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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 552/1996 vom 20.11.1996
Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG
In jüngster Vergangenheit sind wieder Meinungsäußerungen laut geworden, wonach es privaten Haushaltungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz auch erlaubt sein soll, Dritten (z.B. privaten Entsorgungsunternehmen), die nicht im Auftrag der Stadt/Gemeinde tätig sind, "Abfälle zur Verwertung" zu übergeben. Bereits in einem Vermerk vom 27.06.1995 war das Bundesumweltministerium dieser Ansicht entgegengetreten und hatte klargestellt, daß eine solche Überlassung von Abfällen durch private Haushaltungen an Dritte durch § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nicht zugelassen wird, weil dort nur die sogenannte "Eigenverwertung" von Abfällen geregelt sei.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat sich deshalb mit Schreiben vom 30.09.1996 sowohl an den Vorsitzenden der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall als auch an die Innenministerkonferenz der Bundesländer gewandt und in diesem Schreiben zum Ausdruck gebracht, daß eine Überlassung von Abfällen an Dritte durch § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift unzulässig ist. Gleichzeitig ist darauf hingewiesen worden, daß bei einer anderen Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG das in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte kommunale Entsorgungsprinzip nicht mehr aufrecht erhalten werden kann und mit weiteren erheblichen Gebührensteigerungen im Bereich der kommunalen Abfallentsorgung zu rechnen ist. Die entsprechenden Anschreiben sowie der Vermerk des Bundesumweltministeriums vom 27.06.1995 sind den Mitgliedstädten und -gemeinden mit Schnellbrief vom 18. Oktober 1996 zur Kenntnis gegeben worden.
Im einzelnen ist in diesen Anschreiben zum Regelungsverständnis des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG folgendes ausgeführt worden:
"Würde den privaten Haushaltungen gestattet, ihre Abfälle zur Verwertung an Dritte, insbesondere private Entsorgungsunternehmen, zu übergeben, so wäre ein ausreichender Nutzergrad für die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung auf Dauer nicht mehr sichergestellt. Die zwangsläufige Folge wäre, daß aufgrund eines geringeren Nutzergrades bei den kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen die Abfallgebühren für die verbleibenden Nutzer weiter drastisch ansteigen würden. Dies führt im Endergebnis dazu, daß die kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen nicht mehr finanzierbar sind und daher von den Kommunen aufgegeben werden müßten (vgl. dazu auch Bayerischer VGH, NVwZ-RR 1995, Seite 603 ff., Seite 604).
Nach unserer Auffassung kann grundsätzlich nur der Nachweis einer Eigenverwertung von Abfällen auf dem an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstück (z.B. im Falle der praktizierten Eigenkompostierung) eine Ausnahme vom Anschluß- und Benutzungszwang herbeiführen. Denn § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz KrW-/AbfG normiert seinem Wortlaut nach ausdrücklich, daß "sie", also die privaten Haushaltungen selbst und keine (beauftragten) Dritten, zu einer Verwertung der Abfälle in der Lage sein müssen (vgl. hierzu auch die Begründung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 12/7240 und 12/7284, wo der Begriff "Eigenverwertung" verwendet wird).
