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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 605/2003 vom 23.07.2003
§ 50 Abs. 4 TKG nichtig
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 07.01.1999 eine von zahlreichen Kommunen eingereichte Verfassungsbeschwerde unter Hinweis auf eine bereits erfolgte Klärung der aufgeworfenen Fragen nicht zur Entscheidung angenommen hatte, hat es nun auf einen Antrag des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg mit Urteil vom 15. Juli 2003 § 50 Abs. 4 TKG für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. Die Regelung über die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung in § 50 Abs. 4 TKG verstoße gegen Art. 30 in Verbindung mit Art. 86, Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG.
Das Normenkontrollverfahren betraf die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 50 Abs. 4 TKG, welche die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung zur Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien, die die Verkehrswege nutzen, vom Wegebaulastträger auf die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post verlagert, sofern der Wegebaulastträger selbst als Lizenznehmer auf dem Telekommunikationsmarkt tätig oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zusammengeschlossen ist.
Zusammengefaßt begründet der Zweite Senat seine Entscheidung wie folgt:
Nach dem für die deutsche bundesstaatliche Ordnung grundlegenden Verfassungsrechtssatz des Art. 30 GG seien die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung treffe oder zuließe.
Als eine andere Regelung in diesem Sinne könne die Entscheidung über die Zustimmung zur Benutzung öffentlicher Wege für die Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien zu den Hoheitsaufgaben des Bundes im Bereich der Telekommunikation im Sinne des Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG gehören.
In § 50 Abs. 3 TKG gehe der Gesetzgeber aber von einem eher engen Verständnis des Begriffs "Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation" aus. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Verwaltung jedenfalls der Landes- und Gemeindestraßen grundsätzlich Sache der Länder und Kommunen sei, überträgt er die Entscheidungen über die Zustimmung zur Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien den jeweiligen Wegebaulastträgern. Im Einklang auch mit Art. 30 GG erkläre der Gesetzgeber die Länder und Kommunen ganz überwiegend für zuständig für solche Entscheidungen und ordne diese prinzipiell dem Bereich der Straßenverwaltung zu.
An dieser Grundentscheidung müsse er sich festhalten lassen. Allein das Hinzutreten eines weiteren Beteiligten und das hierdurch potentiell entstehende Konkurrenzverhältnis zwischen Lizenznehmern und dem die Zustimmung erteilenden Wegebaulastträger rechtfertigten es nicht, in § 50 Abs. 4 TKG dem Bund die volle Entscheidungskompetenz für "die Zustimmungserteilung nach Absatz 3" zu übertragen. Das im Wesentlichen gleichartige Verfahren der Zustimmung zur Verlegung neuer oder zur Änderung vorhandener Telekommunikationslinien könne nicht zugleich einerseits - im Fall des § 50 Abs. 3 TKG - dem Bereich der Straßenverwaltung zugerechnet werden und andererseits - in § 50 Abs. 4 TKG - nicht dem Bereich der Straßenverwaltung, sondern dem Bereich der Telekommunikation im Sinne des Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG. Regele der Gesetzgeber die Zustimmungsentscheidung als eine grundsätzlich den Ländern zustehende, könne er der Regulierungsbehörde des Bundes im Einklang mit Art. 30 in Verbindung mit den Art. 86, Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG nur noch ein auf spezifisch telekommunikationsrechtliche Fragen begrenztes Mitentscheidungsrecht einräumen, nicht aber das alle Aspekte der Zustimmung umfassende Alleinentscheidungsrecht.Die zu prüfende Regelung begründe die verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Gefahr des Eindringens des Bundes in die den Ländern vorbehaltenen Verwaltungsbereiche.
Nach dieser Entscheidung des BVerfG liegt also die Zuständigkeit für die Ausführung des Telekommunikationsgesetzes gemäß Art. 30, Art. 83 GG grundsätzlich bei den Ländern. Für eine Kompetenzverlagerung zu Gunsten des Bundes enthält § 50 Abs. 4 TKG keine rechtliche Grundlage, die mit Art. 30 GG in Einklang steht; die Vorschrift ist - im Zusammenhang mit § 50 Abs. 3 TKG - widersprüchlich und deshalb verfassungswidrig.
Gleichzeitig kommt das BVerfG zu dem Ergebnis, dass der Wettbewerbsschutz, den § 50 Abs. 4 TKG garantieren sollte, auch durch eine Landesbehörde garantiert werden könne. Es bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber im Rahmen der anstehenden Novellierung des Telekommunikationsgesetzes auf diese Entscheidung reagieren wird.
Az.: III/2 460 - 18