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Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) erklärt Planfeststellungsbeschluss für Bundesautobahn für rechtswidrig

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Nach Auffassung des Gerichts wurde bei der Entscheidung zugunsten der sogenannten Variante Süd 1 bei der Auswahl zwischen den verschiedenen Trassenvarianten die Pflicht zur Berücksichtigung der Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) verletzt. Die gewählte Variante beansprucht als einzige der näher in Betracht gezogenen Varianten anlage- und baubedingt ca. 18,5 ha hochwertiger Böden (Niedermoorböden). Der Planfeststellungsbeschluss hält eine nähere „Alternativenbetrachtung“ für nicht erforderlich, da die gewählte Trasse bereits eine positive Klimabilanz aufweise und es nicht wahrscheinlich sei, dass die Wahl einer anderen geeigneten Variante zu einer weiteren deutlichen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen führen würde.

Dieses Vorgehen genügt nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 KSG, da die Berücksichtigungspflicht laut BVerwG sektorübergreifend zu verstehen ist und auch die Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft umfasst. Da die Variantenprüfung Teil der Abwägungsentscheidung nach § 17 Bundesfernstraßengesetz ist, gilt die sektorübergreifende Berücksichtigungspflicht auch insoweit. Der Planfeststellungsbeschluss hätte deshalb zumindest im Wege einer Grobanalyse die Auswirkungen der Trassenvarianten auf die in §§ 1 und 3 KSG konkretisierten nationalen Klimaschutzziele untersuchen und in die Entscheidung einbeziehen müssen. Auch wenn die gewählte Trasse insgesamt eine positive Klimabilanz aufweist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine alternative Variante noch klimafreundlicher gewesen wäre. Zudem kann der Inanspruchnahme hochwertiger Niedermoorböden ein eigenständiges klimarelevantes Gewicht zukommen. Das BVerwG hält es daher für nicht völlig ausgeschlossen, dass bei einer ordnungsgemäßen Einstellung der Klimabelange in die Variantenprüfung die von den Klägern favorisierte Variante Süd 2 gewählt worden wäre, da sie keine Niedermoorböden in Anspruch nimmt, artenschutzrechtlich konfliktärmer, kürzer und damit kostengünstiger ist und ihr – in Bezug auf die Hafenerweiterung – jedenfalls keine rechtlichen Hinderungsgründe entgegenstehen.

Darüber hinaus beanstandete das Gericht Unbestimmtheiten bei den erteilten wasserrechtlichen Erlaubnissen. Die festgestellten Mängel können in einem ergänzenden Verfahren behoben werden; der Planfeststellungsbeschluss bleibt daher grundsätzlich bestehen, ist aber bis zur Nachbesserung nicht vollziehbar.

Die Klage einer Raffineriebetreiberin, die sich gegen die vorgesehene Umverlegung einer Hochspannungsleitung zum Bau der A 26 – Ost wendet, blieb dagegen ohne Erfolg. Die vollständige Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.

Anmerkung des StGB NRW

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verdeutlicht die hohe Relevanz des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG, der die Pflicht zur Berücksichtigung von Klimaschutzzielen in allen öffentlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen normiert. Dies hat auch Auswirkungen auf kommunale Planungsentscheidungen. Klimaschutz- und Umweltbelange müssen sachgerecht einbezogen und abgewogen werden. Auch im Rahmen der Bauleitplanung gilt es etwa Fragen der Flächeninanspruchnahme einzubeziehen. Angesichts der aktuellen Gesetzgebungsverfahren zur Planungsbeschleunigung (insb. Bau-Turbo), wird nun abzuwarten sein, wie sich die aktuelle Rechtsprechung in diesen Kontext einordnen lässt.

Weitere Informationen:

Die Pressemitteilung sowie das vollständige Urteil, sobald dies vorliegt, finden Sie hier: www.bverwg.de.