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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 382/2000 vom 05.07.2000
Abfallwirtschaftsplan für Abfälle aus Kläranlagen
Der Geschäftsstelle ist bekanntgeworden, daß das Umweltministerium Überlegungen anstellt, nach § 29 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz und § 17 Landesabfallgesetz einen landesweiten Abfallwirtschaftsplan für Abfälle aus Kläranlagen, insbesondere für Klärschlämme aufzustellen. Die Folgen eines solchen zentralen Abfallwirtschaftsplans könnten u.a. darin liegen, daß bestimmt wird, welcher Entsorgungsträger vorgesehen ist und welcher Abfallbeseitigungsanlage sich die Beseitigungspflichtigen zu bedienen haben (§ 29 Abs. 1 Satz 4 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz). Aus den uns bekanntgewordenen Unterlagen ist auch zu entnehmen, daß die (landwirtschaftliche oder landbauliche) Verwertung von Klärschlamm eher negativ gesehen wird und eine Beseitigung (Verbrennung) befürwortet wird. Der Entwurf eines vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens des ifeu-Instituts Heidelberg ist bislang den sondergesetzlichen Wasserverbänden zur Kenntnis gegeben worden, aber leider noch nicht den kommunalen Spitzenverbänden. Die Geschäftsstelle hat dringend eine sofortige Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und die Überlassung der vollständigen Unterlagen gefordert. Das Schreiben des Städte- und Gemeindebunds an das Umweltministerium vom 26. Juni 2000 wird nachfolgend auszugsweise wiedergegeben:
"...
2. Ein Abfallwirtschaftsplan für Abfälle aus Kläranlagen, insbesondere für Klärschlämme, ist nach Ansicht des Städte- und Gemeindebunds nicht notwendig und auch nicht von den in § 29 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz und § 17 Landesabfallgesetz genannten Voraussetzungen gedeckt. Ein landesweiter Abfallwirtschaftsplan kann von der obersten Abfallwirtschaftsbehörde nur für solche Abfälle aufgestellt werden, für deren Entsorgung Abfallentsorgungsanlagen von überregionaler Bedeutung erforderlich sind. Die Behandlung von Klärschlämmen, die sich in der langjährigen Praxis ergeben hat, sei es die Verwertung oder die Beseitigung/Verbrennung, beweist, daß eine solche Erforderlichkeit i.S. von § 17 LWG nicht gegeben ist.
3. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Klärschlammverordnung des Bundes die Verwertung von Klärschlämmen abschließend regelt. Überlegungen, daß Klärschlämme, die die Grenzwerte der Klärschlammverordnung einhalten und deshalb als "Abfall zur Verwertung" anzusehen sind, nicht der Abfallverwertung zugeführt werden, stehen daher mit dem bundesrechtlichen Instrumentarium der Entsorgung von Abfällen nicht im Einklang. Es kann daher in einem landesweiten Abfallwirtschaftsplan etwa nicht bestimmt werden, daß nur 30 % der insgesamt 100 % verwertbaren Klärschlämme in die landwirtschaftliche oder landbauliche Verwertung gehen und die restlichen 70 % an Klärschlämmen nicht diesen Verwertungsweg beschreiten können, obwohl sie den Grenzwerten der Klärschlammverordnung des Bundes entsprechen. Auch § 4 a Abs. 2 LAbfG NRW bietet in diesem Zusammenhang keine Rechtsgrundlage. Denn mit der Klärschlammverordnung des Bundes ist ein klarer und gegenüber dem Landesrecht vorrangiger Abgrenzungsmaßstab zwischen verwertbarem und nicht verwertbarem Klärschlamm abschließend vorgegeben worden. Ebenso sind Transportdistanzen im Rahmen der Verwertung von Klärschlämmen nach geltendem Recht nicht von Relevanz, zumal es für "Abfälle zur Verwertung" keinen "Grundsatz der ortsnahen Verwertung" gibt . Daneben ist auch zu berücksichtigen, daß die Verwertung von Klärschlämmen z.Zt. für 60 bis 80 DM pro Tonne erfolgen kann, so daß insoweit auch die Pflicht zur Abfallverwertung nach § 5 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz anzunehmen ist und insbesondere auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Abfallverwertung grundsätzlich nicht in Frage steht.
Es wird daher begrüßt, daß in der Koalitionsvereinbarung (S. 35) festgehalten worden ist, Abgrenzungsmaßstab für die Verwertung von Klärschlämmen sei abschließend die Klärschlammverordnung des Bundes. Hierdurch wird zugleich deutlich, daß auch etwaige Werte, die zur Zeit auf der Ebene der Europäischen Union diskutiert werden, keine Geltung beanspruchen können, weil es keine Vorwirkung von noch nicht erlassenen Rechtsvorschriften gibt.
4. Besonders negativ ist uns an dem uns vorliegenden Teil des ifeu-Entwurfs aufgefallen, daß dort in keiner Weise auf die Auswirkungen auf die Abwassergebühren eingegangen wird. Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen hat immer wieder darauf hingewiesen, daß bei allen Regelungen eine Gebührenverträglichkeitsprüfung unverzichtbar ist. Vor diesem Hintergrund würde eine Realisierung des Entwurfs für die Bürgerinnen und Bürger, die Abwassergebühren zu zahlen haben, sehr wahrscheinlich massive zusätzliche Belastungen bringen, zumal nicht erkennbar ist, daß eine anderweitige Entsorgung von Klärschlämmen für einen Preis von 60 bis 80 DM/Tonne erreichbar ist. Wir weisen in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich darauf hin, daß angesichts der ständigen Diskussion über die Höhe der Entsorgungsgebühren eine Gebührenverträglichkeitsprüfung dringend und unerläßlich ist. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß eine Verbrennung oder Deponierung von Klärschlamm für einen Preis von 60 bis 80 DM/Tonne nicht erreichbar ist, sondern die Kosten hierfür bei mehreren 100 DM/Tonne liegen würden.
Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Landesregierung bestrebt ist, die Gebührenschraube nach oben zu drehen, obwohl die Entsorgung von Abfällen aus Kläranlagen in Nordrhein-Westfalen im Einklang mit der Klärschlammverordnung des Bundes funktioniert und daher die Erforderlichkeit für eine Tätigwerden über einen speziellen Abfallwirtschaftsplan nicht zu erkennen ist."
Az.: II