Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 210/1999 vom 05.04.1999

Auswirkungen der Bonner Steuerbeschlüsse auf die kommunalen Haushalte

Nachfolgend möchten wir Sie über die aktuellen steuerrechtlichen Änderungen auf Bundesebene und deren Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen unterrichten.

I. Die aktuellen steuerpolitischen Beschlüsse des Bundestages

Der Bundestag hat in den zurückliegenden Tagen wichtige steuerpolitische Vorhaben beschlossen:

- Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

Durch strukturelle Änderungen im Ertragssteuerrecht (Einkommen -, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer) soll nach vergleichsweise geringen Umschichtungen in den Haushaltsjahren 1999 - 2001 in der Endstufe im Jahr 2002 eine jährliche Nettoentlastung von 20,51 Mrd. DM herbeigeführt werden. Entlastungen in Höhe von 47,84 Mrd. DM, die sich aus Änderungen bei den Steuertarifen und der Erhöhung des Kindergeldes zusammensetzen, stehen Gegenfinanzierungen in der Form der Streichung von Steuerbefreiungs - und ermäßigungstatbeständen in Höhe von 36,39 Mrd. DM gegenüber. Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 beinhaltet daher eine Nettoentlastung in Höhe von 11,45 Mrd. DM. Diese tritt neben die bereits im als "Vorläufer" beschlossenen Steuerentlastungsgesetz 1999 enthaltene Nettoentlastung von 7,16 Mrd. DM. Dieser "Vorläufer" hatte u.a. die Erhöhung des Kindergeldes ab 1999 und die Senkung des Eingangssteuersatzes ab 1999 zum Gegenstand. Hinzu kommt ab dem Jahr 2002 eine weitere Entlastung in Höhe von mindestens 1,9 Mrd. DM. Hierbei handelt es sich um die ursprünglich schon im Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vorgesehene Erhöhung des Kindergeldes im Jahr 2002. Diese soll nunmehr separat in dem durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes erforderlich gewordenen Familienentlastungsgesetz geregelt werden und eine mindestens gleich hohe Entlastung der Familien beinhalten. In Summe ist also für das Rechnungsjahr 2002 eine Nettoentlastung von mindestens 20,51 Mrd. DM vorgesehen.

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Tabelle : Gesamtsumme der vom Bundestag am 04.03.1999 verabschiedeten Maßnahmen 1 (Mio. DM)

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Gebietskörperschaft

Entstehungsjahr

(= Veranlagungs-
jahr 1999)

Rechnungsjahr

(= Kassenwirksamkeit)

   

1999

2000

2001

2002

Bund

-10.566

+100

-1.001

-215

-10.072

Länder

-9.060

-25

-724

-20

-8.462

Gemeinden

-2.200

-71

-356

-360

-1.978

Insgesamt

-21.826

+4

-2.081

-595

-20.512

Quelle: BT-Drs. 14/443 vom 03.03.1999, S. 146.

1 Einschließlich Kindergelderhöhung ab 2002 und Maßnahmen, die bereits per "Vorläufer" (Steueränderungsgesetz 1998 und Steuerentlastungsgesetz 1999) verabschiedet wurden.

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- Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform

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Durch die Einführung einer Stromsteuer und die Erhöhung der Mineralölsteuer zum 01.04.1999 sollen Finanzierungsspielräume für eine spiegelbildliche Senkung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung von 20,3 auf 19,5 Prozentpunkte geschaffen werden. Nach dem Beschluß des Bundestages wird für Fahrstrom, der im öffentlichen Schienenbahn- und Oberleitungsomnibusverkehr eingesetzt wird, ein ermäßigter Steuersatz von 0,01 DM je Kilowattstunde eingeführt, um Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des ÖPNV zu vermeiden. Kraft – Wärme - Kopplungen mit einem Nutzungsgrad von mindestens 70% sind steuerfrei. Ein ermäßigter Mineralölsteuersatz für Verkehrsbetrieb konnte nicht eingeführt werden, da beim Einsatz privater Busunternehmer eine nachprüfbare Trennung der Treibstoffverbräuche im ÖPNV und im kommunalen Busverkehr nicht möglich wäre.

Die hierdurch erreichten Steuermehreinnahmen des Bundes und die damit spiegelbildlich verbundene Entlastung der Rentenkasse werden auf 8,4 Mrd. DM beziffert

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- Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (630 DM-Jobs)

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Die insoweit bislang seitens des Arbeitgebers zu zahlende Pauschalsteuer wird zum 01.04.1999 in eine Leistung an die gesetzliche Sozialversicherung (10% Krankenversicherung, 12% Rentenversicherung) umgewandelt. Nachdem hier zunächst von Einkommensteuermindereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden von insgesamt 3 Mrd. DM ausgegangen wurde, hat das Bundesfinanzministerium diese Prognose nunmehr auf 2,11 Mrd. DM korrigiert.

