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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 266/2013 vom 22.04.2013
Anhörung zum beschleunigten Netzausbau
In einer öffentlichen Anhörung des Bundetags-Ausschusses für Wirtschaft und Technologie haben die Übertragungsnetzbetreiber den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze begrüßt. Seitens der Netzbetreiber hieß es, dass aufgrund des gestiegenen politischen Rückhalts bei einer Vielzahl von Genehmigungsverfahren und Bautätigkeiten viele wichtige Fortschritte erzielt worden seien. Kritik an dem Gesetzentwurf kam von der Wissenschaft. Diese bezeichnete die Netzausbauplanung als einseitig von den Interessen der Stromerzeuger geprägt. Der DStGB sieht in dem vorgelegten Gesetzentwurf eine wichtige Initiative, um den Netzausbau zu beschleunigen. Der Netzausbau ist ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende.
In dem Gesetzentwurf (BT-Drucksache 17/1263) werden für insgesamt 36 Planungen für den Bau von Höchstspannungsleitungen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. Eine Rechtswegverkürzung soll zur Beschleunigung der Verfahren beitragen. Für die Realisierung der in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben werden Kosten in Höhe von schätzungsweise zehn Milliarden Euro entstehen. Dabei sind Mehrkosten für Erdkabel noch nicht berücksichtigt.
Außerdem ging es um einen vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (17/11369). Damit soll der Vorrang der Erdverkabelung beim Ausbau der Stromnetze deutlicher als bisher im Energiewirtschaftsrecht zum Ausdruck kommen (vgl. hierzu bereits DStGB Aktuell vom 1313-16 vom 28. März 2013).
Gegenstand der Anhörung waren zudem zwei Oppositionsanträge. So will die SPD-Fraktion den Netzausbau bürgerfreundlich und zukunftssicher gestalten (17/12681), und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will den Ausbau der Übertragungsnetze durch eine Deutsche Netzgesellschaft und finanzielle Bürgerbeteiligung (17/12518) voranbringen. Ob eine Bürgerbeteiligung gegen den Willen der Netzunternehmen rechtlich möglich sei, bezweifelte aber Gernot Schiller (Kanzlei Redeker Sellner Dahs).
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte die Vorlage des Gesetzentwurfs als „wichtigen Schritt zur Beschleunigung des notwendigen Netzausbaus auf der Höchstspannungsebene, der für ein Gelingen der Energiewende entscheidend ist“. Allerdings lehnte der BDEW die vom Bundesrat geforderte Freigabe der Möglichkeit zur Teil-Erdverkabelung ausdrücklich ab. Bevor über eine Ausweitung der Erdverkabelung im Bereich der Leitungen im Bereich von 380-Kilovolt (kV) entschieden werde, sollten zunächst die Erfahrungen mit den vier Pilotstrecken abgewartet werden. „Neben deutlich höheren Kosten birgt die Teil-Erdverkabelung Risiken, die die Versorgungssicherheit beeinträchtigen könnten“, warnte der BDEW.
Die Bundesnetzagentur stellte fest: „Die Erdverkabelung muss zunächst durch Pilotvorhaben erprobt werden.“ Belastbare Erkenntnisse und Erfahrungen mit einer Erdverkabelung auf der Höchstspannungsebene lägen noch nicht vor. Professor Albert Moser (RWTH Aachen University) stellte in seiner Stellungnahme zu den 380 (220) kV-Übertragungsnetzen fest, aus technischer und wirtschaftlicher Sicht seien Freileitungen beim Übertragungsnetzausbau grundsätzlich zu bevorzugen. Erdkabel würden aber von der Bevölkerung in Siedlungsräumen eher akzeptiert. Angesichts der hohen Bedeutung eines zuverlässigen und sicheren Übertragungsnetzes sollten die Erdkabel erst erprobt werden. Eine gegenteilige Auffassung vertrat die Deutsche Umwelthilfe, die die vier Pilotprojekte für nicht ausreichend ansah und forderte: „Diese Möglichkeit zur Teilverkabelung halten wir vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Diskussion um neue Höchstspannungsleitungen nicht für ausreichend.“
Mit grundsätzlicher Kritik meldete sich Professor Lorenz Jarass (Hochschule Rhein-Main Wiesbaden). Er bezeichnete Gesetzentwurf und Netzausbauplanungen als „einseitig von den Interessen der Stromerzeuger geprägt“. Der geplante weit überdimensionierte Netzausbau bedrohe die gesellschaftliche Akzeptanz des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energien und damit die Energiewende insgesamt. Als Grund für den überdimensionierten Ausbau der Netze nannte er die Interessen der Kohlekraftwerksbetreiber, Strom auch bei Starkwind ins Ausland exportieren zu können. Die Verbraucherzentrale Bundesverband zweifelte den Umfang der geplanten Netzausbaumaßnahmen an und gab in ihrer Stellungnahme den Hinweis auf Alternativen bei der Erreichung der Ausbauziele für die erneuerbaren Energien, die möglicherweise „einen geringeren, zumindest aber einen zeitlich gestreckten Netzausbau möglich machen“.
Die kommunale Seite sieht in dem vorgelegten Gesetzentwurf eine wichtig Initiative, den Netzausbau zu beschleunigen. Der Netzausbau ist ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende. Allerdings sind die Annahmen im Bereich des Übertragungsnetzausbaus auch daraufhin zu überprüfen, inwieweit mehr dezentral ausgerichtete Energiekreisläufe im Bereich der Verteilnetze den Ausbau im Bereich der Übertragungsnetze verringern können. Im Übrigen ist es aufgrund von Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber dem Netzausbau erforderlich, potenziell betroffene Gemeinden und Bürger vor der endgültigen Festlegung des konkreten Trassenverlaufs die Möglichkeit einzuräumen, auf den Verlauf Einfluss zu nehmen und sich über die Folgen des Netzausbaus zu informieren. Dabei sollten auch alle denkbaren Varianten des Netzausbaus, d. h. auch die Erd- bzw. Teilerdverkabelung als Alternative zu Freileitungen in Betracht kommen. Dafür müssen die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden.
Az.: II/3 811-00/9