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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 425/1999 vom 05.07.1999
Arbeitsintensive Dienstleistungen
Die Europäische Kommission schlägt vor, arbeitsintensive Dienstleistungen mit lokalem Charakter zur Förderung der Beschäftigung einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu unterwerfen. Die Bundesrepublik lehnt derartige Überlegungen ab.
Konkret geht es darum, den EU-Mitgliedstaaten versuchsweise zu erlauben, vom 01.01.2000 bis 31.12.2002 einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Dienstleistungen zu erheben, die vier Bedingungen erfüllen:
- Die betreffenden Dienstleistungen müssen arbeitsintensiv sein,
- sie müssen direkt an den Endverbraucher erbracht werden,
- überwiegend eine örtlich begrenzte Kundschaft aufweisen, und
- sie dürfen keine Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen.
In Frage kommen vor allem Dienstleistungen des Baugewerbes und des Handwerks. Welche Dienstleistungen begünstigt werden, legt die Kommission nicht detailliert fest. Darüber sollen die Mitgliedstaaten entscheiden. Die Mitgliedstaaten, die sich an dem Modell beteiligen möchten, werden bis zum 01.10.2002 einen Bericht über die Wirksamkeit der Maßnahmen erstellen. Die Ergebnisse der auf drei Jahre befristeten Regelung sollen genau geprüft werden, so daß die EU-Kommission im Erfolgsfall eine Verlängerung vorschlagen wird.
Die Initiative wurde von den Niederlanden gestartet. Die Befürworter gehen davon aus, daß der ermäßigte Steuersatz zu niedrigeren Preisen der Dienstleistungen und damit zu höherer Nachfrage und schließlich zu neuen Arbeitsplätzen in den steuerlich begünstigen Betrieben führt. Die Kritiker dieser Regelung weisen auf Abgrenzungsprobleme der Begünstigten von anderen Dienstleistungen hin mit der Folge eines erheblichen Kontrollaufwandes durch die Finanzverwaltung. Außerdem wird ein neues Steuerschlupfloch befürchtet, da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des ermäßigten Tarifs gestaltbar sind. Anstelle der erhofften Preisermäßigung infolge der Steuererleichterung werde es bei den begünstigten Unternehmen lediglich zu Mitnahmeeffekten kommen.
Bereits der vorige Bundestag hat sich mit dieser Idee befaßt und hat im April 1998 mit den Stimmen der damaligen Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion diesen Vorschlag abgelehnt. Einer Senkung der Lohnzusatzkosten wurde als Weg zur Schaffung neuer Arbeitsplätze der Vorrang gegeben. Zudem werden zahlreiche Abgrenzungsprobleme gesehen. So sei zu befürchten, daß zahlreiche Branchen, besonders das Handwerk und die Gastronomie, für sich eine hohe Arbeitsintensität reklamierten und den ermäßigten Steuersatz verlangen würden.
Das BMF lehnt diese Überlegungen nach wie vor ab. Zum einen wegen der bestehenden Abgrenzungsfragen. Zum anderen würde die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf bestimmte Leistungen gegen den Grundsatz der Belastungsneutralität bei der Verbrauchsbesteuerung verstoßen.
Mit dieser Regelung wären Steuerausfälle in Milliardenhöhe verbunden. Die damalige Bundesregierung hatte allein die Steuerausfälle aufgrund einer Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes im Baugewerbe auf jährlich 20 Mrd. DM beziffert.
Az.: IV 970-00