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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 220/2002 vom 05.04.2002
Abfälle aus Drogerie-Märkten
Verschiedene Städte und Gemeinden haben die Geschäftsstelle darüber informiert, daß sich die Drogerie-Kette Schlecker darauf beruft, sie müsse kein Restmüllgefäß der Städte und Gemeinden mehr in Benutzung nehmen, weil in den Schlecker-Märkten nur "Abfälle zur Verwertung" anfallen würden. Die Geschäftsstelle weist hierzu auf folgendes hin:
Zunächst ist festzuhalten, daß in Nordrhein-Westfalen nicht festgestellt werden kann, daß Schlecker-Märkte nicht mehr an die kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen der Gemeinden angeschlossen sind. Die von der Firma Schlecker über ihre Rechtanwälte vorgelegten Sortieranalysen im Hinblick auf die Abfälle in Schlecker-Märkten in Hamburg und Würzberg belegen auch nicht, daß "Abfälle zur Beseitigung" in diesen Märkten nicht mehr anfallen. Vielmehr wird lediglich dokumentiert, daß durchschnittlich 92 % 94 % der Abfälle verwertbar sind. Es geht im übrigen nicht darum, daß Verwertungsabfälle zur Beseitigung der jeweiligen Gemeinde überlassen werden müssen. Denn es steht außer Frage, daß die Firma Schlecker nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nur "Abfälle zur Beseitigung" an die abfallentsorgungspflichtigen Gemeinden überlassen muß. Für "Abfälle zur Verwertung" besteht hingegen keine Abfallüberlassungspflicht.
Zu den vorgelegten Sortieranalysen kann im wesentlichen folgendes angemerkt werden: Insgesamt ergibt sich z.B. aus der Sortieranalyse des Instituts für Umweltschutz und Qualitätssicherung Dr. Krengel GmbH (März 1999, S. 16), daß immerhin nach dem Ergebnis der durchgeführten Sortier- und Siebanalyse der nicht verwertungsfähige Anteil an Abfällen in Hamburger Schlecker-Märkten rd. 4 % beträgt bzw. 17 kg von einer Gesamtprobemenge von 439 kg nicht verwertungsfähiger Abfall und damit "Abfall zur Beseitigung" war. Selbst wenn diese Sortieranalyse aus Hamburger Schlecker-Märkten für den Schlecker-Markt in der jeweiligen Stadt/Gemeinde zugrunde gelegt wird, so fallen unstreitig "Abfälle zur Beseitigung" an, die nicht verwertbar sind. Im übrigen ist bereits fraglich, ob die Sortieranalyse aus Hamburg überhaupt für den Schlecker-Markt in der konkreten Gemeinde anerkannt werden kann, weil es grundsätzlich darum geht, die Abfallzusammensetzung der anfallenden Abfälle auf dem Grundstück zu überprüfen, welches an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung in der konkreten Gemeinde angeschlossen ist. Das gleiche gilt für die Sortieranalyse für die Schlecker-Märkte in der Stadt Würzbürg. Auch aus dieser Sortieranalyse der Firma Fischer & Söhne GmbH (S. 22) ergibt sich, daß ca. 10 Gewichtsprozent Sortierreste sind und damit "Abfall zur Beseitigung" anfällt.
Weiterhin ist unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2000 fraglich, ob und inwieweit die Firma Schlecker ggf. gegen Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft und hier insbesondere gegen die Trennungspflichten in § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG für "Abfälle zur Verwertung" untereinander und gegen § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG für "Abfälle zur Beseitigung" untereinander verstößt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 15.06.2000 ausdrücklich ausgeführt, daß bei der Vermischung von Abfällen nicht gegen die Grundpflichten im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG) verstoßen werden darf. Hierzu gehört insbesondere, daß nach § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG Abfälle zur Verwertung untereinander nicht vermischt werden dürfen, wenn dadurch die Verwertung zunichte gemacht wird. Hieraus kann auch die Schlußfolgerung gezogen werden, daß "Abfälle zur Beseitigung" nicht mit "Abfällen zur Verwertung" vermischt werden dürfen, wenn hierdurch die Verwertung von Abfällen zunichte gemacht wird.
