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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 420/1996 vom 20.08.1996
Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes
Ende Mai 1996 ist der Geschäftsstelle durch das Bundesumweltministerium ein nicht ressortabgestimmter Entwurf zur Änderung des BNatSchG zugeleitet worden. Die Geschäftsstelle hat gemeinsam mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden zu diesem Entwurf unter dem 18.06.1996 eine vorläufige Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet. Nach der Anhörung beim Bundesumweltministerium am 24.06.1996 ist diese Stellungnahme nochmals mit Schreiben der Bundesvereinigung vom 27.06.1996 ergänzt worden. Die Bundesvereinigung hat sich insbesondere vorbehalten, zu einem ressortabgestimmten Entwurf ergänzend Stellung zu nehmen und darauf hingewiesen, daß die kostenmäßigen Auswirkungen des novellierten Gesetzes auf die Kommunen durch das Bundesumweltministerium nicht verifiziert worden sind. Zum letzteren Punkt ist in der Anhörung am 24.06.1996 durch das Bundesumweltministerium erklärt worden, daß nach den Prüfungen des Bundesumweltministeriums keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Kommunen zu erwarten seien.
Insbesondere ist zu dem nicht ressortabgestimmten Entwurf zur Änderung des BNatSchG folgendes vorgetragen worden:
1. Zu § 5 (Vertragliche Vereinbarungen)
Das in § 5 geregelte Instrument des sog. vertraglichen Naturschutzes ist grundsätzlich zu begrüßen. Gleichwohl ist im BNatSchG als Rahmengesetz konkreter vorzugeben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein sogenannter vertraglicher Naturschutz in Betracht gezogen werden kann. Dabei sollte die "Sollbestimmung" in § 5 Satz 1 in eine "Kannbestimmung" umgewandelt werden, um die Vollzugsbehörden nicht auf den Automatismus der Verfolgung von Naturschutzzielen durch vertragliche Vereinbarungen festzulegen. Dabei ist zu beachten, daß ein Naturschutz mittels Verwaltungsakt zumindest Drittwirkung entfaltet und der Verwaltungsakt zugleich Vollstreckungstitel ist, was beim Vertragsnaturschutz grundsätzlich nicht der Fall ist. In Anknüpfung hieran sollte in § 5 Satz 2 des Entwurfes deshalb geregelt werden, daß vertragliche Vereinbarungen dann Verwaltungsakten vorgezogen werden können, wenn sie dem Zweck in gleicher Weise dienen und nicht zu einer Verzögerung der Maßnahmen führen, d.h. es ist in das Ermessen der Behörde zu stellen, welchen Weg sie im konkreten Einzelfall beschreitet.
2. Zu § 6 (Grünflächen der öffentlichen Hand)
Es ist begrüßt worden, daß der Bund davon Abstand genommen hat, Bewirtschaftungsgrundsätze für Grundflächen der Gemeinden und Gemeindeverbände im BNatSchG zu treffen. Es ist aber abgelehnt worden, daß der Bund die Bundesländer in § 6 Abs.2 des Entwurfs verpflichtet , für die Grundflächen der Gemeinden und Gemeindeverbände Vorschriften zur Bewirtschaftung zu erlassen. Es sollte jedem Bundesland freigestellt bleiben, ob entsprechende Vorschriften erlassen werden. Eine gesetzlichen Vorgabe im BNatSchG bedarf es insoweit nicht.
3. Zu § 17 (Eingriffe in Natur und Landschaft)
Der Eingriffsbegriff in § 17 des Entwurfes ist zu präzisieren. Dazu bietet sich ein Positiv- und Negativkatalog an, wie er in den landesrechtlichen Regelungen wie z.B. in § 4 Abs.2 und Abs.3 LG NW vorzufinden ist.
In einem solchen Positiv- und Negativkatalog sollte insbesondere geregelt werden, daß Maßnahmen, die dem unmittelbar dem Umweltschutz dienen, nicht als Eingriff in Natur und Landschaft angesehen werden. Hierunter sind insbesondere die Verlegung von Entsorgungsleitungen wie z.B. Kanalleitungen sowie die Errichtung von Kläranlagen zu verstehen, die die Kommune mit dem Ziel einer umweltverträglichen Abwasserbeseitigung zum Schutze der Umwelt errichtet. Auch der Bau und die Errichtung von Regenrückhaltebecken ist in diesem Zusammenhang einzuordnen. Es ist nicht sachgerecht, Maßnahmen, die unmittelbar dem Umweltschutz dienen als Eingriffe in Natur und Landschaft einzustufen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Qualifikation als Eingriff in Natur und Landschaft die Durchführung dieser Umweltschutzmaßnahmen unnötig verteuert, was als kontraproduktiv für den Umweltschutz anzusehen ist.
