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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 129/2001 vom 20.02.2001
Abbau von Bundeswehrstandorten
Das Bundesverteidigungsministerium hat am 29.1.2001 eine Liste der im Zuge der Streitkräftereform zu schließenden bzw. zu reduzierenden Standorte veröffentlicht.
Das Konzept sieht vor, den Umfang von 40 Standorten wesentlich zu reduzieren. 39 Großstandorte sollen geschlossen werden. Die endgültige Entscheidung über die genaue Anzahl der zu schließenden Liegenschaften stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest. Die Zahl der Kleinststandorte mit bis zu 50 Dienstposten soll von heute 166 auf insgesamt 74 verringert werden. Dabei werden 20 Standorte geschlossen. Hinzu kommen 77 Gemeinden in der Bundesrepublik, in denen weiterhin Soldaten und zivile Mitarbeiter der Bundeswehr Dienst leisten werden, deren Dienststellen ihre Eigenständigkeit verlieren. Hierzu zählen etwa Wehrdienstberater, Güteprüfstellen und Verbindungskommandos.
Für Nordrhein-Wesfalen sieht das Konzept folgende Standortverkleinerungen vor:
- Augustdorf: von 4.115 auf 2.750 Dienstposten
- Coesfeld: von 1.860 auf 1.330 Dienstposten
- Dülmen: von 1969 auf 400 Dienstposten
- Essen: von 670 auf 90 Dienstposten
- Rheine: von 2.903 auf 1.660 Dienstposten
- Siegen: von 240 auf 55 Dienstposten.
Folgende Standorte (ohne Kleinst-Standorte) sollen danach geschlossen werden:
- Goch (519 wegfallende Dienstposten)
- Hörstel (1.468)
- Holzwickede (116)
- Lennestadt (111)
- Waldbröl (150)
- Willich (54)
- Wuppertal (1.264).
Der Städte- und Gemeindebund NRW hat in einer Presseerklärung als erster Reaktion erklärt, er akzeptiere die Strukturreform bei der Bundeswehr als Konsequenz der Entwicklungen in der Deutschland- und Europapolitik der zurückliegenden 15 Jahre. Jedoch sei der Verband nicht davon überzeugt, daß der notwendige Abwägungsprozeß zwischen militärischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten die sozial- und strukturpolitischen Erwägungen in dem erforderlichen Umfang stattgefunden hat. Die Schließung von Bundeswehrstandorten betrifft nämlich in Nordrhein-Westfalen entgegen den vorherigen Aussagen des Ministeriums fast ausschließlich Städte und Gemeinden im ländlichen Raum.
Eine nähere Prüfung des Ressortkonzept-Entwurfs "Die Bundeswehr der Zukunft - Feinausplanung und Stationierung" bestätigt diese erste Bewertung. Das Konzept basiert im wesentlichen auf drei Säulen: Es soll investiert werden in die Menschen und ihre Fähigkeiten, in die Ausrüstung und ihre Leistungsfähigkeit sowie in die Wirtschaftlichkeit und Effizienz von Beschaffung und Betrieb. Wirtschaftliches Denken und Handeln wird dabei auf allen Ebenen zu einer Führungsmaxime in der Bundeswehr; verbunden mit der Einführung moderner Managementmethoden sollen dadurch erhebliche Effektivitätssteigerungen und Kostensenkungen ermöglicht werden.
Den Menschen als dem größten Kapital in der Bundeswehr sollen fundierte Ausbildungsmöglichkeiten, ein attraktiver Arbeitsplatz, interessante berufliche Perspektiven und eine angemessene Entlohnung geboten werden. Für die Stationierungsentscheidungen ist daher von großer Bedeutung, wie ein nach Quantität und Qualität ausreichender Nachwuchs für die Bundeswehr gewonnen werden kann. Wichtige Bestimmungsgrößen dafür sind die Attraktivität von Standorten, die Akzeptanz der Bundeswehr in den Regionen und das Aufkommen an künftigen Wehrpflichtigen. Insgesamt wird angestrebt, eine möglichst große Präsenz in der Fläche zu erhalten.
