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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 253/2010 vom 06.05.2010
Auswirkung der EuGH-Rechtsprechung auf Rügepräklusion im GWB
Nach dem Urteil des EuGH vom 28. Januar 2010 (Rs C-406/08) hält er u.a. eine englische Regelung zur Frist für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge („unverzüglich, spätestens in drei Monaten“) insbesondere wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot für EU-rechtswidrig.
In der Folge ist die Frage aufgetaucht, inwieweit diese EuGH-Rechtsprechung Auswirkungen auf die deutsche Regelung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB hat. Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht „unverzüglich“ gerügt hat.
Mittlerweile liegen unterschiedliche Entscheidungen von Vergabekammern zu dieser Rechtsfrage vor. Während sich die Vergabekammer Hamburg (VK Hamburg, Beschluss vom 07. April 2010 — VK BSU 2/10) durch die EuGH-Rechtsprechung gehindert sieht, die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB anzuwenden, ist die VK Bund in einem Beschluss vom 05. März 2010 (VK 1-16/10) zum gegenteiligen Schluss gekommen.
Sie belässt es bei der bisherigen Präklusionsregelung in § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB, wonach der Bieter Vergaberechtsverstöße unverzüglich, d. h. spätestens ein bis drei Tage nach Kenntniserlangung (vgl. OLG München, Beschluss vom 13. April 2007 — Verg 1/07) rügen muss.
Anders als die englische Präklusionsvorschrift, die der EuGH für nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt hat, regele § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Nachprüfungsantrag. Im Übrigen — so die VK Bund — ist der Begriff der Unverzüglichkeit im deutschen Recht durch die Definition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB („ohne schuldhaftes Zögern“) und aufgrund einer ausgeprägten Rechtsprechung weitestgehend konkretisiert.
Wegen der unterschiedlichen Auffassungen der Spruchkörper und der verbleibenden Rechtsunsicherheit aufgrund der EuGH-Entscheidung ist Auftraggebern zunächst zu raten, bereits in der Vergabebekanntmachung eine angemessene und genau bestimmte Rügefrist aufzunehmen, um damit dem Bestimmtheitsgebot Genüge zu tun.
Az.: II/1 608-00