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StGB NRW-Mitteilung 292/2021 vom 11.05.2021
Abrechnung einer Sondervertragskunden-Konzessionsabgabe durch den Netzbetreiber
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hat eine wichtige Entscheidung zur Bemessung der Konzessionsabgabe getroffen: Die Abrechnung der niedrigeren Sondervertragskunden-Konzessionsabgabe durch den Netzbetreiber anstelle der höheren Tarifkunden-Abgabe erfordert, dass es sich bei den in der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) genannten Schwellenwerten um Größen handelt, die für die Entgeltberechnung gemessen werden. Maßgeblich ist nach der Entscheidung nur die Leistungsmessung durch den Energieversorger.
Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 KAV gelten Stromlieferungen aus dem Niederspannungsnetz (bis 1 kV) konzessionsabgabenrechtlich als Lieferungen an Tarifkunden, es sei denn, die gemessene Leistung des Kunden überschreitet in mindestens zwei Monaten des Abrechnungsjahres 30 kW und der Jahresverbrauch beträgt mehr als 30.000 kWh. Nach dem Schleswig-Holsteinischen OLG muss die Leistungsmessung dabei vom Energieversorger selbst vorgenommen werden. Das Gericht stützt sich dabei auf die zum Zeitpunkt des Erlasses der KAV formulierte Bedingung, dass der integrierte Energieversorger die abzurechnende Leistung selbst misst. Im zu entscheidenden Fall fehlte es an der Erfüllung dieser Vorgabe, weil ein Dritter wie z. B. ein Netznutzer bzw. dessen Kunde die Messung vorgenommen hatte.
Das Gericht führt aus, dass diese Rechtsauffassung sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe. Sollte jeder beliebige Nachweis der tatsächlichen Abnahme oberhalb der beiden Grenzwerte ausreichen, so hätte es genügt zu formulieren, dass „die Leistung (die Grenzwerte) überschreitet“; des Wortes „gemessene (Leistung)“ hätte es dann nicht bedurft. Auch aus dem Umstand, dass die Regelungen der KAV das Verhältnis zwischen dem Netzbetreiber und der Gemeinde betreffen, folge zwanglos, dass Grundlage der Abrechnung der Konzessionsabgaben in diesem Verhältnis die historisch dem Energieversorger obliegenden Messungen sein sollen.
Dies ergebe sich auch aus der Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der KAV. Wenn es heiße, dass die Leistungs- und Mengengrenze nur anzuwenden ist, wenn die vom Kunden beanspruchte Leistung ohnehin gemessen wird (H. vom Senat), und – im unmittelbar nachfolgenden Satz –, dass dabei [...] die vom Versorgungsunternehmen angewendete Leistungsmessung entscheidend (ist), so verdeutliche das, dass der Verordnungsgeber nichts anderes als die vom Versorgungsunternehmen in seiner Verantwortung und für seine Zwecke vorgenommene Leistungsmessung gemeint – und das eben auch in der Vorschrift zum Ausdruck gebracht – habe.
Für nicht durchgreifend erachtet der Senat den Hinweis darauf, dass nach der Liberalisierung des Messstellenbetriebs die Messung nicht mehr notwendig durch den Netzbetreiber selbst zu erfolgen hat. Aufgrund der Änderung der Rahmenbedingungen (zunächst §§ 21b ff. EnWG, jetzt §§ 5,6 MsbG, denen zufolge ggf. auch ein Dritter die Messung vornehmen darf, die er dem Netzbetreiber zu melden hat) könne der Vorschrift des KAV kein anderer Gehalt beigemessen werden, als er sich aus dem wohlverstandenen Wortlaut und der Intention des Verordnungsgebers ergebe.
Anmerkung
Die Entscheidung ist grundsätzlich zu begrüßen, sichert sie doch das Konzessionsabgabenaufkommen der Gemeinden. Allerdings offenbart sich auch sehr deutlich, dass die KAV von 1992 immer wieder zu schwierigen Auslegungsfragen führt, weil sich der Rechtsrahmen für die Energieversorgung seitdem grundlegend verändert hat, die Systematik der KAV dagegen weitgehend gleich geblieben ist. Die kommunalen Spitzenverbände setzen sich deshalb für eine Novellierung der KAV ein, die diese systematischen Brüche künftig verhindert und zugleich das Aufkommen der Gemeinden langfristig absichert. In Abstimmung mit den Landesverbänden hat der DStGB hierzu ein Positionspapier veröffentlicht, das konkrete Vorschläge für die künftige Bemessung der Abgabe macht. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das OLG die Zulassung der Revision in der Sache abgelehnt hat. Zur Begründung führt es aus:
„Es besteht weder ein hinreichendes Interesse der Allgemeinheit noch sind in genügendem Maße unterschiedliche Auffassungen zu erkennen. Dass es, wie die Klägerin mit Bezug auf einen Aufsatz von Germer (Versorgungswirtschaft 2020, Anlage BK 9) geltend macht, „landauf landab seit Jahren Streit zwischen Netzbetreibern und ihren Kunden“ über diese Frage gäbe, ist nicht gut damit vereinbar, dass die Anzahl der darüber geführten Rechtsstreitigkeiten bislang sehr überschaubar ist – außer dem zwischen den Parteien diskutierten Fall des Landgerichts Hannover (Urteil vom 24. Januar 2019, 74 O 49/18, Anlage B 6) und der hier angefochtenen Entscheidung sind keine Rechtsstreitigkeiten ersichtlich. Auch die unterschiedliche Praxis sehr vereinzelter Netzbetreiber – die Klägerin nennt unter Bezug auf die Anlage BK 8 drei Netzbetreiber, die ihrer Auffassung entsprechend abrechnen, und zwei, die das nicht tun, vermag die Annahme eines Interesses der Allgemeinheit nicht zu tragen; vielmehr kommt es in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen ständig vor, dass bestimmte Dinge unterschiedlich gehandhabt werden, und in Anbetracht der sehr überschaubaren Beträge, um die es bei der vorliegenden Frage geht, drängt sich ein Bedürfnis nach einer Vereinheitlichung keineswegs auf.“
Der Beschluss des OLG Schleswig-Holstein vom 26.01.2021 hat das Aktenzeichen Az.: 16 U 125/20.
Az.: 28.7.1-006/002 we