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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 719/2015 vom 12.11.2015
Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz
Das Bundesumweltministerium (BMUB) hat im Oktober 2015 einen ersten Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz (WertstoffG) vorgelegt. Dieses künftige Wertstoffgesetz soll die Verpackungsverordnung aus dem Jahr 1998 insgesamt ablösen. Der Arbeits-Entwurf kann auf der Internetseite unter www.bmub.bund.de/Themen/WasserAbfallBoden/Abfallwirtschaft/Downloads abgerufen werden. Dieser Arbeitsentwurf wird seitens der StGB NRW insgesamt abgelehnt. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen werden in Kürze zu dem Arbeitsentwurf auf der Bundeebene eine gemeinsame Stellungnahme abgeben. Der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz des Städte- und Gemeindesbundes NRW hat in seiner 125. Sitzung am 04.11.2015 in Düsseldorf einstimmig folgenden Beschluss gefasst:
„Der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz lehnt ein Wertstoffgesetz ab, mit welchem den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nicht die Organisationsverantwortung für die stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Kunststoff und Metall überantwortet wird. Die Bundesregierung, der Bundestag und die Landesregierung werden erneut aufgefordert, eine Wertstofftonne in der Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuführen. Im Vorfeld zu einem Wertstoffgesetz bzw. einer Wertstoffverordnung ist sorgfältig zu prüfen, wie eine hochwertige Verwertung insbesondere von Kunststoffen durch ein Recycling (stoffliche Verwertung) sichergestellt werden kann“.
Dieser einstimmige Beschluss ist vor folgendem Hintergrund ergangen: Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (in NRW: kreisfreie Städte und Kreise sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden für das Einsammeln und Befördern der Abfälle) haben nach § 20 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) die umfassende Abfallentsorgungspflicht für alle Abfälle aus privaten Haushaltungen sowie die Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen. In § 14 Abs. 1 KrWG wird gesetzlich vorgegeben, dass ab dem 01.01.2015 zum Zwecke eines hochwertigen Recyclings (gemeint ist damit die stoffliche Verwertung - § 3 Nr. 25 KrWG) Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle getrennt zu sammeln sind, soweit dieses technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hatte gemeinsam mit dem VKU im Vorfeld auf der Bundesebene eingefordert, den Städten und Gemeinden die Organisationsverantwortung für eine sog. Wertstofftonne (einschließlich der Einwegverpackungen) zurückzugeben. Das Bundesumweltministerium (BMUB) verweist allerdings bislang auf ein Eckpunktepapier der Regierungsfraktionen vom 12.06.2015 und hatte auch mit Schreiben vom 14.09.2015 mitgeteilt, dass eine Organisationsverantwortung der Städte und Gemeinden europarechtlich und verfassungsrechtlich als nicht vertretbar angesehen wird. Diese Position wird aber durch zwei Rechtsgutachten nicht bestätigt. Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur. Georg Hermes und Prof. Dr. jur. Sacksofky im Auftrag des Landes Baden-Württemberg (Stand: Oktober 2015) kommt zu dem Ergebnis, dass einer Organisationsverantwortung der Kommunen für die Erfassung von Einwegverpackungen sowie stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Kunst und Metall keine europarechtlichen oder (finanz-)verfassungsrechtlichen Gründe entgegenstehen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt ein weiteres Gutachten der Anwaltskanzlei GGSC aus Berlin. Im Übrigen hat das Bundesumweltministerium auch im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von gewerblichen Abfallsammlungen und dem Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beständig europarechtliche Bedenken vorgetragen, die nachträglich durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 28.08.2014 — Az.: 2 BvR 2639/09) in keiner Weise bestätigt worden sind.
