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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 200/2016 vom 17.03.2016
12. StGB NRW-Erfahrungsaustausch „Rekommunalisierung“
An dem 12. Erfahrungsaustausch „Rekommunalisierung“, der am 16.03.2016 in Düsseldorf stattgefunden hat und konstruktiv verlaufen ist, haben knapp 20 Mitglieder teilgenommen. Nach der Begrüßung von Beigeordnetem Rudolf Graaff, Städte- und Gemeindebund NRW, referierten Rechtsanwalt Jens Ebbinghaus und Rechtsanwalt/Steuerberater Jens Berfelde, WRG Audit GmbH, zum Thema „Strategische Partnerschaften und anschließende Konzessionsvergabe - Probleme und Lösungen aus praktischer Sicht“.
Im Rahmen ihrer instruktiven Präsentation ging RA Ebbinghaus zunächst auf den Aspekt „Strategische Partnerschaften - Synergien von kommunaler Wertschöpfung und Know-how aus der Privatwirtschaft ein. So verdeutlichte er insbesondere, dass die Kommunen von der Gründung eines eigenen Stadtwerkes die Erreichung ökologischer Ziele, die Verbesserung der lokalen Wertschöpfungskette, die Verbesserung der Einnahmesituation, die Demokratisierung der Energieversorgung, die Verbesserung der Arbeitsplatzsituation, die Realisierung von Kunden- und Bürgernähe, die Mitgestaltung regionaler Energiepolitik und den Ausbau dezentraler Energieerzeugung erwarten.
Des Weiteren ging er auf den Aspekt Teilnahmewettbewerb, Konzessionsverfahren und Vorfestlegung ein, wobei er insbesondere auf das von der Rechtsprechung anerkannte Instrument des zweistufigen Verfahrens einging. Vorteil des zweistufigen Verfahrens ist die trennscharfe Abgrenzung der Kooperation zu der Konzessionsvergabe und dadurch die Berücksichtigung fiskalischer Interessen der Kommune in der ersten Stufe. Nachteile sind demgegenüber eine insgesamt längere Verfahrensdauer aufgrund des vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs und ein unsicherer Ausgang bezüglich des Konzessionsverfahrens.
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen ging er auf die Gefahr einer „Vorfestlegung“ vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf aus dem Frühjahr 2013 ein. Des Weiteren verdeutlichte er die Möglichkeiten der Vermeidung des Vorwurfs einer Vorfestlegung, bevor er die Frage näher beleuchtete, ob die Suche nach einer strategischen Partnerschaft/Kooperation dem Vergaberecht unterfällt, was bei Kooperationsmodellen stets der Fall ist. Sodann ging er auf die Möglichkeiten der Ausgestaltung des Teilnahmewettbewerbs und der Kooperation vor dem Hintergrund der möglichen Bewertungskriterien ein.
Im weiteren Verlauf erläuterte RA Berfelde die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der strategischen Partnerschaft insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen der unterschiedlichen Gesellschaftsformen. Sodann beleuchtete er die personelle Trennung von strategischer Partnerschaft und Konzessionsverfahren, sog. „Chinese Walls“. So ging er unter anderem auf die Transparenz und Diskriminierungsfreiheit des Konzessionsverfahrens insbesondere vor dem Hintergrund der Problematik des sog. „Doppelmandates“ ein. Nach Darstellung der rechtlichen Problematik erläuterte er die Lösungsmöglichkeiten.
Anschließend referierte Nicolaus Münch, Becker Büttner Held, Köln, über die Novellierung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung. Vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs von Anfang Dezember 2015 und dem Kabinettsbeschluss von Anfang Februar 2016 erläuterte er, dass es sich bei der Novellierung um eine Änderung des Energiewirtschaftsrechts mit Licht- und Schattenseiten handelt. Dies betreffe insbesondere die Konkretisierung der Berechnungsmethode zur Ermittlung des Netzkaufpreises nach dem objektivierten Ertragswertverfahren.
Die Klarstellung bei der Datenherausgabe im Konzessionierungsverfahren ist zu begrüßen, obwohl der gemeinsame Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gasnetzkonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 21.05.2015 vom Umfang her weitergeht. Hinsichtlich des vorgesehenen Rüge- und Präklusionsregimes ist festzustellen, dass dies eine Verbesserung zum Status quo ist, die Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen aber sachgerechter wäre.
Die weiter vorgesehene Neuregelung der Fortzahlung der Konzessionsabgabe auch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages bis zur Übertragung der Verteilungsanlagen auf einen neuen Vertragspartner ist positiv einzustufen. Es sollte jedoch die Einschränkung gestrichen werden, wonach dies nicht gilt, wenn es die Kommune unterlassen hat, ein Konzessionsverfahren durchzuführen. Demgegenüber bringt der Entwurf in anderen zentralen kommunalen Fragen wie der Gewichtung und Konkretisierung der einzelnen Ziele des § 1 EnWG, der Berücksichtigung kommunaler Interessen bei der Auswahlentscheidung und der fehlenden Inhouse-Vergabe keine Verbesserungen, sondern lässt die Kommunen mit den bisherigen Problemen weitgehend allein.
Der Verlauf der Sitzung zeichnete sich unter Moderation von Beigeordnetem Rudolf Graaff durch eine intensive Diskussion aus, die insbesondere unterstrichen hat, dass mit Blick auf die zentralen kommunalen Forderungen der Ermöglichung einer Inhouse-Vergabe und der gleichrangigen Berücksichtigung der kommunalen Kriterien neben den netzbezogenen Kriterien dringend zu korrigieren sind.
Die Präsentationen der Herren Ebbinghaus/Berfelde sowie von Herrn Münch sind für StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliederbereich des StGB NRW-Internetangebots unter Fachinfo und Service > Fachgebiete > Finanzen und Kommunalwirtschaft > Mitgliederbereich > Rekommunalisierung abrufbar.
Az.: 28.3.3-003/001