Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 198/2022 vom 28.02.2022

5 Prozent weniger Waldfläche in 3 Jahren

      Die Waldverluste in Deutschland sind nach einer Mitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom 21.02.2022 erheblich höher als bisher angenommen. Die Forscher des DLR machten zum ersten Mal anhand von Satellitenaufnahmen deutschlandweit sichtbar, wie viel Baumbestand verloren gegangen ist. Die Ergebnisse sind alarmierend: Von Januar 2018 bis einschließlich April 2021 seien in Deutschland auf rund 501.000 Hektar Fläche Baumverluste zu verzeichnen. Der Verlust entspreche fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche und sei damit erheblich höher als bisher angenommen. Als Auslöser gelten "vor allem die ungewöhnlich starken Hitze- und Dürreperioden in diesen Jahren, die wiederum den Befall durch Schadinsekten begünstigt haben, teilt das DLR zur Auswertung mit.

Der Blick aus dem All zeige, dass überwiegend die Mitte Deutschlands mit ihren Nadelwäldern betroffen ist – von der Eifel, über Sauerland, Harz und Thüringer Wald, bis in die Sächsische Schweiz. Allein Nordrhein-Westfalen habe innerhalb von drei Jahren mehr als ein Viertel seiner Fichtenwälder verloren, in einigen Landkreisen seien es sogar mehr als zwei Drittel. Die Bäume seien abgestorben oder großflächigen Notfällungen zum Opfer gefallen. „Kahlschläge sind oft die letzte Maßnahme bei massivem Schädlingsbefall, um – im Fall von Fichten – dem Borkenkäfer die Nahrung zu entziehen und dadurch seine weitere Ausbreitung zu verhindern“, so das DLR.

Während sich Laubbäume wie die Eiche nach einem Insektenbefall wieder erholen könnten, gelte dies häufig nicht für Nadelbäume. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien in Deutschland vorrangig Fichten als wichtigster Holzlieferant aufgeforstet worden, nicht selten standortfremd. Diese Wälder wiesen eine entsprechend ähnliche Alters- und Wuchsstruktur auf und seien als Monokultur weniger widerstandsfähig. Zwischen 2018 und 2020 wurde ganz Mitteleuropa von mehreren ungewöhnlich starken Dürre- und Hitzeperioden heimgesucht. Dies habe die grünen Riesen geschwächt – die Defizite in der Bodenfeuchte seien bis heute messbar. Gleichzeitig habe die trockene Hitze ideale Bedingungen für den Borkenkäfer geschaffen, sodass sich die Populationen explosionsartig vermehrten.

Nicht nur Fichten betroffen

Von den Folgen der Dürre seien nicht nur Fichtenwälder betroffen: „Unsere Analysen zeigen, dass auch Eiche, Buche und Kiefer – neben der Fichte die häufigsten Baumarten in Deutschland – starke Schäden aufweisen. Dasselbe gilt für seltenere Arten wie Bergahorn oder Lärche“, sagte Dr. Frank Thonfeld vom Earth Observation Center (EOC) des DLR. „Die jährlichen Waldzustandsberichte der Behörden machen bereits deutlich, dass sich der Zustand der deutschen Wälder schon seit längerer Zeit kontinuierlich verschlechtert. Aber die Schäden der letzten wenigen Jahre sind beispiellos.“

Neben dem Schädlingsbefall habe der deutsche Wald auch Verluste durch Windwurf erlitten. Das DLR-Forschungsteam identifizierte diese Flächen dank der hochgenauen Satellitenaufnahmen von Sentinel-2 und Landsat-8. Die Auswertungen offenbarten unter anderem das Ausmaß von Sturmereignissen in Ostbayern, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Die aktuelle Sturmlage über ganz Deutschland werde voraussichtlich wieder dazu führen, dass vielerorts Schadholz entfernt werden muss.

