Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 242/1997 vom 05.05.1997

Abfallüberlassungspflichten

Im Hinblick auf die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushaltungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG werden zwischenzeitlich unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob die privaten Haushaltungen ihre "Abfälle zur Verwertung" auch an Dritte abgeben können, die nicht im Auftrag der Kommune tätig sind (vgl. hierzu auch die Mitteilungen des NWStGB 1996, lfd. Nr. 552, S. 396 ff.; 1997, lfd. Nr. 76, S. 50 f. und 1997, lfd. Nr. 110, S. 75 ff.). Die kommunalen Spitzenverbände und die überwiegende Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur vertreten die Auffassung, daß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG es den privaten Haushaltungen nicht erlaubt, "Abfälle zur Verwertung" an Dritte abzugeben, weil in dieser Vorschrift nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte nur die sog. Eigenverwertung durch die privaten Haushaltungen selbst geregelt ist (vgl. hierzu: Arzt in: Gaßner-Versmann, Neuord-nung kommunaler Aufgaben im KrW-/AbfG, 1996, S. 33 ff.; S. 34 f.; Schink, DÖV 1995, S. 881, S. 882 f. und ZG 1996, S. 97 ff., S. 114 f.; Schink in : Brandt/Ruchay/Weidemann, Kommentar zum KrW-/AbfG, § 15 Rz.73; Hölscher ZUR 1995, S. 176 ff., S. 179; Fritsch, Das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, München 1996, Rz. 277, 345, 349; Queitsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Ergänzungsband, Köln 1996, S. 27 ff.; S. 29; Bleicher, Die neue Verwaltung 1997, S.9ff., S.11f. ; Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, "Merkblatt zum KrW-/AbfG" - Dezember 1996 - S. 1 f., versandt durch den NWStGB mit Schnellbrief vom 22.1.1997). Demgegenüber wird von einer Mindermeinung vertreten, daß die privaten Haushaltungen ihre "Abfälle zur Verwertung" auch jedem beliebigen Dritten überlassen können (vgl. Fluck, KrW-/AbfG, Kommentar, § 13 Randziffer 82; Weidemann in Brand/Ruchay/Weidemann, Kommentar, § 13 Rz. 68 f.; ähnlich auch wohl: Frenz, KrW-/AbfG, Kommentar, § 13 Rz.10). Auch das Bundes-umweltministerium hat sich zwischenzeitlich in einem Schreiben an die Länderarbeitsgemein-schaft Abfall (LAGA) der vorstehenden Mindermeinung angeschlossen. Gleichzeitig hat das Bundesumweltministerium jedoch darauf hingewiesen, daß diese Rechtsfrage in der Länder-arbeitsgemeinschaft Abfall nochmals beraten werden soll. Das Bundesumweltministerium hat in seinem Anschreiben vom 14. Januar 1997 an den Vorsitzenden der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall seine Auffassung wie folgt begründet:

"... Nach meiner Auffassung ermöglicht § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz KrW-/AbfG privaten Haushaltungen, auch Dritte mit der Verwertung ihrer Abfälle zu beauftragen. Nach dieser Vorschrift besteht eine Überlassungspflicht für Abfälle zur Verwertung nur, soweit die privaten Haushaltungen zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Eine Einschränkung auf die bloße "Eigenverwertung" ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. Vielmehr läßt sich aus der Parallelvorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG für Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen sogar das Gegenteil folgern, da nach dieser Vorschrift ausdrücklich eine Ausnahme von den Überlassungspflichten nur besteht, soweit diese Abfälle "in eigenen Anlagen" des Abfallerzeugers beseitigt werden. Eine Beschränkung der Beauftragung Dritter für die Verwertung von Abfällen aus privaten Haushaltungen läßt sich auch aus gesetzessystematischen Erwägungen nicht herleiten. Die in § 15 Abs. 1 KrW./AbfG normierte Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die in ihrem Gebiet angeffallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu verwerten bzw. zu beseitigen, nimmt gerade Bezug auf die von den jeweiligen Abfallbesitzern "überlassenen" Abfälle und damit auf die Reichweite und Grenzen der Überlassungspflicht. Auch § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, der den "zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten" die Beauftragung Dritter zur Erfüllung ihrer Pflichten erlaubt, kann von den Besitzern von Abfällen aus privaten Haushaltungen in Anspruch genommen werden. Diese unterliegen der Verwertungspflicht des § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG und den daraus folgenden Anforderungen, soweit sie eine Verwertung ihrer Abfälle "beabsichtigen" (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG), in gleicher Weise wie Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen.