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- Unternehmenssteuerreform

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In der Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt, daß eine Unternehmenssteuerreform mit dem Ziel, die Steuersätze für Unternehmenseinkünfte generell auf 35 % zu senken, durchgeführt werden soll. Die Grundlagen hierfür soll eine Bund-Länder-Kommission unter Einbeziehung der Wirtschaftsverbände erarbeiten. Ziel der Kommission ist, ein Konzept zur Einführung einer rechtsformneutralen Unternehmenssteuer zu prüfen und zu erarbeiten, nach der alle gewerblichen Einkünfte mit einem Steuersatz von höchstens 35% besteuert werden sollen. Nach dem gegenwärtigen Beratungsstand kann die Einführung einer solchen einheitlichen Unternehmenssteuer nicht in einem Reformschritt verwirklicht werden. In der ersten Stufe der Unternehmenssteuerreform in Jahr 2000 wird daher die Gewerbesteuer auf jeden Fall erhalten bleiben. Ob dies auch in den Folgestufen der Fall sein wird und ob möglicherweise schon ab 2000 höhere Freibeträge im Rahmen der Gewerbesteuerveranlagung gelten werden, ist derzeit noch völlig offen. Die Kommission hat angekündigt, ihre Vorschläge Anfang Mai vorzulegen.

II. Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen

Es stellt sich die Frage, wie sich diese Reformvorhaben auf die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen auswirken. Entsprechende Berechnungen seitens der Landesregierung oder des LDS liegen bislang nicht vor. Da die gegenseitigen Wechselwirkungen der genannten Reformvorhaben sehr komplex sind und nur grob abgeschätzt werden können, ist eine detaillierte Prognose nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Mit aller Vorsicht können jedoch auf der Basis des zur Verfügung stehenden Zahlenmaterials nach derzeitigem Kenntnisstand (25.03.1999) die folgenden Aussagen getroffen werden:

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1. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

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a) Unmittelbare Auswirkungen

Das Steuerentlastungsgesetz führt nach der Projektion des Bundesfinanzministeriums insgesamt im Jahr 1999 bundesweit zu kassenwirksamen Mehreinnahmen von 4 Mio. DM, in 2000 zu Mindereinnahmen von – 2,08 Mrd. DM, in 2001 zu Mindereinnahmen von 595 Mio. DM, und dann im Jahr 2002 zu der für die Endstufe angestrebten Nettoentlastung (Steuermindereinnahme) von insgesamt – 20,51 Mrd. DM. Für die Kommunen wird hinsichtlich ihrer unmittelbaren Steuereinnahmen und –beteiligungen bundesweit in der Summe 1999 mit Mindereinnahmen von -71 Mio. DM, 2000 von -356 Mio. DM und 2001 von -360 Mio. DM gerechnet, in 2002 werden Steuermindereinnahmen von – 1,97 Mrd. DM veranschlagt.

Die Prognose der Entwicklung der kommunalen Steuereinnahmen wird damit erklärt, daß zwar die Einnahmen beim Einkommensteueranteil sinken, aber insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer die Refinanzierungsmaßnahmen zu nicht unerheblichen Mehreinnahmen führen werden. Eine Verifizierung dieser Prognose des Bundesfinanzministeriums und eine darauf basierende detaillierte Aussage zu den Entwicklungen bei den einzelnen kommunalen Steuereinnahmen ist der Geschäftsstelle in Ermangelung aussagekräftigen Datenmaterials derzeit nicht möglich. Unterstellt man jedoch die Richtigkeit der Prognose des Bundesfinanzministeriums, so beläuft sich bei einer Gesamthöhe der gemeindlichen Steuereinnahmen von 106,6 Mrd. DM (Finanzbericht 1999 der Bundesregierung) der durch das Steuerentlastungsgesetz verursachte Rückgang der unmittelbaren Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden in der Endstufe ab 2002 auf 1,85 %.

Geht man davon aus, daß der Anteil der nordrhein-westfälischen Kommunen an den bundesweiten kommunalen Steuereinnahmen ca. 20% beträgt, so ergibt sich für 1999 für Nordrhein-Westfalen eine unmittelbare kommunale Steuermindereinnahme von 14,2 Mio. DM, für 2000 von 71,2 Mio. DM, für 2001 von 72 Mio. DM und ab 2002 von jährlich 394 Mio. DM.

Trotz der deutlichen Belastung der kommunalen Haushalte insbesondere ab der Endstufe der Steuerreform im Jahr 2002 wird seitens der Bundesregierung darauf hingewiesen, daß die Städte und Gemeinden ab 2002 angesichts von Mindereinnahmen des Bundes von – 10,07 Mrd. DM und der Länder von – 8,46 Mrd. DM die (mit einem Anteil von 9,6% der Mindereinnahmen) proportional am wenigsten belastete staatliche Ebene seien. Dies könnte zu der Überlegung, verleiten, die Kommunen durch eine Erhöhung der Gewerbesteuerumlage in höherem Umfang zur Finanzierung der Steuerreform heranzuziehen. Dies wird auf den scharfen Widerstand der kommunalen Spitzenverbände stoßen.