Vor diesem Hintergrund ist mehr als fraglich, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung noch sichergestellt ist, wenn u.a. Zigarettenreste, nasse Kaffeefilter, gebrauchte Hygieneartikel des Schlecker-Personals - wie z.B. benutzte Damenbinden und Tampons - mit Abfällen zur Verwertung zusammengeworfen werden. Hinzu kommt, daß in den Schlecker-Märkten bekannterweise auch Lebensmittel verkauft werden. Es z.B. unklar, was mit Lebensmitteln passiert, deren Mindest-Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Hierzu treffen die vorgelegten Sortierungsanalysen insgesamt keine Aussage. Ob und wie eine Verwertung erfolgt, wird nicht detailliert bezogen auf den Schlecke-Markt in der jeweiligen Gemeinde dargestellt. Ausgehend hiervon empfiehlt sich, die Firma Schlecker bei Vortrag ihres Ansinnes, kein Restmüllgefäß der Gemeinde mehr benutzen zu müssen, zur ergänzenden Erläuterung mit folgenden Eckpunkten aufzufordern:
a) Es fallen nach den vorgelegten Sortieranalysen unstreitig in den Schlecker-Märkten und damit auch in dem Schlecker-Markt in der konkreten Gemeinde nicht verwertungsfähige "Abfälle zur Beseitigung" an, die grundsätzlich nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG an die Gemeinde überlassen werden müssen (z.B. benutzte Damenbinden, Tampons, Zigarettenkippen und Zigarettenreste, überfällige Lebensmittel usw.). Die Abfallüberlassungspflicht für "Abfälle zur Beseitigung", die mit "Abfällen zur Verwertung" in einem Abfallgefäß vermischt werden, entfällt nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2000 nur dann, wenn gegen die Grundpflichten der Kreislauf- und Abfallwirtschaft in § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG und § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht verstoßen wird und auch keine Etikettenschwindelei vorliegt. Letzteres dürfte aufgrund der Sortieranalyse wohl nicht anzunehmen sein, zumal 94 % bzw. 92 % Abfall zur Verwertung ist. Dennoch sollte die Fa. Schlecker aufgefordert werden, detailliert und schlüssig darzulegen, daß durch das wahllose Vermischen von "Abfällen zur Beseitigung" und "Abfällen zur Verwertung" eine Verwertung der Abfälle nicht ausgeschlossen wird. Dieses gilt insbesondere für benutzte Hygiene-Artikel (Damenbinden, Tampons) und überfällige Lebensmittel. In diesem Zusammenhang kann durch die Gemeinde auch darauf hingewiesen werden, daß eine Drogerie-Markt-Kette, die u.a. Hygieneartikel verkauft, in der Öffentlichkeit keinen guten Eindruck hinterläßt, wenn sie gebrauchte Hygieneartikel der Mitarbeiter aus dem Toilettenbereich wie z.B. gebrauchte Damenbinden und Tampons in ekelerregender Weise mit "Abfällen zur Verwertung" vermischt anstatt sie als "Abfall zur Beseitigung" ordentlich über ein Restmüllgefäß der Gemeinde zu entsorgen.
b) Weiterhin ist der konkrete Entsorgungsbetrieb zu benennen, welchem die in dem Schlecker-Markt in der jeweiligen Gemeinde anfallenden "Abfälle zur Verwertung" übergeben werden. Zusätzlich ist eine schlüssige und nachvollziehbare Darlegung der Fa. Schlecker erforderlich, wie die angefallenen "Abfälle zur Verwertung" aus dem Schlecker-Markt in der jeweilgen Gemeinde verwertet werden. Wird eine stoffliche oder energetische Verwertung durchgeführt und werden z.B. die gesetzlichen Anforderungen eingehalten (z.B. ordnungsgemäße und schadlose stoffliche Verwertung, Erfüllung der gesetzlichen Mindest-Voraussetzungen für die energetische Verwertung in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 4 KrW-/AbfG). Dieses ist durch konkrete Verwertungsnachweise bezogen auf die Abfälle aus dem Schlecker-Markt in der jeweiligen Gemeinde zu dokumentieren. Hierzu gehört auch die Vorlage einer Heizwertanalyse im Hinblick auf § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG bei einer ggf. durchgeführten energetischen Verwertung. Denn eine energetische Verwertung von Abfällen ist nach der bislang bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung nur zulässig, wenn alle Abfälle in einem Abfallcontainer über 11.000 kJ pro Kilogramm an Heizwert enthalten (so: OVG NRW, Beschluß vom 25.06.1998 - Az. 20 B 1424/97 -, NVwZ 1998, S. 1207, 1208; OVG Lüneburg, Beschluß v. 06.05.1998 - Az. 7 N 3055/97 -, NVwZ 1998, S. 1202, 1203).
Ergänzend wird darauf hingeweisen, daß der Geschäftsstelle bekannt ist, daß die Firma Schlecker in Gemeinden ihr Ansinnen nicht mehr weiterverfolgt hat, wenn die vorstehenden Fragen zur Beantwortung gestellt worden sind.
Az.: II/2 31-02-05