Auch der immer wieder angeführte Umkehrschluß aus § 13 KrW-/AbfG vermag eine Einschränkung der Beauftragung Dritter nicht zu begründen. § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG bestimmt, daß Überlassungspflichten nicht für Abfälle bestehen, die durch gewerbliche oder karitative Sammlung oder im Rahmen der Produktverantwortung (Rücknahme von Altprodukten) einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Aus dieser speziellen Regelung für gewerbliche Sammlungen wird zu Unrecht geschlossen, daß diese die Verwertung durch Dritte abschließend regele. Adressaten des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG sind jedoch nur die gewerblichen oder karitativen Sammler oder Rücknahmepflichtigen, nicht aber die privaten Haushaltungen. Im übrigen wird nicht berücksichtigt, daß der private Haushalt Abfälle zur Verwertung nicht nur an gewerbliche Sammler oder die sonstigen in Abs. 3 genannten Personen, sondern auch an sonstige Dritte oder Verwertungsunternehmen weitergeben kann, die nicht von § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG erfaßt werden. Die Regelung des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG behält dabei durchaus einen Sinn: Soweit die Weitergabe von Abfällen an den Adressatenkreis des § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG erfolgt, sind die dort genannten spezialgesetzlichen Anforderungen einzuhalten. Danach hat der gewerbliche Sammler nachzuweisen, daß die Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Der Sammlung dürfen darüber hinaus überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach meiner Auffassung entspricht diese Auslegung der Zielsetzung des § 13 KrW-/AbfG, Überlassungspflichten an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Verhältnis zum bisher geltenden Abfallgesetz nicht auszuweiten, sondern ausreichende Möglichkeiten zur verursachergerechten Erfüllung der Pflichten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zur Verfügung zu stellen. Die vorliegende Auslegung der Überlassungspflicht führt auch nicht zu einer Einschränkung der kommunalen Entsorgungsverantwortung gegenüber dem bislang geltenden Abfallgesetz. Es ist nämlich zu beachten, daß die in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG erfaßten Abfälle zur Verwertung nach dem bisherigen Abfallgesetz - mangels eines entsprechenden Entledigungswillens des Abfallbesitzers - rechtlich betrachtet keine Abfälle im Sinne des AbfG waren. Diese Stoffe unterlagen insoweit auch keiner Andienungs- und Überlassungspflicht. Daher war es selbstverständlich, daß die Besitzer dieser Stoffe für deren Verwertung auch Dritte beauftragen konnten.

Ich betone, daß der private Abfallbesitzer wie auch der von ihm bauftragte Dritte selbstverständlich der Verpflichtung unterliegen, die Abfälle gem. § 5 Abs. 2 Krw-/AbfG ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten. Dies ist von der Behörde zu überwachen; das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz stellt hierfür ein ausreichendes Instrumentarium sowohl den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern als auch den nach Landesrecht zuständigen Überwachungsbehörden zur Verfügung.

Abschließend weise ich darauf hin, daß es sich bei dem zitierten Vermerk des Referates WA II 2 vom 27. Juni 1995, der eine etwas andere Interpretation nahe legt, um eine erste orientierende Auslegung der zuständigen Fachreferate handelte, die lediglich als interne Diskussionsgrundlage dienen sollte. Wie Sie sehen, ist die Diskussion jedoch auch im Lichte der unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu den Andienungs- und Überlassungspflichten weitergeführt worden und hat zu neuen Ergebnissen geführt.

