Mitteilung
Studie über Finanzmittel im Verkehrssektor veröffentlicht
Zusätzliche Mittel für das Verkehrssystem dringend benötigt
In ihrer aktuellen Analyse zeigen die stiftungsfinanzierten Institute „Agora Verkehrswende“ und „Dezernat Zukunft“, dass der öffentliche Finanzbedarf für Schienenwege, Fernstraßen, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Transformation der Automobilwirtschaft bis zum Jahr 2030 auf mindestens 390 Mrd. Euro geschätzt wird. Allein mit dem bestehenden Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sei dieser Bedarf nicht zu decken.
Investitionsbedarfe und Finanzierungslösungen für Infrastruktur, ÖPNV und Automobilwirtschaft
Neben der Beschreibung der Herausforderungen und Optionen bei der Finanzierung des Verkehrssystems skizziert die Studie für jeden der drei zentralen Bereiche exemplarisch eine Finanzierungslösung. Für die Schiene und den Erhalt von Bundesfernstraßen wird für das Jahr 2030 ein Investitionsbedarf von 43 Mrd. Euro und für 2035 von 32 Mrd. Euro geschätzt. Zum Vergleich: 2025 belief sich die öffentliche Finanzierung für diesen Bereich auf knapp 30 Mrd. Euro. Wichtige Finanzierungselemente sind vor allem die Lkw-Maut, Haushaltsbeiträge und Kreditaufnahmen des Bundes sowie perspektivisch eine Pkw-Maut.
Beim ÖPNV entwickelt sich der Bedarf von zuletzt 44 Mrd. Euro auf geschätzt 59 Mrd. Euro im Jahr 2030 und 74 Mrd. Euro im Jahr 2035. Neben Ticketeinnahmen und Mitteln von Bund, Ländern und Kommunen berücksichtigt die beispielhafte Finanzierungslösung vermehrt Mittel aus einem ÖPNV-Beitrag für Nutznießende und aus anteiligen Einnahmen aus der Pkw-Maut.
Bei der Transformation der Automobilwirtschaft sei der staatliche Finanzierungsbedarf deutlich geringer, weil hier vor allem die Privatwirtschaft in der Verantwortung stehe. Der Staat könne aber vorübergehend Anschubhilfe leisten und Investitionen in Innovationen erleichtern, etwa für die Anschaffung von E-Pkw und für die Bereiche Batteriezellfertigung, Rohstoffversorgung und autonomes Fahren. Auch den Strategiedialog kann die öffentliche Hand im Rahmen von Transformationsnetzwerken fördern. Der Finanzierungsbedarf entsteht nach den Berechnungen von Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft vornehmlich in den kommenden fünf Jahren: Im Jahr 2030 liegt er bei knapp fünf Mrd. Euro, bis 2035 fällt er auf drei Mrd. Euro.
Mögliche Finanzierungsoptionen
Die Studie analysiert fünf Ansätze, um den Finanzbedarf zu decken: Staatliche Kreditaufnahme, Steuerreformen (z. B. ökologisch und sozial ausgerichtete Kfz-Steuer, Dienstwagenbesteuerung, Energie- und Verkehrssteuern), Straßennutzungsgebühren bzw. Maut für Lkw und Pkw, finanzielle Beteiligung von Nutznießenden (z. B. Unternehmen oder Personen, die indirekt vom ÖPNV profitieren), Einbindung privaten Kapitals.
In einem die Studie begleitenden Sachverständigenrat bestand weitgehende Einigkeit, dass neue bzw. erweiterte Finanzierungsquellen gebraucht werden, wenngleich die konkrete Ausgestaltung umstritten war und maßgeblicher politischer Entscheidung bedarf.
Anmerkungen aus kommunaler Sicht
Aus kommunaler Sicht ist der Appell für eine neue Finanzierungsarchitektur im Verkehrssektor zutreffend. Städte, Gemeinden und Kreise können die gewaltigen Mittel, die für den Erhalt und einen zukunftsfähigen Verkehrssystems und den ÖPNV-Ausbau erforderlich sind, nicht allein mobilisieren. Kommunale Straßen stellen dabei den überwiegenden Teil des Straßennetzes dar. Deren Unterhaltung und Ausbau oder die Sanierung von Brückenbauwerken stellen die Kommunen vor kaum noch finanzierbare Aufgaben. Ein möglicher Lösungsansatz könnte eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Kommunalstraßen, verbunden mit einer Weiterleitung von Mauteinnahmen an die Kommunen sein.
Bund und Länder sind weiterhin gefordert, zusätzliche ÖPNV-Mittel aufzubringen, um den kommunalen ÖPNV stärker zu unterstützen. Die Debatte um das Deutschlandticket überlagerte in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit, Angebote bei Bestandsverkehren zu sichern und neue Bus- und Bahnverbindungen zu ermöglichen. In vielen Regionen sind aufgrund gestiegener Kosten und einer prekären kommunalen Finanzlage bestehende Angebote kaum noch finanzierbar. Die Bundesregierung ist gefordert, die Arbeiten an dem im Koalitionsvertrag angekündigten Modernisierungspakt für den ÖPNV nun zeitnah aufzunehmen und dabei die kommunale Ebene eng einzubinden.
Ebenso ist die im aktuellen Entwurf des ÖPNVG vorgesehene Aufteilung der Pauschalen im Bereich des SPNV abzulehnen, da hiermit insbesondere die Weiterleitung der Mittel für andere dem ÖPNV dienenden Zwecke wie die Bedarfe des Öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs ausgeschlossen ist. Stattdessen bedarf es einer substantiellen Erhöhung sowie einer Dynamisierung der Pauschalen.
Weitere Informationen
Die Pressemitteilung von Agora Verkehrswende vom 24.11.2025 sowie der Abschlussbericht „Eckpunkte für die Finanzierung eines zukunftsfähigen Verkehrssystems“ ist abrufbar unter: https://www.agora-verkehrswende.de/aktu ... ngsquellen