Nach dem Wortlaut des Konzeptes wird demgegenüber nur "soweit möglich" auf die Vorstellungen der Bundesländer und Kommunen zur Raumordnung Rücksicht genommen. Zur Stützung dieser Aussage verweist das Verteidigungsministerium darauf, daß bei rein wirtschaftlicher Betrachtung eine weit höhere Anzahl von Standorten hätte geschlossen werden müssen.
Die Aspekte Wirtschaftlichkeit und Attraktivität des Arbeitsplatzes Bundeswehr genießen demgegenüber aber weitaus höhere Priorität. So heißt es in dem Konzept wörtlich: "Für die Attraktivität des Arbeitsplatzes Bundeswehr maßgeblich ist die Akzeptanz der Standorte durch die Soldaten und zivilen Mitarbeiter sowie ihre Familienangehörigen. Sie ist vornehmlich von den schulischen und beruflichen Angeboten, dem Freizeit- und dem Wohnwert sowie den Lebenshaltungskosten vor Ort abhängig." In einer Besprechung zwischen Staatssekretär Kolbow, Verteidigungsministerium, und Mitgliedern des DStGB-Arbeitskreises "Garnisonen" am 8.2.2001 in Berlin teilte Erstgenannter zudem mit, daß die Standorte auch für die Lebenspartner Arbeitsplätze bereithalten müßten. Die - hier nicht vollzählig aufgezählten - Anforderungen der Bundeswehr an zukünftige Standorte werden von vielen kleineren Gemeinden in peripheren Räumen kaum zu erfüllen sein.
Der Städte- und Gemeindebund NRW hat die betroffenen Standortkommunen bei ihren Gesprächen mit dem Bundesverteidigungsministerium unterstützt und dabei die Auffassung vertreten, Standortentscheidungen müßten strukturpolitisch verträglich sein; die Bundeswehr müsse auch weiterhin der Fläche präsent bleiben. Die Standortgemeinden haben nach Auffassung des StGB ein Anrecht auf Zukunftssicherheit der Standortentscheidung. Planungssicherheit ist notwendige Voraussetzung für den Erhalt sozialer, schulischer und kultureller Angebote sowie sonstiger Infrastruktureinrichtungen.
In diesem Zusammenhang kommt einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Gemeinde zur Weiterentwicklung freifallender Liegenschaften eine besondere Bedeutung zu. Der StGB NRW verlangt einen verbindlichen Zeitplan für die Auflösung von Standorten sowie Perspektiven für mögliche Umorganisation und Nachfolgenutzungen. Zum anderen wird auch das Land aufgefordert, die unmittelbar betroffenen Konversionskommunen im Rahmen seiner strukturpolitischen Ziele - wie schon bei den bisher erfolgten Standortreduzierungen - zu unterstützen. Im letzten Jahrzehnt wurde den Kommunen in NRW mit fast 1,4 Mrd. DM bei der Bewältigung des abrüstungsbedingten Strukturwandels geholfen. Darüber hinaus wurden zwischen Landesregierung, den betroffenen Kommunen und dem Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) ein Beratungs- und Kommunikationsnetzwerk "Konversion" initiiert, mit dessen Hilfe auch die jetzt zu erwartenden Konsequenzen der Standortschließungen angegangen werden müsse.
Das Verteidigungsministerium hat den betroffenen Kommunen direkt durch Einzelgespräche wie auch durch Teilnahme an Kongressen wie dem vom Deutschen Städte- und Gemeindebund am 14.2.2001 in Rheine veranstalteten Gelegegenheit gegeben, die vor Ort entstehenden Probleme darzustellen. Modifikationen in der Feinplanung seien innerhalb der Ländergrenzen noch möglich.
Az.: III/1 155 - 60