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StGB NRW-Mitteilung 329/2008 vom 19.05.2008
Arbeits- und Sozialminister zur Neuorganisation des SGB II
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder haben jüngst unter dem Vorsitz des Hamburger Sozialsenators Dietrich Wersich auf einer Sonderkonferenz in Berlin folgenden Beschluss gefasst:
• Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder stellen fest, dass die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem neuen System der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die hierbei erfolgte gesetzliche Verankerung des Prinzips von Fördern und Fordern eine richtige Entscheidung war, die sich grundsätzlich bewährt hat. Im bestehenden Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit einheitlicher, zentraler Vorgaben und den andererseits erforderlichen dezentralen Entscheidungsspielräumen haben Bundesagentur für Arbeit und Kommunen dank des hohen Engagements des mit der Umsetzung des Gesetzes befassten Personals nachgewiesen, dass trotz aller Schwierigkeiten eine Zusammenarbeit beider Träger möglich ist. Soweit alle Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den zugelassenen kommunalen Trägern alleine wahrgenommen werden, sehen die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder einen Weg, der sich ebenfalls bewährt hat.
• Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Regelung des § 44 b SGB II zur Arbeitsgemeinschaft von Bundesagentur für Arbeit und kommunalen Trägern als mit der Verfassung nicht vereinbar erklärt, gibt Anlass, die künftige Organisation des SGB II auf ein zukunftssicheres rechtliches Fundament zu stellen, das folgende grundlegende Anforderungen erfüllt:
o Dem Grundgedanken, warum Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt wurden, nämlich „Hilfe aus einer Hand“ zu gewähren, ist Rechnung zu tragen.
o Die Verwaltung muss so geordnet werden, dass sie effizient, transparent und bürgerfreundlich arbeiten kann.
o Kommunen und Länder müssen auch in Zukunft eine aktive Rolle bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit spielen und die Maßnahmen vor Ort mitgestalten können. Dies ist gesetzlich zu verankern. In diesem Zusammenhang ist ein möglichst großer dezentraler Handlungsspielraum der Träger vor Ort anzustreben.
o Die Neuorganisation des SGB II darf nicht zu Finanzverschiebungen zwischen den staatlichen Ebenen und nicht zu neuen finanziellen Risiken einzelner Ebenen führen.
• Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder sind der Auffassung, dass der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegte Vorschlag zum Kooperativen Jobcenter die grundlegenden Anforderungen an eine zukunftssichere SGB II-Organisationsform nicht ausreichend erfüllt, aber in die weitere Prüfung eingezogen wird. Die Länder sehen nach wie vor sowohl in rechtlicher als auch in verwaltungspraktischer Hinsicht eine Reihe klärungsbedürftiger Fragen, die in dem Vorschlag „Kooperatives Jobcenter“ offen bleiben. In jedem Fall halten die Länder für die Einführung einer neuen Organisationsform substantielle Gesetzesänderungen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens unter Beteiligung des Bundesrates für unumgänglich.
• Ferner sind die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder der Auffassung, dass der Aufgabenvollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich weiterhin in Zusammenarbeit von Bundesagentur für Arbeit und Kommunen als Regelmodell erfolgen sollte.
Zur Erreichung der oben genannten Ziele sind folgende Varianten einer Zusammenarbeit zu prüfen:
• a) Eine am bisherigen Modell der ARGEn orientierte Lösung, die durch eine Grundgesetz-Änderung verfassungsrechtlich abzusichern wäre. In Ergänzung zu der Verfassungsänderung wären gesetzliche Anpassungen im SGB II auszuarbeiten, um u. a. einen einheitlichen Personalkörper in den Nachfolgeorganisationen der ARGEn zu ermöglichen, eine verbindliche Kooperation zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen bei der Erarbeitung der arbeitsmarktpolitischen Programme zu gewährleisten, und die Länder in die Erarbeitung der konzeptionellen Ausgestaltung der regionalen Arbeitsmarktpolitik einzubeziehen. Es bedarf darüber hinaus der Klärung der Fragen der Steuerung und Aufsicht.
• b) Eine Lösung ohne Übertragung von Aufgaben auf einen gemeinsamen Aufgabenträger.
Die Leistungsträger wären jedoch durch klare gesetzliche Regelungen zu verpflichten, so eng wie rechtlich möglich zusammenzuarbeiten nach dem Motto „So viel Entflechtung, wie verfassungsrechtlich nötig, und so viel Kooperation wie möglich“. Hierbei sind auch die Möglichkeiten einer Veränderung der bisherigen Aufgabenverteilung zu prüfen, ohne zugleich Finanzverschiebungen zu verursachen. So ist an einen Vollzug der Geldleistung (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) allein durch die Kommunen in Bundesauftragsverwaltung zu denken, während die Zuständigkeiten im Bereich der Vermittlung der flankierenden Leistungen unverändert blieben.
• Zur Frage der Entfristung und Ausweitung des bestehenden Optionsmodells (§ 6 a, 6 b SGB II) besteht zwischen den A- und B-Ländern ein Dissens.
• Außerdem sind die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder der Auffassung, dass der vom Bundesverfassungsgericht für eine gesetzliche Neuregelung bis zum 31.12.2010 eingeräumte zeitliche Rahmen auf keinen Fall ausgeschöpft werden sollte. Sie fordern den Bund auf, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung des BMAS und anderer zuständiger Bundesressorts sowie der kommunalen Spitzenverbände einzurichten. Die Arbeitsgruppe soll bis Ende Juni 2008 die erforderlichen gesetzlichen und ggf. grundgesetzlichen Anpassungen erarbeiten.
Az.: III 810-2/2