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Mitteilungen - Verband Intern
StGB NRW-Mitteilung 222/1998 vom 05.05.1998
70. Sitzung des Jugend-, Gesundheits- und Sozialausschusses
Am 17. März 1998 fand auf Einladung von Beigeordnetem Dr. Backherms die 70. Sitzung des Jugend-, Gesundheits- und Sozialausschusses des NWStGB in Dorsten unter der Leitung von Stadtdirektor Moenikes, Emsdetten, statt.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Zahn, der den Sitzungsteilnehmern die wesentlichen Strukturelemente der Stadt Dorsten mit ihren rd. 82.000 Einwohnern vorstellte, berichtete zunächst Hauptreferent Gerbrand zum Thema "Novellierung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder". Er wies darauf hin, daß in den letzten Monaten zahlreiche Gespräche im Rahmen eines Arbeitskreises von Ministerium, Landesjugendämtern sowie Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen und der kommunalen Spitzenverbände stattgefunden hätten.
In der Sitzung des Arbeitskreises habe Minister Dr. Horstmann am 9.3.1998 den Versuch unternommen, hinsichtlich der künftigen Finanzierung der Kindergärten einen Kompromiß zu erzielen. Zu diesem Zweck sei allen Beteiligten im Anschluß an diese Sitzung ein Eckpunktepapier mit der Möglichkeit der Rückäußerung innerhalb weniger Stunden zugesandt worden. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände habe daraufhin unverzüglich mitgeteilt, daß eine Zustimmung zu diesen Eckpunkten nicht in vollem Umfange erfolgen könne. Dennoch sei der Minister am nächsten Tag in der Presse dahingehend zitiert worden, daß nunmehr der Durchbruch für die künftige Finanzierung der Kindergärten in Nordrhein-Westfalen gelungen sei. Angesichts der Vorbehalte der kommunalen Seite könne hiervon allerdings nicht gesprochen werden. Man sei nun bemüht, erneut das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen, um eine angemessene Berücksichtigung der kommunalen Belange in der weiteren Diskussion zur GTK-Novellierung sicherzustellen.
In der anschließenden Diskussion bestand Einigkeit, daß nunmehr ein tragfähiger Kompromiß gefunden werden müsse, um eine Novellierung des GTK voranzutreiben. Inhaltlich sei es erforderlich, daß die Gesetzesänderung auch bei den Kommunen zu nennenswerten Einsparpotentialen führe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilungen vom 05.04.1998 (Ziff. 172) verwiesen.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt berichtete Beigeordneter Giesen, Geschäftsstelle, über die Weiterentwicklung des Landesjugendplans. Generell werde eine zeitgemäße Überarbeitung des Plans im kommunalen Raum unterstützt. Mit Sorge sähen allerdings eine Reihe insbesondere in ländlichen Regionen gelegener Kommunen die Auswirkungen der geplanten Umschichtungen auf den Bereich der offenen Formen und Einrichtungen der Jugendarbeit. Anders als in den Ballungsräumen ergäben sich hier für die Träger möglicherweise größere Schwierigkeiten, Kompensationsmöglichkeiten aus der Projektförderung für die neuen Schwerpunkte zu erreichen. Auf besonderes Interesse stoße der Vorschlag eines sog. qualitativen Wirksamkeitsdialogs, in dessen Rahmen mit den Landesjugendämtern und den Zusammenschlüssen der Träger der freien Jugendhilfe Zielvereinbarungen abgeschlossen sowie anschließend durch ein Dialogverfahren überprüft werden sollten. Nach einer intensiven Diskussion unterstützten die Mitglieder des Ausschusses die Einschätzungen der Geschäftsstelle und betonte die Notwendigkeit einer Neuausrichtung des Landesjugendplans. Der Bedarf der Jugendlichen und ihrer besonderen Problemlagen müßten Ausgangspunkt für die Angebote der Träger sein, eine Bestandsgarantie im rechtlichen Sinne könne es kaum geben. Der Ausschuß faßte folgenden Beschluß:
1. Auf der Grundlage der bisherigen Beratungsergebnisse unterstreicht der Ausschuß die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Landesjugendplans NRW und unterstützt die Absicht der Landesregierung, den im Anschluß an die Verbändegespräche überarbeiteten Landesjugendplan zum 1.1.1999 umzusetzen.
