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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 720/1998 vom 20.12.1998
Auswirkungen der Steuerreformprojekte auf die kommunalen Haushalte
Derzeit werden auf Bundesebene folgende steuerpolitische Reformvorhaben seitens der Koalitionsfraktionen durchgeführt:
- Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002
Durch strukturelle Änderungen im Ertragssteuerrecht (Einkommen -, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer) soll nach weitgehend aufkommensneutralen Umschichtungen in den ersten beiden Stufen in der Endstufe im Jahr 2002 eine Nettoentlastung von 15,28 Mrd. DM herbeigeführt werden. Entlastungen in Höhe von 56,9 Mrd. DM, die sich aus Änderungen bei den Steuertarifen und der Erhöhung des Kindergeldes zusammensetzen, stehen Gegenfinanzierungen in der Form der Streichung von Steuerbefreiungs - und ermäßigungstatbeständen in Höhe von 41,62 Mrd. DM gegenüber.
- Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform
Durch die Einführung einer Stromsteuer und die Erhöhung der Mineralölsteuer sollen Finanzierungsspielräume für eine spiegelbildliche Senkung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen werden. Die hierdurch erreichten Steuermehreinnahmen und die damit spiegelbildlich verbundene Entlastung der Rentenkasse werden auf 11,3 Mrd. DM beziffert.
- Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (620 DM-Jobs)
Die insoweit bislang seitens des Arbeitgebers zu zahlende Pauschalsteuer soll ohne betragsmäßige Veränderung in eine Leistung an die gesetzliche Rentenversicherung umgewandelt werden. Nachdem hier zunächst von Steuermindereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden von insgesamt 4,5 Mrd. DM ausgegangen war, hat das Bundesfinanzministerium diese Prognose nunmehr auf 3 Mrd. DM korrigiert.
- Unternehmenssteuerreform
In der Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt, daß eine Unternehmenssteuerreform mit dem Ziel, die Steuersätze für Unternehmenseinkünfte generell auf 35 % zu senken, durchgeführt werden soll. Die Grundlagen hierfür soll eine Bund-Länder-Kommission unter Einbeziehung der Wirtschaftsverbände erarbeiten. Im Rahmen der Verhandlungen zum Bündnis für Arbeit wurde angekündigt, diese Unternehmenssteuerreform schon zum 01.01.2000 durchzuführen.
Es stellt sich die Frage, wie sich diese Reformvorhaben auf die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen auswirken. Entsprechende Berechnungen seitens der Landesregierung oder des LDS liegen bislang nicht vor. Da die gegenseitigen Wechselwirkungen der genannten Reformvorhaben sehr komplex sind und nur grob abgeschätzt werden können, ist eine detaillierte Prognose derzeit sicher nicht möglich, zudem praktisch täglich neue Zahlen und Prognosen in den Medien transportiert werden. Mit aller Vorsicht können jedoch auf der Basis des zur Verfügung stehenden Zahlenmaterials nach derzeitigem Kenntnisstand (09.12.1998) die folgenden Aussagen getroffen werden:
1. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002
a) Unmittelbare Auswirkungen
Das Steuerentlastungsgesetz führt nach der Projektion des Bundesfinanzministeriums insgesamt im Jahr 1999 zu kassenwirksamen Mehreinnahmen von 57 Mio. DM, in 2000 zu entsprechenden Mindereinnahmen von 2,3 Mrd. DM, in 2001 zu Mehreinnahmen von 1,58 Mrd. DM, und dann im Jahr 2002 zu der Nettoentlastung (Steuermindereinnahme) von insgesamt - 15,28 Mrd. DM. Für die Kommunen wird hinsichtlich ihrer unmittelbaren Steuereinnahmen und -beteiligungen bundesweit in der Summe 1999 mit Mehreinnahmen von 116 Mio. DM, 2000 von 88 Mio. DM und 2001 von 504 Mio. DM gerechnet, in 2002 werden Steuermindereinnahmen von 391 Mio. DM veranschlagt.
Diese Zahlen werden damit erklärt, daß zwar die Einnahmen beim Einkommensteueranteil sinken, aber insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer die Refinanzierungsmaßnahmen zu nicht unerheblichen Mehreinnahmen führen werden. Eine Verifizierung dieser Prognose des Bundesfinanzministeriums und eine darauf basierende detaillierte Aussage zu den Entwicklungen bei den einzelnen kommunalen Steuereinnahmen ist der Geschäftsstelle in Ermangelung aussagekräftigen Datenmaterials derzeit nicht möglich. Unterstellt man jedoch die Richtigkeit der Prognose des Bundesfinanzministeriums, so beläuft sich bei einer Gesamthöhe der gemeindlichen Steuereinnahmen von 106,6 Mrd. DM (Finanzbericht 1999 der Bundesregierung) der durch das Steuerentlastungsgesetz verursachte Rückgang der unmittelbaren Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden in der Endstufe ab 2002 auf 0,3 %.