b) Mittelbare Auswirkungen

Im übrigen ist zu beachten, daß die Städte und Gemeinden in Höhe von 23% am Landesaufkommen an der Verbundsteuern über das Gemeindefinanzierungsgesetz beteiligt sind. Geht man davon aus, daß das Land Nordrhein-Westfalen am Ländergesamtaufkommen der Verbundsteuern letztlich zu ca. 20% beteiligt ist, so ist bei einer Einnahmereduzierung der Ländergesamtheit in Höhe von 8,46 Mrd. DM in 2002 eine Verringerung der Verbundmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes um ca. 390 Mio. DM zu erwarten. Ausgehend von einem Verbundbetrag von 14,522 Mrd. DM im GFG 1999 würde dies einen Rückgang um – 2,7% bedeuten.

c) Gesamtbelastung ab 2002

Ab dem Jahr 2002 ist daher für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit einer jährlichen Einnahmereduzierung von insgesamt ca. – 785 Mio. DM zu rechnen.

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2. Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform

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Die mit diesem Gesetz begründeten unmittelbaren Steuermehreinnahmen von 8,4 Mrd. DM fließen vollständig dem Bund zu. Eine Privilegierung der Städte und Gemeinden ist nicht vorgesehen, so daß zunächst die entsprechenden Verbräuche durch die Steuermehrbelastungen verteuert werden. Die Kommunen werden die hiermit verbundenen Mehrausgaben beim Energieverbrauch in ihren Haushaltsplanungen zu berücksichtigen haben.

Andererseits jedoch führt die hiermit verbundene Erhöhung der Entgelte im Energiebereich auch zu einem erhöhten Umsatzsteueraufkommen. Unterstellt man die Richtigkeit der Prognose des Bundesfinanzministeriums hinsichtlich des Aufkommens aus der ökologischen Steuerreform, so dürfte das Umsatzsteueraufkommen bundesweit um ca. 860 Mio. DM steigen. Auch führt die Reduzierung der Rentenbeiträge bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu höheren Besteuerungsgrundlagen bei den Ertragssteuern. Geht man auch hier von der Prognose des Bundesfinanzministeriums hinsichtlich des Aufkommens aus der ökologischen Steuerreform aus, so ergibt sich eine bundesweite Aufkommenssteigerung in Höhe von ca. 1,5 Mrd. DM. Diese Steuermehreinnahmen werden jedoch angesichts ihrer vergleichsweise geringen Volumina in den kommunalen Haushalten keine signifikanten Verbesserungen bewirken können. Das Gesamtaufkommen dieser Steuerverbesserung dürfte für die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen deutlich unter 100 Mio. DM liegen.

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3. Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse

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Die Umschichtung der Abgaben aus den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu Lasten der Einkommensteuer und zu Gunsten der gesetzlichen Rentenversicherung führt nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zu Einnahmeausfällen bei Einkommensteuer und Solidarbeitrag in Höhe von 2,11 Mrd. DM. Dies soll ab dem Jahr 2000 für den Bund Einnahmeverluste von – 960 Mio. DM, für die Länder von – 850 Mio. DM und die Kommunen von –300 Mio. DM bedeuten.

Nach der Einschätzung des Bundesfinanzministeriums stehen den kommunalen Steuermindereinnahmen in Höhe von 300 Mio. DM Mehreinnahmen in Höhe von 550 Mio. DM entgegen. Ursache hierfür sind nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums die als Folge der Erhöhung der steuerpflichtigen gewinne der Arbeitgeber erhöhten Einnahmen bei den Verbundsteuern und der Gewerbesteuer. Insoweit geht die Bundesregierung also von einer Überkompensation auf kommunaler Ebene aus.

Festzuhalten ist darüber hinaus jedoch, daß die Kommunen an den Einkommensteuermindereinnahmen der Länder unmittelbar zu 15% und mittelbar zu durchschnittlich 20% (durchschnittliche Finanzausgleichsquote der Länder, in NRW 23%) beteiligt sind und auch entsprechend an Gegenfinanzierungsmaßnahmen beteiligt werden müssen. In Rede steht also eine kommunale Beteiligung an den Gegenfinanzierungsmaßnahmen von bundesweit ca. 300 Mio. DM. Daher kann auch bei günstigstem Verlauf allerhöchstens eine Aufkommensneutralität der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse angenommen werden.

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4. Unternehmenssteuerreform

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Ob und in welcher konkreten Ausgestaltung die weitere Reform der Unternehmensbesteuerung erfolgen wird, kann derzeit noch nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Der seitens des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten in die Diskussion gebrachte Vorschlag, die Freibeträge für die Gewerbesteuer nochmals deutlich zu erhöhen, dürfte in der weiteren Diskussion durchaus eine Rolle spielen. In Ermangelung konkreter Regelungsvorschläge der Bundesregierung ist jedoch zumindest für das Haushaltsjahr 2000 bis auf weiteres von einem unveränderten Gewerbesteuerrecht auszugehen.

Az.: IV/1 920-03

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