4. Zu § 18 Abs. 5 (Vermeidung, Ausgleich, Unzulässigkeit von Eingriffen)
Die Regelung in § 18 Abs. 5 ist als nicht ausreichend anzusehen. In § 18 Abs.5 sollte das Rechtsinstitut des sogenannten "Öko-Kontos" geschaffen werden. Es reicht nicht aus, wenn in der Begründung zum § 18 Abs. 5 ausgeführt wird, daß durch diese Vorschrift den Ländern die Möglichkeit eröffnet wird, das sogenannte "Öko-Konto" einzuführen. Vielmehr sollte das BNatSchG als Rahmengesetz genutzt werden, um die Eckpunkte eines sogenannten "Öko-Kontos" festzulegen.
Das Institut des sogenannten "Öko-Kontos" kann insbesondere dazu beitragen, daß effektiv Maßnahmen im Naturschutz ergriffen werden können. Insbesondere können Kommunen durch die Einführung des sogenannten "Öko-Kontos" dazu angehalten werden, Maßnahmen im Naturschutz konzentriert und effektiv in bestimmten Teilen des Gemeindegebietes durchzuführen. Die Anrechnung dieser Naturschutzmaßnahmen etwa bei Eingriffen in Natur und Landschaft durch die Ausweisung neuer Bebauungsplangebiete würde in diesem Zusammenhang eine Honorierung der bereits durchgeführten Naturschutzmaßnahme der Stadt/Gemeinde darstellen.
Aus der Sicht der Mitgliedsstädte und -gemeinden ist die Einrichtung einer sog. "Öko-Konto-Regelung" insbesondere deshalb erforderlich, weil die Regelungen in den §§ 8a ff BNatSchG einen effektiven und sachgerechten Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft oftmals nur schwer ermöglichen. Dies findet seinen Grund darin, daß der Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft grundsätzlich in dem Bebauungsplangebiet getroffen werden muß, soweit nicht im Rahmen der Abwägung bei der Bauleitplanung die naturschutzrechtlichen Belange im Rahmen der Abwägung unterliegen. Es wird von den Mitgliedsstädten und -gemeinden in diesem Zusammenhang als wesentlich effektiver angesehen, wenn konzentriert auf bestimmten Flächen im Gemeindegebiet Naturschutzmaßnahmen durchgeführt werden und auf das sogenannten "Öko-Konto" verbucht werden können, um für den Fall eines notwendigen Ausgleichs bei Eingriffen in die Natur und Landschaft abgebucht zu werden.
Bei der Einrichtung eines sogenannten "Öko-Kontos" ist allerdings zu beachten , daß nicht zur Voraussetzung erhoben wird, daß Maßnahmen, die auf den sogenannten "Öko-Konto" verbucht worden sind, im unmittelbaren räumlichen Nähebereich zu dem Eingriff in Natur und Landschaft durchgeführt worden sein müssen. Denn eine solche räumliche Beschränkung führt zwangsläufig dazu, daß Naturschutzmaßnahmen wiederum auch dort realisiert werden müssen, wo sie gegebenenfalls zu einer effektiven Verbesserung des Naturhaushaltes nur in begrenztem Umfang beitragen können.
Darüber hinaus ist ein "Öko-Konto" ein "freiwilliges Sparbuch einer Stadt/Gemeinde für Naturschutzmaßnahmen", so daß keine Verpflichtung einer Stadt/Gemeinde bestehen kann, Naturschutzmaßnahmen durchzuführen, soweit hierzu keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Das "Öko-Konto" ist in diesem Zusammenhang durch freiwillige Naturschutzmaßnahmen einer Stadt/Gemeinde geprägt, wobei durch die "Abbuchungen" von dem "Öko-Konto" ein Honorierungseffekt für die freiwillig geleisteten Naturschutzmaßnahmen der Stadt/Gemeinde eintritt.
Vor diesem Hintergrund schlagen wir folgende Regelung in einem § 17 Abs. 6 (neu) vor:
"Als Ersatzmaßnahmen kommen auch freiwillige Naturschutzmaßnahmen einer Stadt/
Gemeinde auf dem Gemeindegebiet in Betracht, soweit diese zeitlich vor oder zeitnah mit dem auszugleichenden Eingriff in Natur und Landschaft durchgeführt werden und geeignet sind, den Eingriff in Natur und Landschaft auszugleichen (sogenanntes "Öko-Konto")".