Anmerkungen aus kommunaler Sicht

Angesichts der massiven Waldschäden hat der Bund mit rund 1,5 Mrd. Euro ein in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beispielloses Hilfsprogramm für die privaten und kommunalen Waldbesitzer auf den Weg gebracht. Die Hilfen belaufen sich einschließlich der Kofinanzierung der Länder auf rund 1,5 Mrd. Euro und konzentrieren sich auf die Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen. Nach Berechnungen des Deutschen Forstwirtschaftsrates haben die Extremwetterereignisse in den Jahren 2018 bis 2020 zu Schäden von rund 13 Mrd. Euro geführt.

Sorgen bereitet den Wissenschaftlern des Thünen-Instituts insbesondere der Blick in die Zukunft mit zu erwartenden weiteren Häufungen und Verschärfungen von Extremwetterlagen wie Hitze und Trockenheit infolge des Klimawandels. Um zukünftig weiteren großflächigen Waldschäden vorzubeugen, sollten die Wälder in Deutschland umgestaltet und an die steigenden Risiken des Klimawandels angepasst werden, so Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts für Waldökologie in Eberswalde. Dazu müssten die Anstrengungen zur Umgestaltung und zum Umbau der Wälder aber vervielfacht werden.

Der von den Wissenschaftlern vorgestellte deutschlandweite Projektansatz zum Schadrisiko leitet sich direkt aus den Erfahrungen der zurückliegenden Trockenjahre ab und bezieht sich nur auf Fichten- und Buchenbestände. Die Ergebnisse im Überblick:

https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn063364.pdf:

·         Wälder mit führender Baumart Fichte oder Buche sind auf einem Viertel der Gesamtwaldfläche in Deutschland (2,85 Mio. Hektar) einem hohen Risiko durch Trockenheit und Schaderregerbefall ausgesetzt.

·         Die Waldumbauflächen auf diesen Fichten- und Buchenstandorten müssten auf 95.000 Hektar jährlich vervierfacht werden, um die Umgestaltung bis 2050 abzuschließen.

·         Bleiben die Umbaumaßnahmen auf dem bisher niedrigen Niveau (22.000 Hektar jährlich von 2000 bis 2017), zieht sich die Umgestaltung bis ins nächste Jahrhundert hin. Dann ist zu befürchten, dass Waldschäden und deren Beseitigung weiterhin die Debatten um den Wald prägen.

Allein die Wiederbewaldung der Schadflächen ist eine enorme Herausforderung für die Waldbesitzenden. Eine noch größere Herausforderung stellt jedoch der langfristige Umbau der durch den Klimawandel besonders gefährdeten Fichtenbestände in den unteren und mittleren Mittelgebirgslagen Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens, Sachsen-Anhalts, Hessens, Thüringens, Sachsens und Bayerns dar. Bei den Buchen hat das Thünen-Institut deutlich kleinteiliger verteilte Risikogebiete ermittelt. Sie befinden sich insbesondere in den kalkreichen Mittelgebirgen der Fränkischen und Schwäbischen Alb, auf Muschelkalkstandorten Thüringens und Hessens und im Weserbergland. Aber auch Tieflandstandorte sind zum Teil betroffen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass der geschätzte erforderliche Kapitalbedarf, allein für den notwendigen Umbau von Waldstandorten mit führender Baumart Fichte und Buche, von 14 bis 43 Mrd. Euro über die nächsten 30 Jahre sich nur mit Unterstützung von Bund und Ländern schultern lasse.

Der DStGB setzt sich für eine Verstetigung der Finanzhilfen von Bund und Ländern bis mindestens 2030, eine Weiterentwicklung der Waldförderpolitik sowie die Schaffung eines zweiten Standbeines für Forstbetriebe durch die Honorierung von Ökosystemleistungen der Wälder ein. Vor allem aber fordert er verlässliche politische Rahmenbedingungen und eine ideologiefreie Waldpolitik, die Ökologie und Ökonomie zusammenführt, statt sie gegeneinander auszuspielen.

 

 

Az.: 26.1-006/003 gr

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