Bezogen auf eine künftige Wertstofftonne ist auf der Grundlage eines Planspiels beim Umweltbundesamt im Jahr 2011 grundsätzlich festgelegt worden, dass in einer Wertstofftonne nur sog. stoffgleiche Nicht-Verpackungen (SNP) aus Metall und Kunststoff erfasst werden sollen. Hierzu gehören z. B. der Kunststoff-Wischeimer, die Kunststoff-Wurstschale, der Metallkerzenleuchter. Die Menge an stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Metall und Kunststoff wird mit maximal 7 bis 8 kg/Einwohner/Jahr veranschlagt. Bei dieser geringen Menge kommt ein eigenständiges Erfassungssystem auch aus Kostengründen regelmäßig nicht in Betracht. Deshalb sieht der Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz (Stand: Oktober 2015) vor, gewissermaßen eine „Gelbe Tonne Plus“ einzuführen, d. h. in der gelben Tonne sollen zukünftig nicht nur Einweg-Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Verbundstoffen und Metall, sondern auch die stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Metall und Kunststoff erfasst werden. Gleichzeitig sollen die Hersteller von stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Kunststoff und Metall zur Finanzierung herangezogen werden.
Die Forderung der kommunalen Spitzenverbände geht dahin, den Städten, Gemeinden und Kreisen auch die Organisationsverantwortung für die gelbe Tonne nach dem Modell der Niederlande zurückzugeben. Dort organisieren die Kommunen die Erfassung und Verwertung der gebrauchten Einwegverpackungen. Dafür erhalten sie eine Kopfpauschale pro Einwohner/Jahr von der niederländischen Zentralregierung, welche Geldmittel von den Herstellern und Vertreibern von Einweg-Verkaufsverpackungen erhebt. Das in Deutschland seit dem Jahr 1991 bestehende, rein privatwirtschaftliche „Duale System“ ist zu verwaltungs- und kostenaufwendig. Zwischenzeitlich organisieren 10 private Systembetreiber auf der Grundlage des § 6 Verpackungsverordnung ohne Mitwirkung der Kommunen die gelbe Tonne. Finanziert wird das System dadurch, dass die Hersteller und/oder Vertreiber einem der 10 Systembetreiber auf der Grundlage eines sog. Lizenzvertrages Geld dafür zahlen müssen, damit dieser die Erfassung und Verwertung der gebrauchten Einweg-Verpackungen durchführt. Die Verpackungsverordnung ist seit ihrer Neuauflage im Jahr 1998 bereits 7 mal geändert worden (in 2014 sogar zweimal), um das private Erfassungs- und Verwertungssystem für gebrauchte Einweg-Verkaufsverpackungen (auch finanziell) zu stabilisieren. Ohne die „Unterstützung der Kommunen“, die den Unmut der Bürgerinnen und Bürger regelmäßig abfangen, wäre das private System bereits mehrmals kurz vor dem Ende gewesen. Hinzu kommt, dass das Planspiel beim Umweltbundesamt im Jahr 2011 ergeben hat, dass der Inhalt der gelben Tonne vielfach energetisch verbrannt wird, wenn die stofflichen Verwertungsquoten nach der Verpackungsverordnung erreicht worden sind. Außerdem ist auch die Mehrwegquote bei den Getränken von 72 % auf mittlerweile 47,5 % (2012) zurückgegangen, so dass nach 25 Jahren Verpackungsverordnung der Erfolg mehr als fraglich ist. Auch hier sieht der Arbeitsentwurf keine zukunftsweisenden Verbesserungen vor. Vielmehr bleibt das Einwegpfand von 25 Cent pro Einwegflasche bei Getränken unverändert bestehen, ohne das Mehrwegsystem zu stabilisieren oder nachhaltig zu fördern.
Immerhin werden seit dem Jahr 1991 Einwegverpackungen aus Papier/Pappe/Karton (PPK) im Rahmen der kommunalen Altpapiererfassung (für Zeitschriften, Zeitungen, Schreibpapier usw.) in der Altpapiertonne der Stadt/Gemeinde mit erfasst. Hinzu kommt, dass die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ohnehin meint, dass die Kommunen für die gelbe Tonne zuständig seien, obwohl dies nicht so ist. Auch das ist für die Städte und Gemeinden keine komfortable Position, so dass es sinnvoll wäre, ihnen die Organisationsverantwortung zurückzugeben.
Die Geschäftsstelle wird über den weiteren Fortgang berichten.
Az.: II/2 31-02 qu-qu