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OVG Thüringen zur Verschärfung einer Einleitungserlaubnis

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Auf der Grundlage des § 13 Abs. 2 Nr. 1 WHG kann die zuständige Wasserbehörde – so das OVG Thüringen - aber Maßnahmen verschärfend anordnen, und zwar durch die nachträgliche Beifügung von Nebenbestimmungen in Form einer Zielvorgabe, weil dieses ein Spezialfall des wasserwirtschaftlichen Ermessens darstellt (§ 13 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 2 WHG), denn die Bundes-Abwasser-Verordnung regelt nur Mindest-Anforderungen.
Die Verschärfung war – so das OVG Thüringen - auch nicht unverhältnismäßig (geeignet, erforderlich, angemessen). Die Maßnahme sei geeignet und erforderlich, um die Gewässerqualität im Sinne des EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG zu verbessern, weil der Phosphoreintrag in das betroffene Gewässer vermindert wird und damit dem Verbesserungsgebot (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WHG) zur Erreichung eines guten ökologischen Zustandes Rechnung getragen wird.

In diesem Zusammenhang folgte das OVG Thüringen dem Einwand nicht, dass die Phosphor-Elimination durch den Einsatz von Eisen-(III)-Chlorid eine Aufsalzung und damit eine Verschlechterung des betroffenen Gewässers zur Folge hat, weil dieses Verfahren der Eisen-(III)-Chlorid-Fällung – so das OVG Thüringen - ein anerkanntes Verfahren sei, welches dem Stand der Technik entspricht.

Ebenso sah das OVG Thüringen das Argument, dass das betroffene Gewässer auch durch andere diffuse Quellen wegen Phosphoreinträgen verschlechtert wird, nicht als tragend an, wenn das Gewässer sowohl durch Phosphoreinleitungen aus diffusen Quellen und sog. Punktquellen (wozu Kläranlagen gehören) belastet wird. Es sei zudem bezogen auf die Vergleichsgruppe „Kläranlagen“ weder erkennbar noch vorgetragen, dass bezogen auf die sog. Punktquellen eine sachwidrige Ungleichbehandlung stattfinde, weil auch andere Kläranlagen gleichermaßen von Maßnahmen betroffen seien.

Laut dem OVG Niedersachsen (Urteil vom 20.11.2014 – Az.: 13 LC 140/13 -) ist eine Verschärfung der wasserrechtlichen Erlaubnis für den Ablaufstrom einer Kläranlage allerdings unverhältnismäßig, wenn die festgestellte Gewässerbelastung nachweisbar auf diffuse Quellen, insbesondere durch die Intensiv-Landwirtschaft, zurückzuführen ist.

Die Anordnung, insbesondere die Zielwertanordnung war – so das OVG Thüringen – auch nicht unangemessen, weil die dadurch bedingten Mehrkosten (bei einem Zielwert von 1 mg/l ca. nach einem Kostenanstieg von ca. 16.200 € pro Jahr – ursprünglich 8.100 € pro Jahr) keine unverhältnismäßige Belastung zur Folge hatten und über die Abwassergebühr refinanziert werden könnten. Außerdem müsse der Jahres-Zielwert nur im Mittel eingehalten werden. Kurzfristige Überschreitungen seien somit zulässig.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Das OVG NRW hat bereits mit Beschluss vom 30.09.2015 (Az.: 20 A 2660/12) entschieden, die zuständige Wasserbehörde befugt ist, die Einleitungswerte für den Ablaufstrom der Kläranlage im Rahmen ihres wasserwirtschaftlichen Ermessens (§ 12 Abs. 2 WHG) zu verschärfen. Dabei kann die zuständige Wasserbehörde die Orientierungswerte aus der von der LAWA erstellten Rahmenkonzeption zum Monitoring und zur Bewertung des Zustandes von Fließgewässern (LAWA-RaKon-Papier) heranziehen. Dieses ist – so das OVG NRW - nicht zu beanstanden, weil das LAWA-RaKon-Papier als fachlich fundiert anzusehen ist (so: OVG NRW, Beschluss vom 27.03.2019 – Az.: 20 A 2983/15 –).

Zugleich regelt der Anhang 1 der Bundes-Abwasser-Verordnung nur Mindest-Anforderungen für die Einleitung von gereinigtem Abwasser aus der Sicht der Kläranlage (emissionsbezogen - § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG; vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2011 – Az.: 7 B 43.11 -; OVG Thüringen, Urteil vom 26.09.2024 - 4 KO 911/16 -; OVG Niedersachsen, Urteil vom 20.11.2014 – Az.: 13 LC 140/13).

Weitergehende Anforderungen sind mit Blick auf die Belastung und den Zustand des Gewässers (immissionsbezogen) gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG - gewissermaßen aus der Sicht des Gewässers und der Gewässergüte - nicht ausgeschlossen, wenn sich diese erhöhten Anforderungen als verhältnismäßig darstellen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.03.2019 – Az.: 20 A 2983/15 –; OVG NRW, Beschluss vom 30.09.2015 - Az.: 20 A 2660/12).

Letzten Endes kommt es somit immer auf den konkreten Einzelfall der in Rede stehende Einleitung in ein Gewässer und die dadurch bewirkte Gewässerbelastung an.