2. Der Ausschuß weist darauf hin, daß die Städte und Gemeinden keinerlei Substitution oder Kompensation der Fördermittel vornehmen können, die im Zuge der Umschichtung bzw. der Neustrukturierung der Förderschwerpunkte ggf. bei etablierten Trägern der Jugendarbeit entfallen.
3. Von der Überarbeitung der Förderrichtlinien erwartet der Ausschuß eine spürbare Vereinfachung im Verfahren, praxisorientierte Anforderungen an die Antragsbegründung inbesondere bei kleineren Förderbeträgen und wo immer möglich zusätzliche Pauschalierungen.
4. Der Ausschuß regt an, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Ministerium, Landesjugendämtern, freien Trägern und kommunalen Spitzenverbänden die geltenden Förderrichtlinien entsprechend zu überarbeiten."
Zum Tagesordnungspunkt "Zuständigkeitsverlagerungen im Bereich der Sozialhilfe" berichtete 1. Beigeordneter Uedelhoven, Troisdorf, einleitend über die Arbeit der Projektgruppe zum Kienbaum-Gutachten zur Zuständigkeitsverlagerung im Bereich der Sozialhilfe, in der er den Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund vertreten hat.
Dem Verband bislang lediglich der Entwurf eines Schlußberichts vor, zu dem die Geschäftsstelle entsprechend dem Diskussionsstand Stellung genommen habe. Der Schlußbericht des überarbeitungsbedürftigen Gutachtens solle in der 2. Märzhälfte dem MAGS zugehen und nach Abstimmung mit dem Innenministerium auch dem Kabinett zugeleitet werden. Bei den Ausführungen und Vorschlägen zur Zuständigkeitsverlagerung von Aufgaben der Kreise als örtliche Träger der Sozialhilfe auf die kreisangehörigen Kommunen bestehe eine hohe Übereinstimmung mit den Verbandspositionen.
Beigeordneter Giesen erläuterte ergänzend den Gang der Beratungen im Bundesrat sowie im Landtag NW zur Bundesratsinitiative vom 5.2.98 zum Entwurf eines Zuständigkeitslockerungsgesetzes und ging dabei auch auf die Ausblendung der seitens des Bundesratsinnenausschusses zunächst vorgesehenen Regelungen zur Änderung des KJHG ein. Dabei verdeutlichte er den strategischen Ansatz der Geschäftsstelle, zunächst eine sachliche Diskussion zur Zielrichtung einer Verbandsforderung zur Änderung von Zuständigkeiten im Bereich der §§ 96, 100 BSHG anzustoßen und im Anschluß entsprechende Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Bei realistischer Betrachtung könne davon ausgegangen werden, daß eine formelle Zuständigkeitsverlagerung ohne einen tragfähigen Finanzierungsmodus und ohne ggfls. erforderliche Härtefallregelungen nicht in Betracht komme.
Erste Erfahrungen aus Beteiligungsmodellen und Zielvereinbarungen seien bei einer Gesamtbewertung eindeutig positiv, insbesondere der Themenbereich Hilfe zur Arbeit sei von den Städten und Gemeinden intensiver und mit meßbaren Erfolgen bearbeitet worden. Die Geschäftsstelle werde deshalb in der ersten Junihälfte 1998 ein Fachseminar zur Schnittstelle Sozialhilfe/Beschäftigungspolitik anbieten. Der Ausschuß faßte sodann folgenden Beschluß, der inzwischen volle Zustimmung auch in der Sitzung des Präsidiums am 24. März 1998 fand:
1. Der Ausschuß begrüßt die Bundesratsinitiative für ein Zuständigkeitslockerungsgesetz mit dem Ziel einer Beförderung der Verwaltungsstrukturreform in den Ländern. Er erwartet von Bundesregierung und Deutschem Bundestag insbesondere die Unterstützung des vorgeschlagenen Länderrechtsvorbehalts zu § 96 BSHG, damit die Landesebene über die Verlagerung der Zuständigkeit als örtlicher Träger der Sozialhilfe von den Kreisen auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden entscheiden kann.
2. Der Ausschuß bekräftigt seine Forderung nach einer Übertragung der Aufgaben- und Finanzverantwortung bei der allgemeinen Sozialhilfe auf die kreisangehörigen Kommunen, die in diesem Bereich im Wege der Delegation bereits ganz weitgehend die ordnungsgemäße Durchführung sicherstellen.
