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StGB NRW-Mitteilung 388/2014 vom 05.06.2014
Anforderungen an die Bildung einer Ratsfraktion
Wegen zahlreicher Anfragen bezüglich der Anforderung an die Erlangung eines Fraktionsstatus möchten wir auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 26.02.2013, bestätigt durch Beschluss des OVG vom 19.06.2013 (15 B 279/13) hinweisen:
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW sind Fraktionen freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern oder von Mitgliedern einer Bezirksvertretung, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben. Im Rat einer kreisangehörigen Gemeinde muss eine Fraktion aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen, § 56 Abs. 1 S. 2 GO NRW. Die Fraktionen wirken gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 GO bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Vertretung mit. Aufgabe der Fraktionen ist es, abweichende Meinungen der in ihnen zusammengeschlossenen Ratsmitglieder zu einem mehrheitlich für richtig gehaltenen Standpunkt zusammenzuführen, um so durch Vorwegbildung klarer Mehrheiten die Zusammenarbeit des Rates zu erleichtern und dadurch eine zügige Bewältigung seiner Aufgaben zu ermöglichen.
Diese Bündelungs-, Koordinierungs- und Organisationsfunktion kann ein Zusammenschluss von Ratsmitgliedern nur wahrnehmen, wenn seine Mitglieder in wesentlicher Hinsicht übereinstimmende politische Überzeugungen besitzen. Eine Fraktion im Sinne des § 56 GO NRW kann daher nicht angenommen werden, wenn sich Ratsmitglieder ohne eine grundsätzliche politische Übereinstimmung allein deshalb als „technische Fraktion“ zusammenschließen, um sich z.B. bei der Zusammensetzung von Ausschüssen Vorteile zu verschaffen oder um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen.
Eine grundsätzliche politische Übereinstimmung ergibt sich nach der Rechtsprechung ohne weiteres bei einem Zusammenschluss, der aus Personen besteht, die für ein und dieselbe Partei oder Wählergruppe bei der Wahl angetreten sind. Denn aus dem Parteizusammenschluss bzw. dem mitgliedschaftlich organisierten Zusammenschluss der Wahlberechtigten zum Zwecke gemeinsamer Wahlvorschläge ergibt sich ohne Weiteres, dass der Zusammenschluss zum Zwecke möglichst gleich gerichteten Wirkens auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung erfolgt.
Ob ein gemeinsamer Zweck verfolgt werden soll, bemisst sich im Übrigen nach den Vereinbarungen im Rahmen des Zusammenschlusses und ihrer tatsächlichen Anwendung sowie den Bekundungen der Mitglieder des Zusammenschlusses, soweit sich diese Erklärungen als glaubhaft erweisen. Insbesondere reicht allein eine Übereinkunft (auf dem Papier) nicht aus, wenn aufgrund der Gesamtumstände Zweifel an dem nachhaltigen politischen Zusammenschluss bleiben. Dient der Zusammenschluss offenbar vornehmlich dem fraktionsfremden Ziel der Ratsmitglieder, ihre Rechtstellung als fraktionslose Ratsmitglieder im Stadtrat zu verbessern und eine den einzelnen Mitgliedern nicht zustehende Vergrößerung der Finanzzuwendungen und Mitwirkungsrechte herbeizuführen, ist der Fraktionsstatus nicht anzuerkennen.
Az.: I/2 020-08-56