Trifft diese Projektion zu, so kann hinsichtlich der unmittelbaren Auswirkungen der Steuerreform auf die Kommunen für den Projektionszeitraum von einer weitgehenden Aufkommensneutralität ausgegangen werden. Dies führt möglicherweise zu der Überlegung, die Kommunen durch eine Erhöhung der Gewerbesteuerumlage mit zur Finanzierung der Steuerreform heranzuziehen. Dies wird auf den scharfen Widerstand der kommunalen Spitzenverbände stoßen.
b) Mittelbare Auswirkungen
Im übrigen ist zu beachten, daß die Städte und Gemeinden in Höhe von 23% am Landesaufkommen an der Verbundsteuern über das Gemeindefinanzierungsgesetz beteiligt sind. Geht man davon aus, daß das Land Nordrhein-Westfalen am Gesamtaufkommen der Verbundsteuern letztlich zu ca. 10% beteiligt ist, so ist bei einer Gesamt-Nettoentlastung von 15 Mrd. DM in 2002 eine Verringerung der Verbundmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes um ca. 345 Mio. DM zu erwarten. Ausgehend von einem Verbundbetrag von 14,522 Mrd. DM im GFG 1999 würde dies einen Rückgang um 2,3% bedeuten.
2. Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform
Die mit diesem Gesetz begründeten unmittelbaren Steuermehreinnahmen von 11,3 Mrd. DM fließen vollständig dem Bund zu. Eine Privilegierung der Städte und Gemeinden ist nicht beabsichtigt, so daß zunächst die entsprechenden Verbräuche durch die Steuermehrbelastungen verteuert werden. Die Kommunen werden die hiermit verbundenen Mehrausgaben beim Energieverbrauch in ihren Haushaltsplanungen zu berücksichtigen haben.
Andererseits jedoch führt die hiermit verbundene Erhöhung der Entgelte im Energiebereich auch zu einem erhöhten Umsatzsteueraufkommen. Das Bundesfinanzministerium geht hier von ca. 1,1 Mrd. DM aus. Auch führt die Reduzierung der Rentenbeiträge bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu höheren Besteuerungsgrundlagen bei den Ertragssteuern. Diese Mehreinnahmen beziffert das Bundesfinanzministerium auf 2,1 Mrd. DM.
3. Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse
Die Umschichtung der Abgaben aus den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu Lasten der Einkommensteuer und zu Gunsten der gesetzlichen Rentenversicherung führt nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zu Einnahmeausfällen in Höhe von 3 Mrd. DM. Trifft diese Annahme zu, so ist für die Länder und Gemeinden bundesweit mit 1,7 Mrd. DM an Einnahmeverlusten zu rechnen. Ob und in welchem Umfang diese Einnahmeverluste kompensiert werden, steht noch nicht endgültig fest. Der Bundesfinanzminister hat den Ländern eine nach seinen Berechnungen mittelfristig auskömmliche Gegenfinanzierung durch die Beteiligung an den durch die ökologische Steuerreform bedingten Steuermehreinnahmen angeboten und weitere Streichungen von Steuervergünstigungen angeboten. Hiernach würden sich die kassenwirksamen Einnahmeausfälle bei den Ländern in 1999 auf 500 Mio. DM und in 2000 auf 300 Mio. DM reduzieren und in den Folgejahren vollständig kompensiert werden.
Ob es hierzu kommt und ob und in welchem Umfang die Kommunen hieran beteiligt werden, ist noch völlig offen. Festzuhalten ist jedenfalls, daß die Kommunen an den Einkommensteuermindereinnahmen unmittelbar zu 15% und mittelbar zu durchschnittlich 20% (durchschnittliche Finanzausgleichsquote der Länder, in NRW 23%) beteiligt sind und auch entsprechend an Gegenfinanzierungsmaßnahmen beteiligt werden müssen. In Rede steht also eine kommunale Beteiligung an den Gegenfinanzierungsmaßnahmen von bundesweit ca. 1,05 Mrd. DM.
4. Unternehmenssteuerreform
Ob und in welcher konkreten Ausgestaltung die weitere Reform der Unternehmensbesteuerung erfolgen wird, kann derzeit noch nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Der seitens des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten in die Diskussion gebrachte Vorschlag, die Freibeträge für die Gewerbesteuer nochmals deutlich zu erhöhen, dürfte zunächst einmal nicht mehrheitsfähig sein. Er wird aber in der weiteren Diskussion durchaus eine Rolle spielen, kann also zwar als derzeit nicht umsetzungsfähig, jedoch nicht als endgültig erledigt betrachtet werden. Kolportiert werden darüber hinaus Überlegungen, Körperschaft- und Gewerbesteuer zusammenzufassen und mit einem (Teil-) Hebesatzrecht für die Kommunen zu verbinden. Ob dies eine realistische Vorstellung ist, bleibt abzuwarten. Die von nach der Koalitionsvereinbarung eingesetzte Kommission wird dies im einzelnen zu diskutieren haben.
Az.: IV/1 920-03