Nur durch ein solches Verständnis der Regelungssystematik in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG kann außerdem sichergestellt werden, daß die kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen auch zukünftig ihren Sinn und Zweck erfüllen können. Dieser bestand und besteht darin, durch eine geordnete Abfallentsorgung Seuchen zu verhindern und hygienische Zustände auf dem Gebiet der kommunalen Gebietskörperschaft aufrechtzuerhalten. Vor diesem Hintergrund kann die in § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz KrW-/AbfG enthaltene Einschränkung der tatsächlich durchgeführten Eigenverwertung von Abfällen nur dahin verstanden werden, daß der private Haushalt die Eigenverwertung auf dem eigenen Grundstück praktizieren muß, das an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossen ist. Ein Beispiel hierfür ist die Eigenkompostierung von organischen Abfällen. Dieses Beispiel wird auch in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.09.1993 ausdrücklich genannt (vgl. BT-Drs. 12/5672). Ein "privater Mülltourismus" durch eine Eigenverbringung der Abfälle an andere Orte oder Übergabe an Dritte, z.B. an private Abfallentsorungsunternehmen, die unabhängig von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern in eigener Regie tätig werden, ist vor diesem Hintergrund als unzulässig anzusehen (vgl. dazu Arzt in: Gaßner/Versmann, Neuordnung kommunaler Aufgaben im KrW-/AbfG, 1996, S. 33 ff.; Schink, DÖV 1995, S. 881, S. 882 f.; Hölscher ZUR 1995, S. 176 ff., S. 179; Queitsch, UPR 1995, S. 412 ff., 416). Denn andernfalls würde das in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip als Ordnungsprinzip zum Schutze der Volksgesundheit ausgehöhlt und der Sinn und Zweck des Anschluß- und Benutzungszwanges an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung leerlaufen, weil jeder Abfallbesitzer seine Abfälle auf beliebige und damit nicht mehr kontrollierbare Weise entsorgen könnte (vgl. hierzu BVerwG DVBl. 1981, S. 985 ff., S. 986 und BVerwG DÖV 1981, S. 917 ff., S. 919, wonach private Abfallentsorgungsunternehmen nicht in eigener Regie und für eigene Rechnung, d.h. ohne Drittbeauftragung im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 2 AbfG, solche Abfälle einsammeln und befördern dürfen, die der grundsätzlichen Beseitigungspflicht der abfallentsorgungspflichtigen Kommunen unterliegen; vgl. im übrigen zum Sinn und Zweck des Anschluß- und Benutzungszwanges an die kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen: BVerwG, Urteil vom 09.07.1992 - 7 C 21.91 - S. 11 ff.; OVG NW, Urteil vom 21.05.1990 - 22 A 1102/89 -, S. 6; VGH Mannheim BGWZ 1982, S. 521 ff., S. 522; VGH Mannheim KStZ 1984, S. 213 ff., S. 214; OVG Lüneburg NJW 1983, S. 411 ff., S. 412 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 28.07.1994 - 7 K 3277/93 - Mitt. NWStGB 1995, S. 143 ff.; OVG NW, Beschluß vom 17.11.1994, - 22 A 438/94 -; VG Minden, Urteil vom 02.12.1993 - 9 K 1581/93 -).
Eine solche generelle Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsprinzips liegt der Regelungssystematik der §§ 13 - 18 KrW-/AbfG erkennbar nicht zugrunde. Vielmehr schreibt § 15 Satz 1 Abs. 1 KrW-/AbfG das bestehende öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip ausdrücklich fest, in dem er bestimmt, daß die entsorgungspflichtigen Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen zu entsorgen haben. Dabei korrespondiert § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG mit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG verankerten Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushaltungen. Eine Beauftragung Dritter nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG durch private Haushaltungen ist dabei allein deshalb vorgesehen, weil in § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG von den "zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten" die Rede ist, die Dritte beauftragen können. Zu diesem Kreis der "zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten" gehören die privaten Haushaltungen nicht. Denn § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nimmt die privaten Haushaltungen durch die Aufhebung der Pflicht zur Abfallverwertung (§ 5 Abs. 2 KrW-/AbfG) und der Pflicht zur Abfallbeseitigung (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG) ausdrücklich aus diesem Kreis heraus. Im übrigen gelten auch die §§ 17 und 18 KrW-/AbfG erkennbar nicht, weil die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen nicht genannt sind.
Schließlich ist in § 13 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 3 KrW-/AbfG ausdrücklich geregelt, in welchen Ausnahmefällen und unter welchen Voraussetzungen private Haushaltungen ihre Abfälle an Dritte überlassen dürfen. Auch aus § 13 Abs. 2 KrW-/AbfG folgt insoweit nichts anderes. Denn § 13 Abs. 2 KrW-/AbfG beinhaltet den Regelungskreis der Übertragung der Pflicht zur Abfallbeseitigung gemäß § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 KrW-/AbfG. Diesem Regelungskreis unterfallen die privaten Haushaltungen schon nach dem Wortlaut dieser Vorschriften nicht."
Az.: 31-02/31-10 qu/sb