Ich halte es daher für erforderlich, die von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände aufgeworfene Rechtsfrage im Abfallrechtsausschuß erneut zu beraten. "

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat gegenüber der Länderarbeits-gemeinschaft Abfall hierauf mit Schreibem vom 12.3.1997 wie folgt nochmals Stellung genommen:

"...Die kommunalen Spitzenverbände und die beiden Fachverbände VKS und VKU lehnen die Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums ab, weil sie zu einer massiven Gefährdung des kommunalen Entsorgungsprinzips führt, das in § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ausdrücklich verankert worden ist. Die Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums hat insbesondere die praktische Konsequenz, daß der Benutzergrad der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtungen erheblich reduziert wird, was zwangsläufig weitere Gebührensteigerungen zur Folge haben wird. Dies gilt insbesondere für kommunale Systeme zur Erfassung von Abfällen zur Verwertung. Die kommunale Abfallentsorgung stünde mithin dann endgültig zur Disposition. Im übrigen entspricht die Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums auch nicht der überwiegenden Auffassung in der rechtswissenschaftlichen Literatur (vgl. Arzt in: Gaßner/Versmann, Neuordnung kommunaler Aufgaben im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 1996, S. 33 f, s. 34 f., Schink DÖV 1995, S. 811, S. 882 f. und ZG 1996, S. 97, S. 114 f., Schink in: Brandt/Ruchay/Weidemann, Kommentar zum KrW-/AbfG, § 15 Rz. 73; Hölscher ZUR 1995, S. 176 ff., S. 179, Fritsch, Das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, München 1996, Rz. 277, 345, 349; Queitsch, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Ergänzungsband, Köln 1996, S. 27 ff., S. 29).

Wir halten vor diesem Hintergrund an unserer Rechtsauffassung fest, die wir bereits in unserem Schreiben vom 30.09.1996 an den Vorsitzenden der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall zum Ausdruck gebracht haben. Nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG haben die privaten Haushaltungen danach grundsätzlich alle Abfälle zu überlassen, es sei denn, die Abfälle zur Verwertung werden durch die privaten Haushaltungen selbst auf dem an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstücke ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG verwertet. Bei dieser Eigenverwertung kann es sich beispielsweise um die Eigenkompostierung von organischen Abfällen handeln. Keinesfalls wird den privaten Haushaltungen die Möglichkeit eröffnet, unabhängig von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern etwa durch private Verträge mit Dritten ihre Abfälle zur Verwertung zu entsorgen. Hiergegen spricht insbesondere der Regelungsgehalt des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG. Dort ist ausdrücklich bestimmt worden, unter welchen Voraussetzungen eine Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushaltungen gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nicht besteht und eine Abgabe von Abfällen zur Verwertung an Dritte zulässig ist.

Wir bitten, die vorstehenden Gesichtspunkte bei der Beratung in der LAGA zu berücksichtigen. Selbstverständlich sind wir gerne bereit, Ihnen unsere Auffassungen in einem

vertiefenden Fachgespräch zu erläutern."

Die Geschäftsstelle empfiehlt den Mitgliedsstädten und -gemeinden auch weiterhin entsprechend der überwiegenden Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu vertreten, daß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG eine Ausnahme von der Abfallüberlas-sungspflicht nur dann zuläßt, wenn die privaten Haushaltungen selbst eine Eigenverwertung von Abfällen durchführen. Diese Rechtsauffassung hat das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft in seinem Merkblatt zum KrW-/AbfG (Dezember 1996) ausdrücklich zum Ausdruck gebracht. Die Geschäftsstelle wird über das Ergebnis der Beratungen in der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall berichten.

Az.: NW IV/2 31-02 qu/mu

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