5. Zu § 24 (Verhältnis zum Baurecht)
Es ist erforderlich, die Novelle zum BNatSchG zu nutzen, um eine Optimierung des Verhältnisses von Naturschutz und Baurecht herbeizuführen, zumal die Regelung des § 8a BNatSchG (zukünftig § 24 des Entwurfes) nach der Ansicht der Mitgliedsstädte und -gemeinden, oftmals einen sachgerechten Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft nur schwer herbeizuführen vermag. Dies findet insbesondere seinen Grund darin, daß in einem auszuweisenden Bebauungsplan ein sachgerechter Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft oftmals nur schwer erreicht oder überhaupt nicht werden kann. Vor diesem Hintergrund verweisen wir auf die Ausführungen zu Ziff. 4 dieser Stellungnahme, in der dargestellt worden ist, daß im BNatSchG als Rahmengesetz unbedingt eine Regelung zu einem sogenannten "Öko-Konto" Aufnahme finden sollte, weil die Einführung einer "Öko-Konto-Regelung" auch zu einer Optimierung der Regelung in § 24 des Entwurfes beitragen kann. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, daß unter Naturschutzgesichtspunkten ein Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft außerhalb einer Bebauungsplangebietes wesentlich effektiver sein kann, als ein Ausgleich innerhalb eines Bebauungsplangebietes. Im Interesse eines effektiven und nachhaltigen Naturschutzes ist vor diesem Hintergrund eine Optimierung der §§8 a ff. BNatSchG durch die Einführung einer "Öko-Konto"-Ausgleichsregelung sinnvoll. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß das OVG NW mit Urteil vom 28. Juni 1995 ( Az.: 7 a D 44/94.NE; StGRat 1995, S.394ff.) entschieden hat, in der Bauleitplanung sei über Festsetzungen zur Vermeidung, zum Ausgleich und zur ersatzweisen Kompensation von Beeinträchtigungen, die von den vom Bauleitplan ermöglichten Eingriffen in Natur und Landschaft ausgehen, abwägend zu entscheiden. Hiernach ist es nach der Rechtsprechung des OVG NW durchaus denkbar, daß die Belange des Natur und Landschaftsschutzes nach § 8 a ff. BNatSchG im Rahmen der bauleit-planungsrechtlichen Abwägung "unterliegen" können. Nach dem OVG NW führt es jedenfalls zur Nichtigkeit des Bebauungsplans, wenn der Plangeber bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes entgegen § 8 a Abs.1 Satz 1 BNatSchG davon ausgeht, daß die Festlegung von Vermeidungs-, Ausgleichs und Ersatzpflichten striktes Recht ist, die nach dem Plankonzept möglichen Maßnahmen mithin auch festgesetzt werden müssen. In Anknüpfung an diese Rechtsprechung des OVG NW könnte eine "Öko-Konto-Regelung" im BNatSchG auch Erleichterungen bei der Aufstellung von Bauleitplänen und der Durchführung des dabei erforderlichen Abwägungsprozesses herbeiführen.
Als Ergebnis der Anhörung am 24.06.1996 im Bundesumweltministerium kann folgendes festgehalten werden:
Das Bundesumweltministerium wird prüfen, ob § 5 des Entwurfes zu einer Ermessensvorschrift abgewandelt wird, d.h. es im Ermessen der Behörde steht, ob sie den Weg des Vertragsnaturschutzes oder den Weg des Naturschutzes über einen Verwaltungsakt beschreitet.
Zu dem Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände in § 17 eine Positiv- und Negativkatalog über Eingriffe in Natur und Landschaft aufzunehmen ist durch das Bundesumweltministerium darauf hingewiesen worden, daß die Bundesländer eine weitere Konkretisierung im Bundesnaturschutzgesetz ablehnen. Die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) wolle selbst einen Eingriffskatalog (Positiv-/Negativkatalog) für alle 16 Bundesländer erstellen. Außerdem sei der Bund bei der Rahmengesetzgebung aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, einen Positiv- und Negativkatalog in das Bundesnaturschutzgesetz aufzunehmen, da es sich bei dem Bundesnaturschutzgesetz lediglich um ein sog. Rahmengesetz handele. Das Bundesumweltministerium hat aber zugesagt, bei der LANA einzubringen, daß kommunale Maßnahmen, die unmittelbar dem Umweltschutz dienen, wie z.B. der Bau von Kläranlagen, Regenrückhaltebecken oder Kanalleitungen nicht als Eingriff in Natur und Landschaft gewertet werden, d.h. in einen Negativkatalog aufgenommen werden.
Zu dem Vorschlag das sog. Öko-Konto im Bundesnaturschutzgesetz zu regeln, hat das Bundesumweltministerium mitgeteilt, es zeichne sich im Rahmen der Novelle zum Baugesetzbuch die Aufnahme einer sog. Öko-Konto-Regelung auf der Ebene des Flächennutzungsplanes ab. Vor diesem Hintergrund geht die Zielrichtung des Bundesumweltminsiteriums dahin, im Bundesnaturschutzgesetz lediglich materielle Regelungen zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft mit einer Brückenregelung zum BauGB zu regeln und im BauGB die planungsrechtliche Umsetzung eines sog. Öko-Kontos einer Regelung zuzuführen. Die kommunalen Spitzenverbände haben dem entgegen- gehalten, daß auch bei Aufnahme einer Öko-Konto-Regelung im BauGB eine parallele Regelung im BNatSchG für erforderlich gehalten wird, weil das sog. Öko-Konto materiellrechtlich dem § 8a BNatSchG (zukünftig: § 24 BNatSchG) zuzuordnen ist und eine bundesrechtliche Rahmenvorgabe zum Öko-Konto der Rechtsvereinheitlichung in den Bundesländern dient.
Az.: IV/2 60-30 qu/mu