Unabdingbare Voraussetzung der ggfls. schrittweise erfolgenden Zuständigkeitsverlagerung sind jedoch funktionierende Ausgleichsmaßnahmen im Hinblick auf die damit verbundenen Lastenverschiebungen. Ausdrücklich verweist der Ausschuß auf die Verbandsforderung zur Regelung eines umfassenden Sozialhilfeansatzes im Gemeindefinanzierungsgesetz und erklärt die Bereitschaft zur Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe von Land und kommunalen Spitzenverbänden, die baldmöglichst alternative Finanzierungsmodelle vorlegt.
3. Im Vorfeld einer formellen Zuständigkeitsverlagerung bei der allgemeinen Sozialhilfe empfiehlt es sich aus Sicht des Ausschusses angesichts überwiegend positiver Erfahrungen mit einer gemeindlichen Beteiligung am Sozialhilfeaufwand, den Ansatz partnerschaftlich entwickelter Modelle auf Kreisebene weiter zu verbreitern. Die diskutierte Änderung des BSHG-Ausführungsgesetzes NW zur rechtlichen Absicherung von Beteiligungsmodellen und zur Festlegung abgestufter Beteiligungsquoten sollte allerdings bis zur Entscheidung über das Zuständigkeitsverlagerungsgesetz zurückgestellt werden.
4. Keine zeitliche Verbindung sieht der Ausschuß zwischen der Verlagerung von Sozialhilfeaufgaben von den Kreisen auf die kreisangehörigen Kommunen und einer zukünftigen Übertragung von bisherigen Aufgaben der Landschaftsverbände auf die Kreise bei der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen oder der Eingliederungshilfe für Behinderte.
Aus Verbandssicht kann eine Entscheidung über Zuständigkeitsänderungen im Rahmen von § 100 BSHG nach Vorlage tragfähiger Finanzierungskonzepte unter Berücksichtigung der Rechnungsergebnisse 1998 und 1999 zur Pflegeversicherung im Jahr 2000 getroffen werden.
Dabei ist denkbar, daß in einer ersten Stufe die stationäre/teilstationäre Hilfe zur Pflege für Personen ab 65 Jahre auf die Kreise und kreisfreien Städte herabgezont wird und erst aufgrund von Erfahrungen aus dieser Phase die Übertragung der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen auch für jüngere Personen sowie der Eingliederungshilfe erfolgt."
Im Zentrum der weiteren Diskussion des Ausschusses standen Überlegungen zur Übernahme von Leistungsentgelten in Einrichtungen der Jugendhilfe. Hierzu führt Hauptreferent Gerbrand, Geschäftsstelle aus, daß seit 1996 eine Deckelung der Pflegesätze in der Jugendhilfe bestehe, d.h. daß der Anstieg der Pflegesätze in den Jahren 1996 bis 1998 auf max. 1 % begrenzt sei. In der Praxis bestehe eine große Übereinstimmung sowohl zwischen Leistungs- als auch Kostenträgern, daß die Vorschrift des § 77 SGB VIII durch eine neue gesetzliche Regelung Ende 1998 abgelöst werden sollte. Zur Vorbereitung auf diese Gesetzesänderung hätten die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, die Landesjugendämter und die kommunalen Spitzenverbände NW in einer kleinen Arbeitsgruppe Entwürfe für einen Rahmenvertrag für die Übernahme von Leistungsentgelten in Einrichtungen der Jugendhilfe und die Bildung einer Entgeltkommission erstellt. Der Rahmenvertrag sei entwickelt worden, um für den Bereich der Jugendhilfe die bisherige Pflegesatzvereinbarung zu ersetzen.
Entsprechend dem Vorschlag der Geschäftsstelle faßte der Ausschuß folgenden Beschluß:
- Der Ausschuß nimmt die Entwürfe eines Rahmenvertrages für die Übernahme von Leistungsentgelten in Einrichtungen der Jugendhilfe sowie eines Vorschlags zur Bildung einer Entgeltkommission zur Kenntnis und beauftragt die Geschäftsstelle, die Verhandlungen entsprechend dem Diskussionsergebnis weiterzuführen.
- Der Ausschuß hält eine Beratung im Präsidium für angezeigt, sobald die Gesetzgebungsarbeiten insbesondere zu §§ 78 a - g SGB VIII vor dem Abschluß stehen.
Die kommende Sitzung des Ausschusses wird voraussichtlich am 9. September 1998 stattfinden.
Az.: III/2 N 11