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StGB NRW-Mitteilung 476/2005 vom 20.06.2005
Ausschussbesetzung und Grundsatz der Spiegelbildlichkeit
Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 27.05.2005 (15 B 673/05) entschieden, dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit von Rat und Ausschüssen zugunsten kleiner Ratsgruppierungen weder die Zuteilung eines Stimmberechtigten Sitzes in den Ausschüssen noch eine Vergrößerung der Ausschüsse gebietet. Im konkreten Fall war eine erfolgreiche Ausschussbesetzung nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in einem Wahlgang über Wahlvorschläge nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren (§ 50 Abs. 3 S. 2 bis 4 GO). Danach stand der Antragsstellerin kein Anspruch auf einen Ausschusssitz mit Stimmrecht zu. Auch verstößt die genannte gesetzliche Regelung nicht gegen das Demokratieprinzip. Das Demokratieprinzip gewährleistet neben der Herrschaft der Mehrheit auch den Schutz der Minderheit. Dieser Schutz umfasst das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung der Opposition mit der Möglichkeit der Minderheit, ihren Standpunkt im Wege gleichberechtigter Mitwirkung aller Abgeordneten bzw. Ratsmitglieder in den Willensbildungsprozess des Staates bzw. der Kommune einzubringen. Namentlich für Ausschüsse der repräsentativen Vertretungskörperschaften gilt, dass wegen der Vorverlagerung der Arbeit vom Plenum in die Ausschüsse diese grundsätzlich ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und in ihrer Zusammensetzung das in ihm wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln müssen, wobei in sachlich begründeten Fällen die Mitgliederzahl eines Ausschusses so gewählt werden darf, dass nicht jede Fraktion im Ausschuss vertreten ist.
Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit von Rat und Ausschüssen stützt das Begehren der Antragstellerin nicht. Nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Verhältniswahlsystem, das die Spiegelbildlichkeit gerade sicherstellen soll, steht ihr kein Sitz zu. Die Antragstellerin begründete ihren Wunsch nach proportionaler Überrepräsentation damit, dass die Anwendung eines anderen Verteilungssystems, nämlich statt des d'Hondt'schen Höchstzahlverfahrens das Proportionalverfahren nach Hare/Niemeyer, zu einem gerechteren Ergebnis führen und kein krasses Missverhältnis entstehen lassen würde. Indes verkennt die Antragstellerin, dass kein Wahlsystem die Spiegelbildlichkeit bei der Ausschussbesetzung in letzter Konsequenz herstellen kann. Insbesondere werden bei jedem Berechnungsverfahren Fraktionen zwangsläufig teils über-, teils unterrepräsentiert. Wie die Spiegelbildlichkeit im Detail verwirklicht werden soll, liegt daher in der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers. Dieser hat hier das Berechnungsverfahren nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren vorgegeben und von darüber hinaus gehenden Regelungen abgesehen. Dies ist zulässig.
Dabei gibt es auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, die Verteilung der Ratssitze nach dem Proportionalverfahren nach Hare/Niemeyer, die Ausschusssitzverteilung auf der Basis der Ratsmandate aber nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren anzuordnen. Da letzteres tendenziell zu Lasten kleinerer Gruppierungen wirkt, würde die Antragstellerin bei einer doppelten Anwendung des d'Hondt'schen Höchstzahlverfahrens sogar eher schlechter dastehen als bei der gegenwärtigen Regelung.
Im übrigen besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein Grundmandat kleinerer Gruppen (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.10.1993 - 7 B 19.93 -, DVBl. 1994, 216).
Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Erhöhung der Sitzzahl in den Ausschüssen, sodass jede Fraktion einen Sitz erhält, und zwar auch nicht bei beschließenden Ausschüssen (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.12.1992 - 7 B 49.92 -, DVBl. 1993, 890 f).
Dies mag anders sein, wenn die Ausschusssitzzahl missbräuchlich so klein gewählt wird, dass dadurch gezielt kleine Gruppierungen von einem Sitz ausgeschlossen werden.
Az.: I/2 020-08-50