, dessen Wiederkehrintensität 1 x in 100 Jahren überschreitet.

Dabei stellt der BGH bei der Frage der Haftung für Überschwemmungsschäden nicht nur auf den sog. Berechnungsregen ab, sondern erwartet stets auch eine Berücksichtigung der konkreten, örtlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. grundlegend dazu: d: BGH, Urteil vom 18.2.1999 – Az.: III ZR 272/96 – sog. Weinberg-Urteil).

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.2.1999 – Az.: III ZR 272/96 -) zur Amtshaftung (Art. 34 GG, § 839 BGB) müssen bei der Dimensionierung des öffentlichen Kanals somit neben dem sog. Berechnungsregen stets auch die konkreten örtlichen Verhältnisse im Einzelfall im jeweiligen Entwässerungsgebiet (z. B. Hangwasser, Schichtenwasser) Berücksichtigung finden. Jedenfalls orientiert sich die amtshaftungsrechtliche Rechtsprechung des BGH bislang nicht an den abwassertechnischen Regelwerken, insbesondere der DIN EN 752 zum Überflutungsschutz (vgl. hierzu aber: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15.09.2021 – 1 ME 100/21 – zur Auslegung eines öffentlichen Kanalnetzes in Anwendung des DIN EN 752 -; OVG NRW, Urteil vom 20.06.2022 – 11 A 2800/18 –; OVG NRW, Beschluss vom 18.08.2023 - 2 B 349/23.NE; OLG Koblenz, Beschluss vom 27.7.2009 – Az.: 1 U 1422/08; LG Trier, Urteil vom 21.5.2007 – Az.: 11 O 33/06 – : haftungsausschließende höhere Gewalt bereits bei einer Wiederkehrintensität von einmal in 25 bis 30 Jahren in Anknüpfung an DIN EN 752 – Überflutungshäufigkeit bei Wohngebieten).

Neuere Rechtsprechung des BGH liegt gleichwohl nicht vor, so dass offen ist, ob der BGH dieser (weniger strengen) Rechtsprechungslinie in Anknüpfung an die abwassertechnischen Regelwerke wie unter anderem der DIN EN 752 folgen wird.
Hinzu kommt, dass aus der amtshaftungsrechtlichen Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26.01.1989 – III ZR 194/87) bezogen auf Altlasten die Aufgabe der Bauleitplanung fixiert worden ist, Problemstände zu lösen, die durch den Bauherrn bzw. die Bauherrin bautechnisch nicht beherrschbar sind. Etwas anderes gilt nur für hohe Grundwasserstände, weil diese als bautechnisch beherrschbar anzusehen sind (so: BGH, Beschluss vom 29.4.2004 - Az.: III ZR 31/03 -).

Zudem hat der BGH mit Beschluss vom 20.12.2018 (Az.: III ZR 5/18 -) die Revision gegen ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.12.2017 (Az. 18 U 195/11) nicht zugelassen, wonach eine Gemeinde unter dem Gesichtspunkt des Hochwasser- und Überflutungsschutzes haftet, wenn Ackerwasser in ein Baugebiet fließt und dort zu Schäden führt (vgl. hierzu: Queitsch, Wasserrecht, 2. Aufl. 2025, Rz. 352 ff.).